Gedanken zum Advent

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Foto: Beispielbild | © Pixabay

Demnächst jährt sich eines der wichtigsten europäischen Ereignisse der Neuzeit. Vom 7. bis zum 10. Mai 1948 fand in Den Haag der Haager Europakongress statt, welcher zu einem Zusammenschluss der verschiedenen europäischen Einheitsbewegungen führte und u. a. als Initiator des Europarates gilt. Nur wenigen ist bekannt, dass das eigentliche Ziel der versammelten europäischen Bürgerschaft war, endgültig die Nationen zu überwinden und diese in einem „Europa der Regionen“ und damit in einem föderalen europäischen Bundesstaat zusammenzufassen. Dies ist auch der Grund dafür, warum der Haager Europakongress noch heute als erste föderalistische Bewegung der europäischen Geschichte gilt.

Aber die Bequemlichkeit der meisten europäischen Bürger und das Beharrungsvermögen der bereits gut etablierten Bevölkerungsteile hat wie so oft obsiegt. Zwar wurde das Ziel, die „Vereinigten Staaten von Europa“ weiter propagiert, aber zeitgleich auch das „Europa der Vaterländer“ als Gegenpol initiiert. Später dann, eher der Realität als der europäischen Idee geschuldet, wurde mit der Europäischen Union, ein Staatenverbund geschaffen, welcher zu postklassischen Nationalstaaten führte, deren Beharrungsvermögen weiterhin durch die allzu menschliche Angst vor Veränderung genährt wird.

Stolz können wir Europäische Föderalisten aber darauf sein, dass von Anfang an die Demokratie mit den damit einhergehenden Werten, wie unsere Menschen- und Bürgerrechte, als Grundlage jeder europäischen Integration festgelegt wurde, und wir uns bis zum heutigen Tage als Wertegemeinschaft betrachten.

Als Ende der 1980er-Jahre das Sowjetreich zusammenbrach, irrten wir Europäer in der Annahme, dass die Menschen der ehemals besetzten Teile Europas über Nacht zu Demokraten geworden seien, verdrängten die Tatsache, dass diese nur bankrott waren und nahmen sie mit offenen Armen in unsere immer noch im Werden begriffene Gemeinschaft auf. Auch hatten wir völlig verdrängt, dass selbst in unseren Demokratien gut 20 Prozent Totalitaristen immer noch auf die Götterdämmerung warten.

Im Ergebnis scheinen wir uns nun mehrheitlich damit abzufinden, dass die EU zu einem Zweckbündnis von demokratischen und scheindemokratischen Staaten zum Schutz der Außengrenzen, zur Sicherung des Binnenmarktes und einer gemeinsamen Terrorismus-bekämpfung geworden ist. Auch scheinen wir mehrheitlich der Meinung zu sein, dass Migrationsbewegungen und Transferzahlungen Anlass genug sind, um auch dieses Konstrukt wieder in Frage zu stellen (z. B. Brexit).

Sehr erfreulich ist es daher, dass sich viele Bürger Europas seit Monaten verstärkt für unser gemeinsames Europa aussprechen und nach 1948 wieder „mehr Europa fordern!“ Noch erfreulicher ist es, dass es Politiker wie Emmanuel Macron und Jean-Claude Juncker gibt, welche diese verschiedenen Bürgerinitiativen aufgreifen und erste Lösungsvorschläge unterbreiten.

Die Europäische Union steckt aber inzwischen – und dies trotz des Engagements von 30 000 Europäischen Föderalisten europaweit – in einer so tiefen Sinnkrise, dass nur noch eine schonungslose Bestandsaufnahme ohne nationale oder parteipolitische Rücksichten weiterhelfen kann.

Die EUROPA-UNION Heilbronn beteiligt sich selbstverständlich an dieser notwendigen Bestandsaufnahme sowie den stattfindenden Diskussionen und trägt u. a. mit der Wiederaufnahme der „Hertensteiner Gespräche“ dazu bei, dass eine verstärkte und nachhaltige Bürgerbeteiligung unsere Demokratien als auch unser gemeinsames Europa retten werden. Für uns Europäische Föderalisten sind dabei unsere gemeinsamen Werte keine Verhandlungsmasse und wir betonen gerne erneut, dass Bequemlichkeit und die Angst vor Veränderung schlechte Berater sind. Selbst dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl kann man sehr deutlich die Forderung nach „mehr Demokratie wagen!“ entnehmen.


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