Grundsätzliche Gedanken zu einem Bundesstaat Europa

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Beitragsfoto: Mittelmeer | © 8926 auf Pixabay

Gliederung

Prämisse dieser Gedanken ist, dass wir alle einen föderalen Zusammenschluss von Europa wollen und auch erreichen. Bei meinen Gedanken nutze ich zum besseren Verständnis die politischen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland ohne diese zwingend auf das gesamte Staatsgebiet unseres zukünftigen Europas übertragen zu wollen.

Die Grundlage jeden gesellschaftlichen Zusammenlebens bildet die Gemeinde, die sich wiederum aus Einzelpersonen, Lebensgemeinschaften, Familien und Vereinen zusammensetzt. Auf dieser Ebene wird der politische Wille der Gesellschaft erstmals gebündelt und erhält seinen eigenständigen Ausdruck in der Wahl eines Gemeinderates. Diesem wird zur Umsetzung seines politischen Willens eine Verwaltung unterstellt, die durch einen Bürgermeister verantwortlich geführt wird. Größere Gemeinden können sich zum einen in eigene Bezirke untergliedern und zum anderen auch eine Kreisfreiheit erhalten, ohne dabei das Gliederungsprinzip zu unterlaufen oder gar infrage zu stellen. 

Mehrere Gemeinden werden in einem Landkreis zusammengefasst, welcher gemeindeübergreifende Aufgaben und Funktionen koordiniert oder Aufgaben übernimmt, die von einer einzelnen Gemeinde nur schwer oder gar nicht zu bewerkstelligen wären (Subsidiarität). Auch diese Ebene erhält mit einem Kreisrat, der wiederum den politischen Willen der beteiligten Gemeinden zusammenfasst, und einen Landrat, der zur Umsetzung dessen dem hierzu notwendigen Verwaltungsapparat vorsteht.

Mehrere Landkreise werden in Bundesländer zusammengefasst und erhalten mit dem Landtag eine weitere Ebene der politischen Willensbildung. Auch diese Ebene erhält mit der Landesregierung und ihren Ministerien einen eigenen Verwaltungsapparat, welcher im Sinne der Landkreise und kreisfreien Städte arbeitet und, wenn notwendig, auch subsidiär tätig wird.

Mehrere Bundesländer finden sich in einem Bundesstaat zusammen, welcher wiederum den politischen Willen dieser Ebene zusammenfasst und durch einen entsprechenden Regierungs- und Verwaltungsapparat umsetzt. Traditionell kann es bereits auf dieser Entscheidungsebene zu mehr als einem Parlament kommen, um der steigenden Komplexität des Interessenausgleichs untereinander und den subsidiären Verpflichtungen besser gerecht werden zu können sowie den Gliederungen vorab mehr Mitspracherecht zu garantieren.

Mehrere dieser Bundesstaaten finden sich letztendlich im „Bundesstaat Europa“ zusammen, welcher alleine schon aus Verständlichkeitsgründen weiterhin Europäische Union heißen sollte oder gar Vereinigte Staaten von Europa heißen könnte. Der Begriff „Europäische Föderation“ wäre dabei unangebracht, da dies fälschlicherweise eher auf einen Staatenbund hinweisen würde.

Aufgabenverteilung

Dem föderalen Prinzip und der Subsidiarität geschuldet, verbleiben die Aufgaben und Verantwortlichkeiten, der dem Bürger möglichst am nächsten liegenden Ebene zugeordnet; einmal vom Gewaltmonopol des Staates und einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik abgesehen. Diese muss sich zwingend und ausschließlich auf der europäischen Ebene wiederfinden. Und fasst man den Begriff der Außen- und Sicherheitspolitik etwas weiter, dann werden die einzelnen Bundesstaaten schlagartig von den Verpflichtungen der Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik entbunden. Schon alleine dies kann für einzelne Bundesstaaten ein finanzieller Befreiungsschlag werden.

Mit einer gemeinsamen Währung, dem Euro, verbunden, läge auch die Finanzpolitik hauptsächlich in den Händen der europäischen Ebene. Und auch die Handelspolitik Europas ließe sich auf dieser Ebene besser bewerkstelligen. Von der Justiz- und Umweltpolitik ganz zu schweigen.

