Sprache: gendergerecht ja, verhunzen nein

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Beitragsfoto: Collage von Lothar Birkner
Der Beitrag erschien zudem auf seinem eigenen Weblog.

Die deutsche Sprache kennt – mal abgesehen von Neutrum – zwei Geschlechter (männlich und weiblich). Gender Studien gehen davon aus, es gibt ca. 60, zusätzlich muss man zwischen Gender (Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen) und Sex (biologisches Geschlecht) unterscheiden. Die Welt ist kompliziert geworden. Früher schien alles klar. Als mein Vater Ende der fünfziger Jahre Briefe an die Handwerkskammer schrieb, meinte er, die Anrede „sehr geehrte Herren“ sei ausreichend. Als Elisabeth Schwarzhaupt im November 1961 Bundesministerin wurde, hatten manche ein Problem mit der Anrede. „Frau Minister“ oder „Frau Ministerin“ oder wie sollte man die Dame jetzt ansprechen? Wir sind sechzig Jahre weiter und können über so etwas nur noch lächeln. Doch die Probleme im Verhältnis zwischen Sprache und Geschlecht sind deutlich vielfältiger geworden. 

Wie lösen wir die sich daraus ergebenden vielfältigen sprachlichen Probleme? Ich schlage vor: Mit Ruhe und Gelassenheit in der Erkenntnis, Sprache ist etwas Lebendiges. Deshalb kann und sollte ihre Entwicklung nicht aus ideologischen Gründen – oder welchen Gründen auch immer – künstlich forciert werden. Erstens verhunzen wir damit unsere Sprache und zweitens werden künstlich forcierte Entwicklungen von einer breiten Mehrheit sowieso nicht angenommen und verlaufen im Sande. Damit leugne ich keinesfalls eine Interdependenz zwischen Sprache und Bewusstsein und erst recht nicht die Tatsache, dass mit einer Veränderung des Bewusstseins unsere Sprache sich auch verändern wird. Im Bezug auf eine vom patriarchalischen Denken geprägte Sprache ist dies in einem gewissen Maße bereits geschehen. Vielfalt und Toleranz sind etwas sehr Gutes, aber mit sprachlichen Direktiven, ausgegeben von einer schmalen intellektuellen Elite, fördern wir diese Werte nicht.

Ich versuche an einigen Beispielen klar zu machen, was ich meine. Sinnvoll finde ich auf jeden Fall, wenn unsere Sprache zum Ausdruck bringt, es gibt zwei biologische Geschlechter. Wir können doch z. B. sagen „die Lehrerinnen und Lehrer an dieser Schule“. Das Gegenargument, durch ein bis zwei Worte mehr würde der Text unnötig in die Länge gezogen, halte ich für unehrlich und vorgetäuscht. Wenn man aber statt mit ein, zwei Worten mehr mit Gender* (Lehrer*innen) oder Gender_ das Vorhandensein von zwei Geschlechtern zum Ausdruck bringen will, sage ich ehrlich, mein ganzes Sprachgefühl sträubt sich dagegen. Auch wenn ich lese „Göttin sei Dank“, kann ich mich mit dieser Formulierung nicht anfreunden. Bei einem amerikanischen Schriftsteller habe ich aber mal einen — meiner Meinung nach — exzellenten sprachlichen Stolperstein gefunden, der unser patriarchalisches Gottesbild hinterfragt. Er schreibt „God“ und fährt dann fort „she“.

Sprachliche Handstände, wie „Menschen mit Gebärmutter“ zu sagen, halte ich für verfehlt. Personen, die gemeint sind, sind zu weit mehr als 99 % Frauen. Transmänner, die eine Gebärmutter haben, sind in einer – zumindest sprachlich – zu vernachlässigenden Minderheit. Versagen wir wirklich dieser Minderheit unseren Respekt, wenn wir solche künstliche Sprachkonstruktionen vermeiden? Ich meine, es gibt genügend andere Möglichkeiten zum Ausdruck zu bringen, dass man Diskriminierungen von sexuellen Minderheiten ablehnt. Verlässliche Zahlen, wieviel Menschen in Deutschland insgesamt dem Oberbegriff „Transgender“ zuzurechnen sind, gibt es nicht. Schätzungen schwanken zwischen 0,3 % und 0,6 % der Bevölkerung. Sie müssen vor Diskriminierungen geschützt werden und dürfen keinesfalls mit abwertenden Begriffen oder Schimpfworten belegt werden. 

Abschließend möchte ich sagen, die hier geäußerte Ansicht stellt meine persönliche Meinung dar. Selbstverständlich kann man anderer Meinung sein. Aber wir sollten Diskussionen hierüber mit Respekt führen. Leider habe ich festgestellt, oft wird gerade von Leuten, die sich sonst ihrer Liberalität und Toleranz rühmen, mit ideologischer Unerbittlichkeit und Unterstellungen gearbeitet. Das vergiftet die Atmosphäre und schadet nur. Also, Respekt Freunde!


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