Lesezeichen | © kertlis von Getty Images
Nikolai Klimeniouk | Frankfurter Allgemeine
Wie deutsche Politiker Putins Krieg möglich machen – Russland und der Westen (zuletzt aufgerufen am 4.4.2024 um 8.11 Uhr)
„Russland führt seit zehn Jahren Krieg gegen die Ukraine und den Westen. Kremlchef Putin will unsere Demokratie vernichten. Das wollen viele nicht verstehen. Ihre Devise: Egal, wie schlimm es ist, weiter so. …
Die tatsächlichen Entscheidungen der deutschen Politik, die der Ukraine aufgezwungenen Minsk-Verträge und vor allem der Bau der Pipeline Nord Stream 2, folgten insgesamt diesen Empfehlungen. Deutlicher konnte man der deutschen Gesellschaft nicht signa- lisieren, dass demokratische Grundsätze verhandelbar sind und dass man es mit der Menschenwürde nicht so ernst nimmt. Zumindest mit der Würde der anderen, wenn man schon den Ukrainern ohne Weiteres zumutet, in einer Tyrannei statt in einer wie auch immer unvollkommenen Demokratie zu leben. Dann kann man noch so viele öffentliche Mittel in die Demokratieförderung und Initiativen gegen Rechts investieren, keine politische Bildung ist so wirksam wie diese Heuchelei. …
… zu dessen 60 Unterzeichnern neben Russlandlobbyisten der Altkanzler [Gerhard]Schröder, der Altbundespräsident [Roman] Herzog, eine ganze Reihe von Ex-Bundesministern und andere einstige höchste Repräsentanten der deutschen Demokratie gehörten. …
Wen soll es wundern, dass Leute wie Björn Höcke und Sahra Wagenknecht mit ihrer Anti-NATO-Rhetorik Teile der deutschen Wählerschaft erreichen, wenn selbst ein Ex-Kanzler und hohe Sicherheitsfunktionäre das Verteidigungsbündnis als eine furchterregende Bedrohung darstellen. …
Bundeskanzler [Olaf] Scholz mit seiner Taurus-Absage oder SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit seinem Vorschlag, den Krieg einzufrieren, bekommen Beifall von AfD und BSW …
Eigentlich hätte jemand wie [Frank-Walter] Steinmeier in einer gut funktionierenden Demokratie wegen seiner Beteiligung an gravierenden Fehlentscheidungen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gestellt werden sollen. Stattdessen wurde er 2017 zum Bundespräsidenten gewählt …
Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Bertelsmann-Stiftung von 2023 zufolge ist etwa die Hälfte der Deutschen mit der Demokratie unzufrieden, laut einer Allensbach-Umfrage von 2022 glauben 31 Prozent, in einer Scheindemokratie zu leben. Offensichtlich wirkt eine Demokratie, die sich von einer Despotie nicht richtig abgrenzen kann, nicht besonders überzeugend.“
Sehr lesenswerte Analyse von Nikolai Klimeniouk. Er bestätigt das, was ich seit Jahren über unsere Politik schreibe.
[https://iiics.org/h/20240404062900]