Zeit für ein Gedicht

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Beitragsfoto: Sinnierende Frau | © Pixabay

In Zeiten, wo wieder einmal feucht fröhlich über die Apokalypse debattiert wird und man allen und jedem Gehör schenkt, von denen man annehmen muss, dass sie sich mit der Materie wenig bis überhaupt nicht auskennen, ist es — denke ich — an der Zeit, uns an Menschen zu erinnern, die von Krieg und vor allem dem Tod so richtig Ahnung haben.

Wo uns dieses Expertentum der völligen Inkompetenz inzwischen hingeführt hat, können wir derzeit ganz gut beobachten. Immer mehr beobachtende Menschen ziehen sich völlig angewidert von den aktuellen „Fachdebatten“ aus den Sozialen Medien zurück, und auch ich kann es kaum noch ertragen, wie gerade die üblichen Fahnenflüchtigen und Drückeberger um die Deutungshoheit von Militäreinsätzen streiten oder wie Friedensaktivisten die Vorzüge von Massenvernichtungswaffen predigen.

Ich finde es richtig ekelig zu wissen, dass gerade unzählige Mitmenschen keine 1 300 Kilometer von uns entfernt regelrecht abgeschlachtet werden und sich bei uns die meisten Menschen an dieser Situation weiden oder noch tragischer, ihre ganz eigenen Vorteile daraus ziehen wollen. Dabei bleibt kein Mensch bei uns, der Verantwortung trägt, ohne Schuld! Jeder von diesen Mitbürgern hat Blut an seinen Händen kleben.

Nun zurück zu einem jener Menschen, die wissen, was Krieg ist. Ein echter Held, sozusagen und mausetot.

Gerrit Engelke zählt noch heute zu den Arbeiterdichtern, der sich nicht nur nicht vor dem Kriegsdienst drückte, sondern zudem noch das Angebot ausschlug, sich an anderer Stelle um seine Heimat verdient zu machen — damit gehört er schon alleine und ganz eindeutig zu jenen Menschen, denen wir unseren höchsten Respekt zu zollen haben. Leider hat er selber den höchsten Preis für seinen Anstand zahlen müssen und liegt deshalb noch heute — hier hatte er etwas Glück im Unglück — auf dem Soldatenfriedhof von Étaples an der französischen Kanalküste.

Zu Engelkes bekannteren Werken gehören die Gedichte aus seiner Sammlung „Rhythmus des neuen Europa“.

Lassen wir aber jetzt Gerrit Engelke selber sprechen.

Nach schwerem Traum

Ich bin Soldat und steh im Feld
Und weiß von niemand in der Welt.
Drum kann ich diesen Regentag nicht feiern,
So kummerzärtlich, feucht und bleiern,
Da mir dein Bild zur Nacht den Schlaf zerschlug
Und mich in deine Nähe trug.

Ich bin Soldat und steh im Feld,
Gewehr im Arm, und fern der Welt.
Wär ich zu Haus, ich schlösse Tür und Scheiben
Und wollte lange einsam bleiben;
Im Sofawinkel sitzend mich versenken,
Geschlossnen Auges deiner denken.

Ich bin Soldat im trüben Feld.
Hier endet alte Menschenwelt.
Der Regen singt, die nassen Strähnen fließen.
Ich kann nichts tun – nur Blei verschießen.
Weiß nicht warum, tu’s doch als ob ich’s muss:
Ins graue Wetter kracht ein Schuss!

Ich wünsche uns allen, dass wir sehr schnell aus unseren eigenen Träumen erwachen, beginnen, der Realität ins Auge zu sehen und endlich damit anfangen, allesamt an einer friedlichen, freien und demokratischen Welt zu arbeiten.

Was passiert, wenn man über 70 Jahre lang nur dem eigenen Vorteil hinterherläuft, das können wir gerade alle miterleben — hoffentlich die meisten von uns weiterhin nur vom Spielfeldrand aus.

Vorsicht des Patrioten
Süß fürs Vaterland sterben! Doch möcht’ ich schließlich dabei sein,
Wenn man beim Siegesbankett seine Gefallnen beklagt.

Eduard von Bauernfeld

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