Ministern

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Beitragsfoto: Demonstranten | © Pixabay

Gerade heute in der Heilbonner Stimme ein viel diskutiertes Thema. Deswegen möchte auch ich meinen Kommentar dazu abgeben.

Minister gibt es seit es Verwaltungen gibt, sie waren von Anfang an die ersten Diener ihres „Herrschers“ und standen den entsprechenden Verwaltungen vor. Auch von Anfang an mussten diese nicht nur ihre Verwaltungen führen, sondern auch die Versprechungen des jeweiligen Herrschers an die vorhandenen Realitäten anpassen, was bereits sehr früh dazu führte, dass die „ersten Verwaltungsbeamten“ die Kunst der Quadratur des Kreises beherrschen sollten — wie wir alle wissen, ist dies unmöglich.

Inzwischen werden in vielen Ländern die „Herrscher“ als erste Diener des Souveräns — dem Volk oder auch der Wählerschaft — von diesem für eine kurze Zeitspanne gewählt und üben ihr Amt, optimal auch nur für eine weitere Wahlperiode und dies nur, wenn sie sich auch bewährt haben, aus.

Bei uns ist es der Fall, dass die von uns gewählten Volksvertreter aus ihren Reihen dann den Kanzler oder Ministerpräsidenten (MP) wählen und danach als einfache Abgeordnete die Regierung, das heißt den Kanzler oder MP und den bereits bestehenden Verwaltungsapparat, kontrollieren. Ihre Hauptaufgabe ist aber die Gesetzgebung.

Von Anfang an gibt es neben dem gewählten Kanzler oder MP auch einen von diesem inthronisierten Vize-Kanzler oder Vize-MP, dies hat aber keinerlei systemische Bedeutung. Die einzige Vorgabe dabei ist die Angehörigkeit im Kabinett, wobei es allerdings völlig legitim ist, dass heutzutage die Vize zumindest aus den Reihen der gewählten Volksvertreter stammen, zumal die anderen Kabinettspositionen inzwischen ebenfalls durch Berufspolitiker besetzt werden; aber selbst dieses legitime Minimum wurde vom viel zu lange amtierenden Ministerpräsidenten Baden-Württembergs außer Kraft gesetzt, indem er einen vom Souverän abgewählten Politiker dennoch als Vize einsetzte und damit bestätigt, wie Macht Mensch und Seele korrumpiert.

Es zeigt aber auch, wie sich gewählte Volksvertreter insgesamt selbst sehen, indem sie nicht einmal mehr die Opposition ausüben oder gar die Regierung kontrollieren wollen, sondern möglichst allesamt in den Regierungsapparat drängen, zumindest aber mit hoch dotierten Ausschussvorsitzendenpöstchen entschädigt werden möchten.

Deshalb wurden längst auch alle fachkundigen Minister in den Regierungen durch weitere in Ämter drängende gewählte oder auch nicht gewählte Berufspolitiker ersetzt. Als Begründung hierfür diente, dass die mit Ministerämter versehenen Politiker dafür sorgen sollen, dass die Verwaltungen auch den Willen des jeweiligen Kanzlers oder MP und seiner „Regierungspartei“ erfüllen.

Alleine diese Begründung zeigt bereits, über was für ein negatives Menschenbild diese Politiker verfügen — oder gar von sich selbst haben (!) — da sie alleine damit unseren Verwaltungen deren ureigene Kompetenz und Zuverlässigkeit absprechen.

Entschädigt wurden die Verwaltungen dadurch und auch eingedenk der Tatsache, dass die meisten Polit-Minister zu nichts zu gebrauchen sind, indem man jedem Minister ein bis zwei beamtete Staatssekretäre zur Seite stellt, die die eigentliche Aufgabe des jeweiligen Ministers übernehmen. Und so muss auch kein Polit-Minister jemals in sein Ministerium — es sei denn für Pressefotos –, da er ohne jegliche Kenntnisse nicht einmal die von der Politik vorgesehene Kontrollfunktion ausüben kann, was wir übrigens seit Jahren immer wieder sehen und auch in sämtlichen Zeitungen nachlesen können.

Aber dies blieb auch bei unseren Politikern nicht unbemerkt und so schufen sie die Posten der politischen Staatssekretäre, die gemäß Begründung weniger inkompetent als die Polit-Minister sein und deren Inkompetenz ausgleichen sollen.

Da es aber auch hier seit langem an fachlicher wie auch menschlicher Kompetenz mangelt, ist man dazu übergegangen, weitere Volksvertreter oder gar nur „Parteisoldaten“, die nicht einmal mehr zu einer Wahl antreten müssen, geschweige denn je gewählt werden — ergo, über keine einzige Mindestanforderung verfügen — in Führungspositionen unserer Ministerien zu hieven.

Inzwischen ist das Gedränge bei unseren Volksvertretern nach Regierungspöstchen so groß geworden, dass man nicht nur politische Staatssekretäre zu beamteten Staatsekretären umdotiert oder in Regierungsfunktionen völlig inakzeptable Berufspolitiker wenigstens als Botschafter ohne jegliche dafür notwenige Qualifikation entsorgt, sondern auch ganz neue Ministerien schafft, wie z.B. das Heimatministerium oder das neue baden-württembergische Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen.

Und da das Postengeschachere unserer Volksvertreter und die unsägliche Versorgungsmentalität in eigener Sache so überhand genommen hat, ist es inzwischen auch nicht mehr nötig, dass ein Berufspolitiker überhaupt noch gewählt werden muss — es langt bereits, wenn er einmal auf einem Plakat zu sehen war oder dringend Geld benötigt.

Dies alles erklärt vielleicht auch die Frage, warum immer weniger Mitbürger in Parteien eintreten oder selbst noch wählen gehen. Auf jeden Fall erklärt es die vielen Leserbriefe, von denen heute einige in der Heilbronner Stimme zu lesen waren.


„Die Politiker sind ja auch eine Art Experten, nur eben selbsternannte.“

Stanisław Lem, Eine Minute der Menschheit (1983)

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