Beitragsfoto: Kaffeegenuss | © Pixabay | Mädchen
Schon wieder ein Gedicht! Die langjährigen Leser werden sich erinnern, denn Gedichte gab es früher hier zuhauf. Wer keine Gedichte mag, auch diese Leser kenne ich, der darf nun froh darüber sein, dass ich kein eigenes veröffentliche. Und ich kann froh darüber sein, dass ich im Gegensatz zu Wolfram Weimer meine Gedichte nie in Buchform veröffentlichte.
Und so kann ich nun frank und frei behaupten, dass meine Gedichte, weil ich sie in späteren Jahren für nicht sehr gelungen hielt, einfach selbst vernichtete, weit besser waren.
Der Grund für das heutige Gedicht und ich bemühe dabei sogar Friedrich Schiller ist ein ganz anderer. Als alter Mann überkommt zumindest mich ab und an das Verlangen, jüngeren Männern ein paar Ratschläge erteilen zu müssen. Ob das passend ist, sei dahin gestellt und auch ich habe als junger Mann des öfteren nur die Augen gerollt, wenn mir wieder einmal ein „Opa“ gut gemeinte Ratschläge erteilte.
Dabei ist es weit besser, die jungen Männer alle Fehler selbst machen zu lassen (Jean-Jacques Rousseau), wobei die besseren auch etwas daraus lernen; die intelligenteren lernen dabei sogar aus den Fehlern anderer.
Wenn man als junger Mann mit Schlampen zu tun hat und dies mehr sein soll als nur um Spaß zu haben, dann sollte man durchaus etwas aufpassen. Schöner als Schiller kann ich es dabei nicht formulieren!
Der Handschuh
Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.Und wie er winkt mit dem Finger,
Auftut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen
Und streckt die Glieder
Und legt sich nieder.Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behend
Ein zweites Tor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor,
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif,
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend,
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.Und der König winkt wieder;
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
Auf das Tigertier,
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf, da wirds still;
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern sich die greulichen Katzen.Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leun
Mitten hinein.Und zu Ritter Delorges spottender Weis
Wendet sich Fräulein Kunigund:
„Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß,
Wie Ihr mirs schwört zu jeder Stund,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf.“Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.Und mit Erstaunen und mit Grauen
Friedrich Schiller, 1797
Sehens die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück,
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
„Den Dank, Dame, begehr ich nicht“,
Und verläßt sie zur selben Stunde.



