Beitragsfoto: Tanzen | © Pixabay
Leben ist nicht nur kommunizieren, wie ich es jüngst den Studenten meines Fachbereiches zu erklären versuche habe, sondern auch lernen. Aber auch das Sterben gehört einfach mit dazu, so würde es zumindest Seneca ergänzen wollen.
Heute möchte ich aber nicht über die Ars moriendi schreiben, sondern über einen für mich ganz neuen Forschungsgegenstand, der „empirischen Ästhetik“.
„Das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) erforscht, warum und wie Menschen Kunst erschaffen und sie aufführen, erleben und bewerten. Der Schwerpunkt des MPIEA liegt auf Musik, das Institut beschäftigt sich aber auch mit anderen zeitgebundenen Kunst-Domänen wie Tanz oder Film.“
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, Website (29.5.2025)
Lassen wir einmal die Seitenhiebe weg, was man heutzutage so alles studieren kann, zumal ich selber aktuell in einem Fachbereich der Wirtschaftsinformatik tätig bin — ergo, selber im Glashaus sitzend, nicht mit Steinen um mich werfen sollte. Auf alle Fälle aber gilt weiterhin, dass es nicht allzu sehr darauf ankommt, was man studiert, sondern alleine darauf, dass man wissenschaftliches Arbeiten lernt! Und dies kann man sicherlich auch auf dem Feld der empirischen Ästhetik.
Auf alle Fälle aber wäre dieses Fachgebiet, wenn sie dort noch essen und trinken mit aufnehmen (kleiner Tipp unter Kollegen), prädestiniert, um im wissenschaftlichen Umfeld Heilbronns locker die Spitzenposition zu erklimmen.
Aber wie komme ich nun überhaupt auf das Feld der empirischen Ästhetik? Wie immer, am Anfang stand ein Problem, das sich bei etwas näherer Betrachtung ausweitete und inzwischen einen Umfang einnimmt, sodass sich gleich mehrere Parteien (Stakeholder) mit der Sache auseinandersetzen, nämlich mit der Frage, warum man inzwischen bei vielen Tanzbällen kaum noch jüngere Tanzpaare finden kann? Ausgeweitet, warum auch in ADTV-Tanzschulen immer mehr ältere Tanzpaare anzutreffen sind, weiter ausgeweitet, warum es immer weniger junge Tanzschüler gibt, noch weiter ausgeweitet, warum sehr viele dieser Tanzschüler eigentlich nur noch Schülerinnen sind?
An Hypothesen, warum dies so sein könnte, gibt es keinen Mangel. Manche führen dies auf die Folgen von COVID-19 zurück, dabei aber eher auf die unverhältnismäßig ergriffenen Gegenmaßnahmen. Man kann diesbezüglich gerne auf ältere Blog-Beiträge aus den Jahren 2020 bis 2022 zurückgreifen. Manche sehen darin einfach nur eine ganz normale gesellschaftliche Entwicklung. Manch andere, dass sich unsere europäische Kultur aufgrund der zunehmenden Migration entsprechend verändert.
Aber alle nehmen inzwischen das Delta zwischen Wunsch und Wirklichkeit wahr und so ist es nun an der Zeit, dass man sich dieses Problems einmal etwas professioneller annimmt. Und hier kommt das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik ins Spiel, nämlich dadurch, dass diese Wissenschaftler erst einmal wissen möchten, „warum tanzen Sie, und was?“
Hallo liebe Tanzbegeisterte,
willkommen!Wissenschaftliche Erhebungen zeigen: Tanzen ist gesund! Es gibt jedoch vieles, was man noch nicht weiß. Zum Beispiel, wie viel Tanzen ist gesund? Gibt es Tanzformen, die gesünder sind als andere? Unter welchen Umständen ist Tanzen besonders gesund, und wenn ja, für wen?
Helfen Sie uns, diese Fragen zu beantworten?
Das Ziel dieser Umfrage ist es, Sie einzuladen bei einer großen Studie mitzumachen, damit wir das Thema Tanz, Gesundheit und Wohlbefinden endlich ausgiebig erforschen können. Wir brauchen dafür so viele Tänzer wie möglich.
Um mitzumachen, brauchen Sie nicht viel zu tun, außer: weiter tanzen und sich hier anmelden!
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Julia F. Christensen & Team
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, Frankfurt am Main
Selbstverständlich habe ich selbst bereits an dieser Umfrage teilgenommen. Keine Frage, sie ist ganz gut gemacht, darf man auch von einem Max-Planck-Institut erwarten.
Jenen Studenten, die beabsichtigen, in ihrer Bachelorarbeit oder gar Masterarbeit mit Umfragen zu arbeiten, empfehle ich nicht nur sehr dringend, vorab wenigstens einen Statistik-Schein erfolgreich (wenigstens mit einer Note 2 versehen) zu absolvieren, sondern sich selbst auch erst einmal professionellen Umfragen zu unterziehen — die an der Hochschule von Studenten angebotenen Umfragen dürften dabei sicherlich nicht das Maß aller Dinge sein.
Wenn ich tanzen lernen möchte, gehe ich auch nicht zu einer Dame oder einem Herren, die sich bekifft an einer Straßenlaterne abarbeiten und dies als Poledance bezeichnen. Wobei ich befürchte, dass das mit der Emanzipation spätestens dann gescheitert ist, als Frauen begannen, uns den Poledance als Sportart zu verkaufen — just my humble opinion!
Aber nun zurück zur empirischen Ästhetik, wobei man auch dort den Poledance ankreuzen darf, was wiederum für die wissenschaftliche Qualität der Studie (ohne Scherz!) spricht. Jüngst habe ich in einem Artikel gelesen, dass Frauen in muslimischen Ländern sich dadurch emanzipieren möchten, dass sie Bauchtanz nicht mehr klamm heimlich nur in den eigenen vier Wänden aufführen möchten. Wie man sieht, die Welt verändert sich weiterhin und so ist es ganz gut, wenn man sich zuerst möglichst objektiv und aus wissenschaftlichen Sichtweisen heraus kundig macht, bevor man an möglichen Lösungen zu arbeiten beginnt.
Ich würde mich auf alle Fälle riesig freuen, wenn künftig wieder mehr junge Menschen zu den Tanzbällen kämen und auch wieder mehr junge Männer in den Tanzschulen zu finden wären; nichts gegen die jungen Damen, aber Tanzen macht einfach als gemischtes Tanzpaar mehr Spaß — eine möglichst große Homogenität ist nicht immer von Vorteil.
Übrigens, Tanzen ist eine hoch entwickelte Form der Kommunikation.