Über Meinungen

4.8
(9)

Beitragsfoto: Have questions? | © Shutterstock

Bekanntlich muss man erst eine eigene Meinung haben, bevor man eine solche äußern kann. Aber in Zeiten wo man bereits als meinungsstark gilt, sobald man lautstark äußert, dass man Hunger hat, wird dies immer schwieriger.

Jüngst habe ich versucht, Studenten das mit den Primärprozessen zu erklären. Dabei gehört Abraham Maslow nicht mehr wirklich zu den aktuellen Wissenschaftsgrößen, sodass dessen Erkenntnisse und Theorien schon etwas länger zu uns durchgesickert sein dürften.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung impliziert dabei geradezu, dass man auch die Pflicht dazu hat, sich erst einmal selbst eine eigene Meinung zu bilden.

Selbst dann, wenn manche Wissenschaftler inzwischen davon ausgehen, dass ein Mensch eigentlich keine eigene Meinung haben könne, sollten wir dennoch alles daran setzen, um uns überhaupt eine eigene Meinung bilden zu können.

Dabei hilft es, dass man das „Objekt seiner Begierde oder seines Interesses“ aus möglichst vielen Richtungen heraus betrachtet und sich zudem zusätzliche diesbezügliche Informationen beschafft. Sich selbst und anderen dazu entsprechende Fragen zu stellen, ist ein probates Mittel.

Schnell wird einem dabei bewusst, dass es zum selben Thema die unterschiedlichsten Meinungen bereits gab und weiterhin gibt. All diese „Erkenntnisse“ betrachtend, bildet man sich so langsam aber sicher seine eigene Meinung, welche sich so wie das eigene Leben auch beständig wieder ändert, zumindest aber über die Jahre hinweg dann gut abgehangen ist.

Dabei gilt aber auch, dass es die eine Wahrheit für uns Menschen nicht gibt! „Wahr“ kann etwas nur außerhalb unserer eigenen Realität sein. Für die Gläubigen liegt dabei die Wahrheit bei Gott alleine. Mathematiker und Informatiker schaffen sich ganz pragmatisch ihre eigenen „Wahrheiten“, die allerdings mit der echten Welt selbst nichts zu tun haben. Wohl deshalb diskutiert man schon etwas länger darüber, ob das genutzte mathematische Modell überhaupt noch relevant sein kann und man nicht vielleicht doch auf ein anderes zurückgreifen sollte — aber selbst hierbei gehen die Meinungen völlig auseinander.

Da wir Menschen weder die Realität in Gänze erfassen werden können, noch der Wahrheit nur annähernd nahe kommen, sollten wir wenigstens versuchen, uns unsere eigene Meinung zu den Dingen und selbstverständlich auch zu den anderen „Ichs“ zu bilden.

Ob diese Meinung dann auch tatsächlich unsere eigene ist, sei einmal dahingestellt, wichtig ist, dass wir selbst daran glauben und diese mit bestem Wissen und Gewissen dann auch vertreten können.

Best Practice: man tut was man sagt und sagt am besten genau das, woran man selbst glaubt. Wohl wissend, dass man dabei auch völlig falsch liegen kann. Hierbei trennt sich wie schon immer die Spreu vom Weizen!

„Wenn du eine Herrschaft ausüben willst, dir zum Nutzen, niemanden aber zu Last, beseitige deine Fehler!“

Seneca, 15. Buch, 94. Brief (2023: 915)

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicken Sie auf die Sterne, um den Beitrag zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 4.8 / 5. Anzahl Bewertungen: 9

Bisher keine Bewertungen.

Es tut mir leid, dass der Beitrag für Sie nicht hilfreich war!

Lassen Sie mich diesen Beitrag verbessern!

Wie kann ich diesen Beitrag verbessern?

Seitenaufrufe: 67 | Heute: 4 | Zählung seit 22.10.2023

Weitersagen:

2 thoughts on “Über Meinungen

  1. >> Rathaus

    Ratsherren von Heilbronn.

    ………………………….. (Bürger treten herein, Stangen in der Hand, Wehren an der Seite.)
    Götz. Was soll das?
    Rat. Ihr wollt nicht hören. Fangt ihn!
    Götz. Ist das die Meinung?
    Wer kein ungrischer Ochs ist, komm mir nicht zu nah! Er soll von dieser meiner rechten eisernen Hand eine solche Ohrfeige kriegen, die ihm Kopfweh, Zahnweh und alles Weh der Erden aus dem Grund kurieren soll.
    (Sie machen sich an ihn, er schlägt den einen zu Boden, und reißt einem andern die Wehre von der Seite, sie weichen.)
    Kommt! Kommt! Es wäre mir angenehm, den Tapfersten unter euch kennenzulernen.

    aus Götz von Berlichingen 4. Akt, 2. Szene

    Beste Grüße
    Peter

    1. Lieber Peter, zumindest bei uns wir der Götz meist anders zitiert. 😉

      Übrigens, der Turm, in welchem er tatsächlich kurz einsaß, bevor er in einem Gasthaus untergebracht wurde, ist ca. 100 Meter von dem Ort entfernt, wo ich selber aufwuchs.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert