Der große Selbstbetrug

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Beitragsfoto: Apfel im Spiegel | © Shutterstock

Oder wie man seit ein paar Jahren bei uns so gerne sagt, die Schwarze Null, der ausgeglichene Bundeshaushalt.

Wir erreichen diesen vermeintlich so ausgeglichen Haushalt bei uns in Deutschland nur noch deshalb, weil man sich diesen nicht nur mit allen verfügbaren Tricks und Schlichen schön rechnet, sondern vor allem deshalb, weil man ihn auf Kosten der eigentlichen und auch existentiellen staatlichen Aufgaben noch halbwegs hinbekommt.

Wirklich interessant an der Sache ist, dass dies ein politischer Kompromiss ist, der von allen maßgeblichen Parteien auch mitgetragen wird.

Wohl einzig und alleine die ewig gestrigen Sozialisten würden diesen Selbstbetrug zugunsten eines noch viel größeren Betruges, nämlich dem weder real noch ideell existierenden Sozialismus, opfern; um dies noch deutlicher zu formulieren, der Sozialismus ist in der Politik das, was in der Mathematik die Quadratur des Kreises ist: ein Ding der Unmöglichkeit.

Man könnte jetzt eigentlich die Frage stellen, wie es überhaupt soweit kommen konnte, dass wir uns fast alle von der Schwarzen Null blenden lassen, wobei ich bereits einen Schritt weitergehen möchte und versuche, dazu auch eine Antwort zu geben.

Die Grundlage unseres Staates ist die Volksherrschaft, und damit müsste es eigentlich auch ganz selbstverständlich sein, dass jeder Angehörige unseres Staates die Chance auf ein möglichst angenehmes Leben hat, denn sonst würde sich das „Herrschen“ für den einzelnen Bürger wohl kaum lohnen.

Damit ist es auch „Gesetz“, dass staatliche Fürsorge die unverschuldete Not eines jeden Bürgers ausgleicht, zumindest aber abmildert. Schon alleine der Gerechtigkeit wegen, müsste ein selbstverschuldet in Not geratener Bürger hingegen weiterhin auf die Fürsorge religiöser oder humanistischer Institutionen oder Personen zurückgreifen.

Um diese staatliche Fürsorge garantieren zu können, um die schwächeren Bürger unter uns zu stärken und um gesellschaftlich als zu groß wahrgenommene Diskrepanzen in den Vermögensverhältnissen der Bürger auszugleichen, hat sich das Prinzip der staatlichen Umverteilung etabliert.

Somit ist die staatliche Umverteilung eine politische und gesellschaftliche Notwendigkeit und findet deswegen auch bei allen Bürgern – selbst bei den reichsten unter uns – grundsätzliche Zustimmung.

Jede staatliche Umverteilung muss aber auch Regeln und Grenzen haben, diese kennen und einhalten. Erstmals muss überhaupt Vermögen vorhanden sein, das man umverteilen kann. Dann darf eine Umverteilung weder zur bloßen Ausbeutung von Bürgern werden noch als Instrument dienen, um alle Bürger gleichzuschalten oder zu beherrschen. Letztendlich muss jede Umverteilung für die Bürger transparent, effizient und auch zielgerichtet, nämlich zum Wohle der Bürger, erfolgen.

Hier bei uns in Deutschland hat sich das Prinzip der staatlichen Umverteilung spätestens seit den 1970er Jahren verselbständigt und zudem der Kontrolle durch Staat und Bürger entzogen. Umverteilung ist inzwischen zu einem „Apparat“ mutiert, der vorwiegend dem Selbsterhalt dient und sich darüber hinaus immer weiter in alle gesellschaftlichen und politischen Prozesse und Bereiche hinein ausbreitet.

Und sobald jemand diese bestehende Problematik nur anspricht, was in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschehen ist, z. B. durch Helmut Schelsky, wird diesen Bürgern von allen Seiten her Ketzerei unterstellt.

„Solidarität heißt heute immer sehr bald Massenorganisation mit ihrer Betreuungs- und Verwaltungselite. Der Wohlfahrtsstaat als Schutz der sozial Schwachen wird unversehens sehr bald zum planstaatlich-bürokratischen Vormundschaftsstaat und bleibt es.“

Helmut Schelsky, Der selbständige und der betreute Mensch (1978: 18)

Selbst die Versuche wenigstens mehr Transparenz in der Sache zu schaffen, wie z.B. durch Paul Kirchhof, der u.a. mehr Transparenz bei Steuern und Abgaben erreichen möchte, werden mehrheitlich abgelehnt und vereitelt.

Inzwischen hat die staatliche Umverteilung längst einen Apparat geschaffen, der nicht nur völlig außer Kontrolle geraten ist, sondern verstärkt sogar die ureigene Absicht konterkariert: nicht die schwächeren Mitbürger werden gestärkt, sondern jene genährt, die sich in diesem Apparat heimisch fühlen und ihn zum Eigennutz manipulieren können.

Ein eindeutiges Anzeichen dafür ist, dass sich trotz höchster jemals erreichter Umverteilung viele Mitbürger am Rande der eigenen Existenz sehen und zudem die Vermögensdiskrepanz innerhalb unserer heutigen Gesellschaft noch nie so groß war.

Ein weiteres Anzeichen dafür ist, dass die Leistungsträger in unserer Gesellschaft kaum noch daran glauben können, dass sich ihre Leistung auch wirklich lohnt und deswegen beginnen, die Grundlagen unserer Gesellschaft zu hinterfragen.

Der Apparat ist inzwischen so umfangreich und intransparent aber auch so mächtig geworden, dass er weiter von der Politik genährt und gefüttert wird, obwohl sein tatsächlicher Nutzen für Staat und Bürger kaum noch erkennbar ist.

Das Ganze hat sich inzwischen soweit verschärft, dass die Politik dem eigentlichen Staat die notwendigen Gelder entzieht, die er aber dringend benötigt, um seine ureigensten Aufgaben erfüllen zu können: Bildung und Infrastruktur sind mehr als mangelhaft, die äußere Sicherheit kann nicht mehr selbst und die innere nur noch bedingt sichergestellt werden.

Dafür aber stellt die Politik dem Umverteilungsapparat immer mehr Mittel zur Verfügung, ohne überhaupt noch zu wissen, was mit diesen letztendlich tatsächlich geschieht.

Und das ist es, was ich als den großen Selbstbetrug bezeichne, denn wir feiern jedes Jahr erneut eine Schwarze Null, koste es uns, was es wolle – und dies offensichtlich nur deshalb, weil wir selbst alle nicht mehr wissen, ob wir ohne diesen Apparat überhaupt noch leben können oder möchten.

Es ist wirklich an der Zeit, dass wir die Schleier endlich lüften, und dies selbst auf die Gefahr hin, dass wir alle längst schon pleite sind – eine Schwarze Null hin oder her!


„The more is given the less the people will work for themselves, and the less they work the more their poverty will increase.“

Leo Tolstoy, Help for the Starving (Januar 1892)

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