Wahlaufruf

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Beitragsfoto: Heilbronner Flagge mit Wappen

Wenn Heilbronn ein Dorf wäre, ja, dann könnte man das Ganze noch verstehen. Dann hätte auch jeder dafür volles Verständnis, wenn der nette Herr oder die nette Dame aus dem Ort, die seit Jahrzehnten ehrenamtlich (ergo: ohne Bezahlung!) im Dorf unterwegs ist und die letzte Wahl zum Bürgermeister auch deshalb gewonnen, und dann als Bürgermeister eine gute Arbeit abgeliefert hat, ja dann, wenn gerade dann alle Fraktionen im Gemeinderat sowie auch sämtliche Vereine im Ort, sich für eine Wiederwahl aussprächen und den Amtsinhaber bitten würden, diese Arbeit weiterhin auf sich zu nehmen.

So etwas geschieht auch immer wieder in vielen Dörfern und auch Kleinstädten Land auf und Land ab. Das Problem bei uns in Heilbronn ist, dass wir weder ein Dorf noch eine Kleinstadt sind, und sich deshalb unsere Stadtpolitik schon längst vollständig professionalisiert hat. Die Heilbronner Bürgermeister gehören zu den bestbezahlten Berufspolitikern des Landes, und auch der Gemeinderat ist schon längst kein Gremium mehr, wo sich ehrenamtlich tätige Bürger um ihre Stadt kümmern.

Deshalb darf — ja muss! — der Bürger von seinen gewählten Volksvertretern, ob OB oder Gemeinderat, fordern, dass diese für teueres Geld auch bestmögliche Leistung bringen. Und gerade deshalb macht man in einer Großstadt auch nicht den netten Herrn von der Blaskapelle vor Ort zum OB, sondern sucht sich den bestmöglichen Verwaltungsfachmann mit ausgewiesener Expertise oder einen, in einer etwas kleineren Stadt bereits gut bewährten, Bürgermeister aus — an der Bezahlung dürfte es in Heilbronn nicht scheitern.

Und da wir in einer vielfältigen Stadt leben, die auch über, zumindest auf dem Papier, unterschiedliche Parteien und Wählergruppen verfügt, die jede eigene Vorstellungen über das Weiter so! haben sollte und vielleicht auch die eine oder andere darunter ist, die Heilbronn und nicht nur einzelne Personen tatsächlich voranbringen möchte, müssten in einer funktionierenden Demokratie vor Ort den Bürgern mindestens zwei passable Kandidaten zur Auswahl angeboten werden können.

Am Sonntag, 6. Februar 2022 stehen in Heilbronn nunmehr die 10. Wahlen eines Oberbürgermeisters nach dem Zweiten Weltkrieg an — eigentlich das bürgerliche Hochfest der Demokratie! Und anfangs, im Jahr 1948, waren auch über 86% der Heilbonner davon überzeugt und gingen wählen.

Ergebnisse der Heilbronner Oberbürgermeisterwahlen und meine Einschätzung der Amtsträger

(1) 23. 5. 1948: Wahlbeteiligung 86,6 % –> Paul Meyle | 4 von 5 Punkten

(2) 9. 5. 1954: Wahlbeteiligung 64,9 % –> Paul Meyle | 4 von 5 Punkten

(3) 21. 5. 1967: Wahlbeteiligung 82,0 % –> Hans Hoffmann | 3 von 5 Punkten

(4) 8. 6. 1975: Wahlbeteiligung 62,4 % –> Hans Hoffmann | 2 von 5 Punkten

(5) 11. 9. 1983: Wahlbeteiligung 67,0 % –> Manfred Weinmann | 3 von 5 Punkten

(6) 15. 9. 1991: Wahlbeteiligung 51,6 % –> Manfred Weinmann | 3 von 5 Punkten

(7) 27. 6. 1999: Wahlbeteiligung 51,6 % –> Helmut Himmelsbach | 4 von 5 Punkten

(8) 17. 6. 2007: Wahlbeteiligung 31,6 % –> Helmut Himmelsbach | 4 von 5 Punkten

(9) 16. 3. 2014: Wahlbeteiligung 39,0 % –> Harry Mergel | 2 von 5 Punkten

(10) 6. 2. 2022: Wahlbeteiligung ??,? % –> Harry Mergel

Der Vollständigkeit halber muss man noch erwähnen, dass man morgen die Wahl zwischen dem Amtsinhaber und einem für Demokraten unwählbaren Kandidaten sowie einer Kandidatin ohne jegliche Chance hat.

