Telekom

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Beitragsfoto: Telefonzelle | © Acatana auf Pixabay

Dies ist eine Liebes-, Lebens- und Leidensgeschichte und könnte schon alleine deshalb heute einmal etwas länger werden. Wohin mich dieser Blog-Beitrag am Ende hintreibt, kann ich jetzt noch nicht sagen. Meine Leser wissen es, ich schreibe spontan und dabei auch ohne doppelten Boden.

Auslöser dieses Beitrags sind meine gestrigen unvermeidbaren Telefonate mit sehr freundlichen Telekom-Mitarbeitern und der Besuch eines Telekom-Shops, wobei ich erneut das Glück hatte, auf den Shop-Verantwortlichen zu treffen, den ich wegen seiner Kompetenz und seines Engagements schätze.

Diese besagten Telefonate waren von mir so lange wie irgend möglich hinausgezögert worden, aber letztendlich notwendig, denn mein Telekom Media Receiver 401 war schon etwas länger kaputt, und wenn ich kaputt meine, da meine ich tatsächlich kaputt und zwar so richtig Telekom-tot. Und woher weiß ich dies überhaupt? Telekom-Kunden wissen, was ich meine, denn ich hatte zuvor nicht nur den Media Receiver mehrfach vom Netz genommen, sondern auch meinen Router x-mal neu gestartet und dazu noch sämtliche vorhandene Kabel und ganz besonders die Mesh-Geräte überprüft.

Treue Telekom-Kunden wissen aber jetzt ganz genau, dass Telekom-tot erst dann Telekom-tot ist, nachdem man das Ganze nochmals — mindestens einmal — zusammen mit einem freundlichen Telekom-Mitarbeiter durchexerziert hat.

Etwas Technik affinere Leser fragen sich jetzt sicherlich, warum denn überhaupt noch ein Telekom Media Receiver? Eine gute und völlig berechtigte Frage, die mir meine beiden Söhne schon seit Jahren stellen und ich schon sehr lange aufgegeben hatte, mich diesbezüglich mit der Telekom auseinanderzusetzen — einfach nur, weil die Telekom meint, dass man so etwas benötigt.

Also, mein Media-Receiver musste tot-gesprochen werden und ich griff zum Telefon und erreichte nach den üblichen Telekom-Bots, die es entgegen meiner besten Absicht wieder einmal schafften, mich zur Weißglut zu treiben, und ich nur den Bot-Test bestand, weil meine bessere Hälfte mit den notwendigen Unterlagen zur Stelle war, einen freundlichen Telekom-Mitarbeiter. Wer mit der Telekom kommuniziert, der benötigt Papier, alles andere ist hoffnungslos!

Der erste Mitarbeiter des Tages war sofort der richtige, denn das gemeinsame Tot-Sprechen ging für Telekom-Verhältnisse sehr schnell vonstatten. Auch hatte ich sehr schnell mein Ersatzgerät eingebucht.

Zu meiner absoluten Überraschung hatte ich nicht nur einen freundlichen, sondern auch einen qualifizierten Mitarbeiter an der Strippe. Im Gespräch gab er zu, dass man einen Media Receiver gar nicht mehr benötigte und ich, wie mit den anderen von mir benutzten Diensten auch ebenfalls nur ein entsprechendes Media Receiver App auf meinen Fernsehapparat einspielen müsste. Er bot mir sogar an, das Ersatzgerät nun zu stornieren.

Telekom-erfahren wie ich bin, einigte ich mich mit ihm darauf, dass ich zuerst das App installiere, gucke, ob es auch funktioniert und mich danach wieder an ihn oder einen seiner Kollegen wende, um das Ersatzgerät zu stornieren. Weiter wurde vereinbart, dass ich den alten Receiver persönlich beim Telekom-Shop abgebe, da ich dort unabhängig davon noch zwei weitere Mesh-Geräte kaufen wollte.