Nicht nur der dann formalen Unionsbürgerschaft, sondern auch der Solidarität untereinander und der Tatsache geschuldet, dass wir Unionsbürger alle zusammen der europäische Souverän sind, muss es folgerichtig in der Sozialpolitik für alle Unionsbürger einen verbindlichen Mindestschutzstandard geben. Damit wird auch die Sozialpolitik maßgeblich auf der europäischen Ebene verantwortet werden müssen.

Dies darf aber nicht zu einer „Transfer-Union“ oder einem generellen „Bundesstaatenfinanzausgleich“ führen! Denn dies würde nicht nur den Bundesstaat Europa von Anfang an zerstören, sondern damit unausweichlich auch Demokratie, Freiheit und Frieden!

Ganz im Gegenteil! Das Bundesstaatenmodell muss in seiner gesamten Komplexität und Flexibilität administriert und verantwortet werden. Unsere Umwelt, die Wirtschaft und Gesellschaften verändern sich beständig und dem muss fortwährend strukturell begegnet werden. Nicht nur unsere Nationalstaaten, sondern auch unsere Sozial- und Strukturpolitiken sind dabei mehr als von vorgestern – und dies schon viel zu lange!

Am folgenden Beispiel möchte ich den Vorteil einer strukturellen Flexibilität für die Zukunft unseres Bundesstaates Europa verdeutlichen.

Strukturelle Flexibilität

Nehmen wir die Gemeinde A1 im Landkreis B1. Diese ist infrastrukturell sehr gut an die Großstadt C angebunden und profitiert zudem von der B1 Infrastruktur. Nicht nur, dass die Bevölkerung beständig wächst, auch die Wirtschaft floriert. Den Bürgern stehen gute Einkaufs- und Kulturmöglichkeiten zur Verfügung. B1 garantiert den Schülern Zugang zu weiterführenden Schulen und C zu einer Universitätsausbildung. Der Gemeinderat hat jüngst dem Bau eines Schwimmbades zugestimmt, von dem auch die Nachbargemeinden profitieren werden.

Die Gemeinde B2 im Landkreis C2 musste den letzten Kindergarten schließen, einen Bäcker gibt es schon lange nicht mehr. Eine zeitgemäße Internetanbindung sowie die Sanierung der Landstraße übersteigt auch den Haushalt von C2. Und die gemeinsame Kläranlage mit B3 ist unrentabel. Wer kann, verlässt B2. Ähnlich sieht es bei B3 aus.

Die Welt hat sich zuungunsten von B2 weiterentwickelt, Gemeinderat und Kreisrat können bei bestem Willen keine Änderung erreichen. Land, Bund und Europa sähen über Jahrzehnte hinweg Transferbedarfe für B2. Die Frage: Vergangenheit leben oder Zukunft gestalten?!

Eine Prüfung ergibt, dass eine Zusammenlegung von B2, B3 und B5 keine entscheidenden Vorteile bringt.

Der Entschluss wird wie folgt gefasst: Zusammenlegung der Landkreise C2 und B1, wobei die Gemeinden B2, B3 und auch B5 aufgegeben und zukünftig renaturiert werden. Deren Bürger finden ein neues Zuhause in den umliegenden Gemeinden wie A1 und auch C.

Diese strukturelle Flexibilität muss bis auf Landkreisebene zu einer Selbstverständlichkeit werden und darf auch vor Bundesländern oder gar Bundesstaaten kein Halt machen.

Die ursprünglich beabsichtigte Zusammenlegung von BeNeLux müsste nach 70 Jahren endlich vollzogen, der Westbalkan als ein Bundesstaat in der EU eine Möglichkeit werden und selbst die Bundesrepublik Deutschland braucht keine Bundesländer wie z. B. Berlin oder das Saarland!

Wollen wir Vergangenheit leben oder unsere Zukunft gestalten?! Ein föderaler Bundesstaat Europa wäre ein vielversprechender Lösungsansatz!

„Solange die Nationen ein gesondertes Dasein führen, wird es Streitigkeiten geben, die nur mit den Waffen geschlichtet werden können.“

Helmuth von Moltke der Ältere, Moltkes militärische Werke, Kriegslehren (1911, Band 1: 3)

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