Gedicht zum Abend

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Beitragsfoto: Sinnierende Frau | © Pixabay

Zum Abend einfach einmal ein Gedicht von Ludwig Uhland. Viele kennen noch die Uhlandslinde. Vor mehr als 120 Jahren vom damaligen Verschönerungsverein errichtet, ist die Uhlandslinde noch heute einer der schönsten Aussichtsplätze auf Heilbronn. Wobei ich mich bis heute frage, warum es keine Ulme war.

Ulmenbaum

Zu Hirsau in den Trümmern,
Da wiegt ein Ulmenbaum
Frischgrünend seine Krone
Hoch überm Giebelsaum.

Er wurzelt tief im Grunde
Vom alten Klosterbau,
Er wölbt sich statt des Daches
Hinaus in Himmelsblau.

Weil des Gemäuers Enge
Ihm Luft und Sonne nahm,
So trieb’s ihn hoch und höher,
Bis er zum Lichte kam.

Es ragen die vier Wände,
Als ob sie nur bestimmt,
Den kühnen Wuchs zu schirmen,
Der zu den Wolken klimmt.

Wenn dort im grünen Tale
Ich einsam mich erging,
Die Ulme war’s, die hehre,
Woran mein Sinnen hing

Wenn in dem dumpfen, stummen
Getrümmer ich gelauscht,
Da hat ihr reger Wipfel
Im Windesflug gerauscht.

Ich sah ihn oft erglühen
Im ersten Morgenstrahl;
Ich sah ihn noch erleuchtet,
Wann schattig rings das Thal.

Zu Wittenberg im Kloster
Wuchs auch ein solcher Strauß
Und brach mit Riesenästen
Zum Klausendach hinaus.

O Strahl des Lichts, du dringest
Hinab in jede Gruft!
O Geist der Welt, du ringest
Hinauf in Licht und Luft!

Ludwig Uhland, 1829

Richard Strauss vertonte das Gedicht 1899. Uhlands Ulme in Hirsau wurde übrigens 1989 gefällt. Und der 1863 gegründete Verschönerungsverein, den manche noch als Verkehrsverein Heilbronn kennen, und welcher anfangs für die Uhlandslinde verantwortlich war, wird demnächst als Verein „Blühendes Heilbronn“ sicherlich wieder Bäume, wenigstens aber Blumen, pflanzen. Dafür sorgen schon die Mitglieder des Freundeskreis der Bundesgartenschau Heilbronn 2019, die nun mit dem Verkehrsverein fusionieren werden.

Eine Chance für zukünftige Dichter.

Auf eine Tänzerin

Wenn du den leichten Reigen führest,
Wenn du den Boden kaum berührest,
Hinschwebend in der Jugend Glanz:
In jedem Aug ist dann zu lesen,
Du seiest nicht ein irdisch Wesen,
Du seiest Äther, Seele ganz.


Mir aber grauet: wenn nach oben
Du würdest plötzlich nun enthoben,
Wie wärest, Seele, du bereit? –
Wohlan! der sich auf Blumen schaukelt,
Der Schmetterling, der ewig gaukelt,
Ist Sinnbild der Unsterblichkeit.

Ludwig Uhland, 1829

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