Keine 5 Minuten später lief mein Telekom-App und ich packte meinen Media-Receiver ein. Bevor ich mich auf den Weg zum Telekom-Shop machte, rief ich erneut bei der Telekom an und da die Unterlagen noch auf dem Tisch lagen, passierte ich den Telekom-Bot ziemlich schnell und erwischte den nächsten freundlichen Mitarbeiter. Wir waren uns sehr schnell einig, dass er den bestehenden Vorgang kannte und ich jetzt nur noch die Ersatzlieferung stornieren müsse. Er stornierte die Ersatzlieferung und machte mich dann darauf aufmerksam, dass ich von ihm noch Unterlagen benötige, um den alten Receiver beim Telekom-Laden abgeben zu können. Dann fragte er mich, ob ich einen Drucker zur Hand hätte und ich hätte es sofort wissen müssen! Kurz und gut, ich bejahte und er schickte mir per E-Mail einen QR-Code.

Im Telekom-Shop angekommen, erwischte ich sofort meinen Lieblingsmitarbeiter der Telekom und checkte gleich noch einmal die Verfügbarkeit eines schnelleren Internets ab und versicherte mich erneut darüber, dass ich informiert werde, sobald die Telekom in der Lage sei, um einen zeitgemäßen Internetzugang anbieten zu können. Leider muss ich mich weiterhin mit bis zu 50 MB abgeben, aber er versicherte mir, dass ich in ca. 2 Jahren die Chance auf einen Glasfaseranschluss bekommen könne.

Dann kaufte ich zwei Mesh-Geräte und gab meinen Media-Receiver ab. Dazu zeigte ich ihm den „benötigten“ QR-Code und er versicherte mir, dass dies nur dann nötig wäre, wenn ich den Media-Receiver bei der Deutschen Post abgeben wolle. Jetzt ergab die Nachfrage des freundlichen Mitarbeiters zuvor auch einen Sinn, denn dieser war wohl noch davon überzeugt, dass die Deutsche Post und die Telekom weiterhin ein und derselbe Laden sind und er kannte zudem wohl seine dortigen Kollegen und wusste deshalb ganz genau, dass die nur mit ausgedruckten QR-Codes etwas anfangen können.

Vom freundlichen Mitarbeiter des Telekom-Ladens erhielt ich auf alle Fälle eine schriftliche Eingangsbestätigung meines Altgerätes und die Versicherung, dass die Telekom und ich derzeit wieder voll und ganz auf einer gemeinsamen Welle reiten.

Heute Morgen erhielt ich dann eine freundliche SMS von der Telekom, dass mein neuer Media Receiver auf dem Weg zu mir wäre und ich wohl dank der Deutschen Post in einigen Tagen mit der Lieferung rechnen könne. Eine weitere SMS bittet mich darum, den Service der Telekom möglichst gut zu bewerten.

Solch einen Irrsinn kann man nur dann ertragen, wenn man wie ich seit Jahrzehnten mit der Telekom quasi verheiratet ist. Zugegebener Maßen hatte ich meine besten Zeiten, als ich noch beruflich bedingt mit anderen Telekommunikationsunternehmen zu tun hatte und noch heute laufen meine Server bei 1und1 oder Ionos, wie sich diese Firma wohl aktuell gerade nennt. Und so lange ich beruflich bedingt einen größeren Teil meines Einkommens monatlich an die Telekom überwies, war ich sogar einmal einer ihrer Premium-Kunden.

Angefangen hat diese Beziehung mit der heutigen Telekom als Zwangsehe, da man in den Anfangsjahren unserer Republik richtiger Weise davon ausging, dass Infrastruktur eine staatliche Aufgabe ist.

Zugegebener Maßen war die deutsche „Behördenverwaltung“ auch bei unserer Infrastruktur nicht mehr zeitgemäß, um zumindest mit anderen Ländern noch mithalten zu können. Besser wäre es gewesen, man hätte das deutsche Behördensystem überarbeitet und dabei beständig reformiert. So aber hat man sich dazu entschieden, einen Teil unserer Infrastruktur nach dem anderen zu verscherbeln und damit ganz bestimmte Kreise reich zu machen.

Letztendlich hat man aber die Behörden nicht abgeschafft, sondern nur Firmen dazwischen geschaltet, wobei die größeren Firmen ihre Behörden-DNA weiterhin beibehalten durften.

Sämtliche Vorteile, die wir Bürger tatsächlich spüren, sind in erster Linie dem technologischen Fortschritt zu verdanken und nicht der Privatisierung von Infrastruktur. Die Privatisierung der Infrastruktur hat alleine nur dazu geführt, dass wir Bürger immer mehr dafür bezahlen müssen, diese nun an allen Ecken und Enden bröckelt und wir wahrscheinlich erst 50 Jahre später ein glasfaserbasiertes Internet haben werden, als es ursprünglich einmal von unseren damaligen zuständigen Behörden noch anvisiert war.

