1915 schrieb Paul Klee das Folgende in sein Tagebuch:
„Je schreckensvoller diese Welt (wie gerade heute) desto abstrakter die Kunst, während eine glückliche Welt eine diesseitige Kunst hervorbringt.“
Paul Klee, Tagebucheintrag (1915, #951)
Deshalb möchte ich gerne einmal auf Jakob van Hoddis aufmerksam machen. Seine Gedichte wurden in den 1910er-Jahren, besonders zum Ende des Ersten Weltkrieges hin von den Dadaisten sehr geschätzt.
Aurora
Nach Hause stiefeln wir verstört und alt,
die grelle, gelbe Nacht hat abgeblüht.
Wir sehn, wie über den Laternen, kalt
und dunkelblau, der Himmel droht und glüht.Nun winden sich die langen Straßen, schwer
Jakob van Hoddis
und fleckig, bald, im breiten Glanz der Tage.
Die kräftige Aurore bringt ihn her,
mit dicken, rotgefrorenen Fingern, zage.
Am 11. Januar 1911 veröffentlichte Jakob van Hoddis in der Zeitschrift „Der Demokrat“ das folgende Gedicht.
Weltende
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
Jakob van Hoddis, 1911
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
Jakob van Hoddis gilt als Dichter des literarischen Expressionismus und wird von manchem zudem als einer der wenigen deutschen Vertreter des Surrealismus gesehen, wohl wegen der dadaistischen Elemente in seinen Gedichten.
Sein Bruder fiel für Deutschland im Ersten Weltkrieg, seine Schwestern flohen 1933 mit der Mutter nach Palästina, und er wurde 1942 von seinen deutschen Mitbürgern in Sobibor ermordet.
Der Name van Hoddis ist übrigens ein Schüttelwort aus seinem Geburtsnamen Hans Davidsohn.