Die Verantwortung dafür tragen Bündnis 90 / Die Grünen und die CDU, die sich ihrem eigentlichen politischen Gegner (SPD) auf erbärmliche Weise andienern — aber, was macht man nicht alles fürs Geld?

Die FDP, die Linke und die Fraktion der Freien Wähler machen gute Mine zum bösen Spiel, was man diesen aber auch nicht positiv anrechnen sollte.

Und viele von uns Wählern, die dieses Spiel der Hinterzimmer schon länger mitverfolgen, fragen sich, warum man überhaupt noch zur Wahl schreiten sollte, die doch — ohne tatsächliche Entscheidungskompetenz — zu einer reinen Farce verkommen ist.

Die sinkenden Wahlbeteiligungen können als Hinweis dafür dienen. Den Hinweis von so manchen Parteimitgliedern, dass der Wähler „nur dumm und faul“ sei, lasse ich in diesem Falle nicht gelten. Dies ist einfach nur eine verständliche Reaktion von Bürgern, die sich gegenüber dieser Klüngel hilflos fühlen.

So lange es aber bei uns noch freie und geheime Wahlen gibt, sind wir Bürger keineswegs hilflos! Man geht doch als Bürger auch nicht einfach in eine Kneipe und isst und trinkt dort einfach alles, was einem aufgetischt wird — zumal man doch die gesamte Zeche zahlen muss, oder?

Deshalb

  • gehen Sie morgen wählen! Auf alle Fälle und machen notfalls Ihren Stimmzettel ungültig, aber besser noch: geben Sie der „Kandidatin ohne Chance“ Katharina Mikov, doch eine solche, auch wenn nur eine klitzekleine!
    Damit setzen Sie als Bürger ein erstes Zeichen, nämlich, dass mit uns Bürgern wieder zu rechnen ist — man also auch mit uns rechnen muss!
  • und machen Sie bei der kommenden Gemeinderatswahl mit dieser Heilbronner Hinterzimmerpolitik Schluss, in dem Sie die Kandidaten wählen, die sich auch für unser Heilbronn und uns Bürger einsetzen.
  • strafen Sie gerade jene Parteien und Kandidaten ab, die Ihnen bei dieser OB-Wahl eindeutig vor Augen geführt haben, dass es diesen nur um die eigenen Pfründe geht.
  • denken Sie bitte immer daran, dass Heilbronn eine Großstadt ist, und wir deshalb auch Profis wählen und keine Amateure; zumindest aber Amateure, die wie Profis arbeiten und dann auch ihr Geld wert sind!

Morgen

dürfen von über 120 000 Heilbronner gut 88 500 Heilbronner über den nächsten Oberbürgermeister entscheiden.

Diese Heilbronner entscheiden auch für knapp 30 000 Heilbronner mit, die nicht wählen dürfen und auf Gedeih und Verderb auf die Entscheidung der Wahlberechtigten angewiesen sind.

Und merken Sie sich auf alle Fälle das Folgende:

Wer in einer Demokratie nicht wählen geht, der zählt auch nicht!

Wie und wen darf ich wählen?

Sie haben eine Stimme und können mit dieser einen der drei aufgeführten Kandidaten wählen. Sie dürfen aber auch eine vierte Person in den Stimmzettel eintragen (freie Stelle auf dem Stimmzettel).

Damit ihre Stimme damit gültig ist, muss die dort eingetragene Person auch wählbar sein — also Heilbronner im wahlfähigen Alter. Zudem muss diese Person eindeutig identifizierbar sein. „Thomas Müller“ langt z.B. nicht, da es davon in und außerhalb Heilbronns bestimmt mehrere gibt. Hier böte sich an, die Straße oder den Beruf mit anzugeben.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass ein Kandidat, der gewählt werden kann und dann auch wurde, zum Schluss die Wahl annehmen muss. So wäre alles umsonst, wenn der Heilbronner Thomas Müller zwar 51% der Stimmen bekäme, dann aber die Wahl nicht annimmt — was durchaus verständlich wäre, da er ganz offensichtlich auch nicht kandidiert hat.

„Wir würden alle sehr gerne den besten Mann wählen.
Aber er ist nie ein Kandidat.“

Das Zitat wird Kin Hubbard zugeschrieben.

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Weitersagen:

  • 30 % Wahlbeteilung ist schon schwach für so eine große Stadt, und macht es Sinn, wenn der Amtsinhaber gerade Mal noch 3 ( von eigentlich 8 ) Jahren im Amt sein wird.