So bleibt die Hoffnung weiterhin bestehen, dass ich alt genug werde, um wenigstens die Technologie erleben zu dürfen, die man bereits in meiner Jugend entwickelt hatte. Inzwischen ist aus einer Art Zwangs- gar eine Vernunftehe geworden, denn wir wissen beide, was wir aneinander haben, und ich möchte mich auch nicht immer von Neuem an jemand erst wieder gewöhnen müssen. Und ab und zu komme ich sogar ins Schwelgen, z. B. wenn ich an meine Zeiten mit den Münztelefonen denke — wobei es sehr lange dauerte, bis die Telekom auch R-Gespräche konnte. Dann an mein erstes eigenes Festnetztelefon — eine Micky Maus — oder an meine vergeblichen Bemühungen bei der Telekom an mein erstes Mobiltelefon zu kommen, die war nämlich damals immer noch verstärkt auf dem A-Netz Trip und das war mir eindeutig viel zu teuer. Später dann meine beständigen Kämpfe, um auch wirklich den neusten Communicator zu bekommen oder aber mein erstes iPhone, wobei mir der Telekom-Mitarbeiter unbedingt ein Telekom-Smartphone aufschwätzen wollte. Was letztendlich dazu führte, dass ich mir seither meine eigenen Telefone kaufe.

Seit mir die Telekom im Vertrag auch RTL unterjubelt und mir zudem beständig weitere Sport- oder andere Schmuddel-Apps andrehen möchte, glaube ich nicht mehr daran, dass aus der besagten Vernunftehe noch eine Liebesheirat werden wird.

Wohl eher ist es inzwischen ein gegenseitiges Belauern, nämlich darüber, wer wen überleben wird. Meine Zeit auf Erden ist natürlich begrenzt, was man von Telekommunikationsunternehmen leider nicht behaupten kann. Zwar sind diese beim heutigen Stand der Technologie bereits heute völlig obsolet, aber das kümmert bei uns keinen, vor allem keine Entscheidungsträger.

Dabei wäre es doch so einfach, sogar europaweit könnte eine einzige Behörde mit maximal 150 Mitarbeitern sicherstellen, dass jeder Haushalt einen Glasfaseranschluss bekommt und mobiles Internet vollumfänglich zur Verfügung steht. Diese Behörde müsste nur entsprechende Unternehmen mit dem Bau und Unterhalt der Kabel und Masten sowie den Betrieb des Netzes betrauen. Wir Bürger bräuchten nur ein entsprechendes Gerät kaufen, das sich dann kostenfrei ins Internet einwählt; den „Betrieb des Internets“ bezahlen wir wie wirklich alle anderen Infrastruktursachen auch über unsere Steuern.

Aber dies wäre viel zu einfach, würde uns allen auch noch sehr viel Lebenszeit für wichtigere Dinge freisetzen und uns zudem sehr viel an Nerven ersparen. Alleine die Rückgabe und Ausbuchung des neuen Media Receivers wird mich bestimmt wieder einen halben Tag kosten!

So aber können wir davon ausgehen, dass, sobald die Mehrheit der Bevölkerung erkennt, dass man bestimmte Dinge tatsächlich nicht benötigt, unser Staat sämtliche Telekommunikationsunternehmen verstaatlicht, diese zu einer Monsterbehörde zusammenfasst und diese Monsterbehörde dann alleine in Deutschland durch 17 neu zu schaffende Superministerien reguliert.

Das wird dann dereinst sicherlich ziemlich viele Bürger erzürnen und die Entscheider werden dann auf die ganz neue Idee kommen und „das Internet“ privatisieren. Neue „Telekommunikationsunternehmen“ werden entstehen, die dann gegen Gebühren zwischen den kommenden Generationen und der Monsterbehörde vermitteln. Und den künftigen Bürgern bestimmt ganz nebenbei auch wieder einen ganz neuen Media Receiver andrehen wollen.

„Es gibt Revolutionen, die machen die Welt komplizierter, und es gibt Revolutionen, die machen die Welt einfacher. Und es gibt Revolutionen, die machen die Welt auf komplizierte Art einfacher. Dazu gehört das Telefon.“

Christian Kämmerling, Die Weltwoche (28.8.2003)

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