Beitragsfoto: zwei Kinder | © Pixabay
Wissen Sie noch, in wen Sie waren? Also ich war in Oliver, und zwar ziemlich ernsthaft. Wir hatten genaue Pläne für unsere Zukunft, wir wollten nämlich heiraten. Bis eines Tages mein Liebster mir von seinen Berufsplänen erzählte: Er wollte Feuerwehrmann oder Rennfahrer werden. Ich sah mich schon als trauernde Witwe, mit einem Haufen Kinder und einem noch nicht bezahlten Einfamilienhäuschen. (Dieses Detail kam wohl im Laufe des Erwachsenwerdens dazu.) Und so beendete ich die Beziehung. Ich weiß es noch wie heute, wir saßen auf der Treppe zu Olivers Wohnung, ich vergewisserte mich über die Ernsthaftigkeit seiner Berufswahl und verabschiedete mich mit einem Kuss, auf die Wange natürlich. Damals war Oliver sechs und ich war fünf. Seit nun unsere Jüngste auch in der Schule ist, und zwar auf derselben wie unser Sohn, werde ich oft an meine Jugendliebe erinnert. Denn seit beide Kinder in der Schule sind, erfahre ich endlich mal, was da so alles passiert. Am Mittagstisch entbrennt ein wahrer Wettkampf darüber, wer mir von der Schule erzählen darf. Nein, ich erfahre keine Einzelheiten aus dem Unterricht, aber Ich weiß Bescheid, was auf dem Pausenhof los ist. Wenn Sie meine Kinder fragen, ist’ das Wichtigste des Schultages ohnehin die Pause. Und so erfahre ich auch, wer in wen ist: Jasmin ist schon lange in Florian. Florian ist aber in Nadine. Und so weiter, und so weiter. (Die Namen sind selbstverständlich alle frei erfunden!)
Ich habe damals meine Jugendliebe aus den Augen verloren. Vor einigen Jahren habe ich aber erfahren, dass Oliver Lehrer geworden ist. Was aus den Liebschaften auf dem Pausenhof an der Schule unserer Kinder wird, kann heute natürlich noch niemand sagen. Falls Ihre Kinder an derselben Schule sind, muss ich Sie aber leider enttäuschen. Ich werde mein Wissen nicht preisgeben, alle Anrufe sind zwecklos! Aber ich freue mich schon auf die nächsten Gespräche am Mittagstisch, wenn ich wieder erfahre, wer in wen ist — verliebt natürlich. Aber das Wort würden die Kinder nicht in den Mund nehmen …
Dieser Blog-Beitrag erschien erstmals am 12. und 13. Juni 2004 in der Kolumne „Familienbande“ der Zeitung Trierischer Volksfreund, worin wechselnde Autoren den familiären Alltag glossierten.
Ursula Schaffer ist Lehrerin an der Realschule Plus Bleialf in Rheinland-Pfalz, wohnhaft in Bitburg und mehr noch, meine Lieblingsschwester. Sie schrieb u. a. mehrere Glossen für obige Kolumne. Diese gefielen mir so gut, dass ich sie bat, zumindest einige davon auch auf meinem Weblog zu veröffentlichen.