Europa bröckelt

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Beitragsfoto: Zerfallende europäische Flagge | © Shutterstock

Die jüngsten Ereignisse in und um Europa herum versetzen nicht nur uns Europäische Föderalisten immer mehr ins Staunen. Europa bröckelt nicht nur an seinen Rändern, es erodiert auch aus seiner Mitte heraus; und dies alles 100 Jahre nach Beginn eines bisher nie da gewesenen Massenmordens und 25 Jahre nach dem Fall der Mauer – seinem bisher als endgültig geglaubten Ende!

Manchem Mitbürger schwant bereits, dass Politik mehr sein muss, als Gelder umzuverteilen und dem politischen Gegner Worthülsen buchstäblich um die Ohren zu hauen. Europa ist in Gefahr! Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 scheint nur noch regionale Bedeutung zu haben und unsere Bürgerrechte zuletzt im Jahr 2000 als Grundrechte der Europäischen Union festgeschrieben, werden immer öfters wieder infrage gestellt: das Post- und Fernmeldegeheimnis besteht offensichtlich nur noch auf dem Papier, die Meinungs- und Informationsfreiheit wird nun auch schon innerhalb der EU begrenzt, die Reise-, Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Wahl des Wohnsitzes soll nur noch für manche unserer Mitbürger Gültigkeit haben und viele von uns verzichten von selbst immer öfters auf ihr Wahlrecht und ihre Beteiligung an gemeinschaftlichen Aufgaben wie der Mitarbeit in Verbänden, Vereinen und auch Parteien. So lange man uns Europäern finanzielle Sicherheit verspricht, scheinen wir alles schlucken zu wollen.

Die jüngsten Ereignisse sind aber auch eine Chance für unser Europa! Denn es ist nunmehr offensichtlich, wohin uns die Zentralisten mit ihren althergebrachten Nationalismen, Deutungs- und Verhaltensmustern führen werden – zurück ins 19. Jahrhundert. Nutzen wir diese sich uns bietende Chance und geben wir den Werten, die sich unsere Vorfahren hart erkämpft haben, wieder ihre Bedeutung zurück. Solidarität heißt nicht selber möglichst viel aus staatlichen Töpfen zu erhalten, sondern Mitbürger in ihrem Bestreben zu unterstützen, ein menschen-würdiges Leben führen zu können. Und Demokratie heißt nicht, anderen beim Entscheiden zuzuschauen, sondern sich selber zu informieren und einzubringen. Auch wird uns allen wieder vor Augen geführt, dass Freiheit und Frieden niemals umsonst sind, sie müssen immer wieder aufs Neue erworben werden.

Lassen wir uns aber nicht entmutigen, unsere europäische Idee ist weiterhin ein sehr attraktives Modell menschlichen Zusammenlebens, denn sie gibt jedem die Chance auf ein glückliches und erfüllendes Leben. Deshalb streben viele Menschen nach Europa und deshalb werden die europäischen Werte auch in den entlegensten Regionen dieser Erde immer wieder eingefordert. Wir Europäer müssen handeln, wir müssen an unseren eigenen Werten festhalten, wir müssen sie wieder selber „verdienen“ und „erarbeiten“ und wir müssen auch anderen Menschen helfen, diese Werte in ihren Ländern zu etablieren. Alles in allem: „Europa braucht ein neues Solidaritätsgefühl, damit seine Einheit nicht am Ende an allzu großen Lasten der Geber und am Frust der Nehmer zerbricht.“ (Władysław Bartoszewski)

„Die beste Demokratie wird wertlos, wenn das gesamte politische System verrottet ist und nur noch aus egoistischen Cliquen besteht, aus Seilschaften, Privilegien und Willkür.“

Richard David Precht, Die Kunst, kein Egoist zu sein: Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält (2010: 27f)

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