31.1.02023

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Beitragsfoto: Skulptur | © Oleg Mityukhin auf Pixabay

Frage des Tages

Dieses Mal stellt die SPD die grundsätzliche Frage um die Notwendigkeit von Berufspolitikern. Denn unsere Bundesinnenministerin Nancy Faeser kann es sich ganz gut vorstellen, neben ihrem Ministeramt auch noch einen Landeswahlkampf in Hessen anzuführen und für sich zu gewinnen.

Und im Falle, dass die Hessen die einzige richtige Entscheidung treffen und diese Berufspolitikerin lieber weiterhin in Berlin sehen, will Nancy Faeser selbstverständlich an ihrem aktuellen Amt, für das man als Berufspolitiker ganz offensichtlich nichts machen muss, festhalten.

Lieber hätte sie allerdings das Amt des Hessischen Ministerpräsidenten, wobei sie wie folgt zitiert wird: „Mein Herz ist in Hessen.“ Ich vermute einmal, sie nimmt an, dass man als Ministerpräsident in Hessen noch weniger machen muss, oder zumindest für Untätigkeit noch besser bezahlt wird.

Wie man es besser macht, hat uns erst kürzlich Theresia Bauer von Bündnis 90/Die Grünen gezeigt, die vor ihrer Kandidatur in Heidelberg als Ministerien zurücktrat und nun nach verlorener Wahl vorerst von ihren Abgeordnetenbezügen lebt.

Realität

Es ist schon drollig mitzuerleben, wie manche Bürger völlig überrascht sind, wenn sie die Realität einholt. Wir werden alle immer älter, insgesamt aber auch immer weniger. Zudem steigen unsere Ansprüche an Staat und Gesellschaft ins Unermessliche. Dies wird nur noch von der Tatsache übertroffen, dass wir allesamt immer weniger arbeiten möchten und dies dazu auch noch mit weniger Anstrengung verbunden. Selbstverständlich wollen wir auch immer weniger Steuern zahlen und uns möglichst wenig für andere engagieren.

Und plötzlich ist man verwundert, dass der eigene Hausarzt nicht rund um die Uhr zu erreichen ist oder man Wochen auf einen Krankenhaustermin warten muss. Auch die Handwerker wollen nicht mehr gleich am nächsten Tag vor der Haustüre stehen. Und sobald man sich so langsam daran gewöhnt hat, stellt man fest, dass mancher Einkaufsladen früher schließt oder der Friseur einen weiteren Tag nicht öffnet.

Dann fahren Busse und Bahnen auch nicht mehr so wie man es gerne möchte und die Kindergärten schließen früher als gewünscht. Die eigenen Kinder erzählen, dass sie ihre Lehrer auch immer seltener sehen oder später dann sogar, dass ihnen der Staat den Wunschstudien- oder Arbeitsplatz nicht direkt im eigenen Wohnzimmer einrichtet.

Als Bürger könnte man sich durchaus einmal fragen, woran das wohl liegt?

Bürgerentscheid

Dieses aus der direkten Demokratie entlehnte Entscheidungsverfahren gibt es auch in Baden-Württemberg und dies eigentlich schon von Anfang an. Besser ist uns dieses Verfahren allerdings von den Bürgerentscheiden unserer Schweizer Nachbarn her bekannt. Jüngst konnte man in der Heilbronner Stimme lesen, dass es auch bei uns wieder einmal einen solchen Bürgerentscheid gegeben hat.

Seit dem 1. Dezember 2015 gelten bei uns in Baden-Württemberg neue Regelungen für dieses Entscheidungsverfahren, wohl um die Bürgerentscheide für den Bürger attraktiver zu machen. Ich erinnere mich dabei noch an die entsprechenden Diskussionen, die ich diesbezüglich mit meinem jüngsten Sohn führte.

Grundsätzlich ist aber Deutschland eine repräsentative Demokratie, die man, weil unsere Volksvertretungen aus Parlamenten bestehen, auch als parlamentarische Demokratie bezeichnet. Dennoch haben wir unterschiedliche Entscheidungsverfahren, die auch aus der direkten Demokratie stammen. Ein solches Verfahren ist der Bürgerentscheid, dem aber bei uns ein Bürgerbegehren vorangehen muss.

Deswegen sprechen die staatlichen Institutionen auch von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Sie weisen auch explizit darauf hin, dass es sich dabei um direkte Demokratie handelt.

„Bei Themen, die alle Mitglieder einer Gemeinde angehen und die im Entscheidungsbereich der Gemeinde liegen, ist nicht nur der Gemeinderat gefragt. Auch die Bürger können auf ihre eigene Initiative oder die des Gemeindesrates hin mit einem sogenannten Bürgerentscheid selbst abstimmen. Um einen Bürgerentscheid durch die Bürgerschaft zu erwirken bedarf es zunächst eines Bürgerbegehrens.“

Beteiligungsportal BAden-Württemberg (Stand: 30.1.2023)

Das Beteiligungsportal des Landes erklärt die Voraussetzungen und Besonderheiten eines Bürgerentscheids sehr gut; deswegen erspare ich es mir, hier näher auf diese einzugehen.

Interessanter ist die Fragestellung, was die Bürger eigentlich „hinter dem Ofen hervorholt“, sodass erst einmal die Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid erfüllt sind. Noch interessanter dann die Frage, wie man ausreichend Bürger überhaupt dazu motivieren kann, dann auch an einem Bürgerentscheid teilzunehmen.

Wahrscheinlich kannten bereits unsere „Gründungsväter“ diese Problematik und haben sich deshalb gleich für ein repräsentatives Demokratiemodell entschieden. Und seit damals haben sich die Bedingungen sicherlich nicht gebessert, auch wenn durch mehrere Gesetzesänderungen die Hürden zu einem Bürgerentscheid immer niedriger gelegt wurden. Und so spricht doch so einiges dafür, dass es nicht die gesetzlichen Hürden sind, die die meisten Bürger davon abhalten, sich bei Verfahren direkter Demokratie einzubringen.

Schlimmer noch sehr viele Bürger und wohl auch immer mehr bringen sich in unserer parlamentarischen Demokratie immer weniger selbst ein. Man darf vermuten, dass bei beidem die Ursachen dieselben sind.

Und aus eigener Erfahrung heraus lehne ich es vehement ab, dass man diesbezüglich seitens der Berufspolitik ein „Bürger-Bashing“ betreibt. Ganz im Gegenteil, ich gehe davon aus, dass die Lösung dieses Problems alleine darin zu finden ist, dass man unsere Demokratien allesamt wieder entprofessionalisiert.

Wir Bürger müssen wieder mehr in die Pflicht genommen werden und dies auch wieder selbst verstärkt wollen! Demokratie ist nicht einfach und sicherlich auch nicht bequem. Aber diese Aufgabe deshalb nur an andere zu delegieren, führt zu nichts — und das können wir derzeit ganz gut beobachten.


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Seitenaufrufe: 6 | Heute: 1 | Zählung seit 22.10.2023

Weitersagen:

  • Bisher hat wohl noch jedes Jahrzehnt eine Generation mit jeweils ganz eigener Realitäts-Verzerrung hervorgebracht. Man fragt sich, ob es auch Gemeinsamkeiten gibt. Vermutlich keine positiven 😉