Beitragsfoto: Mann beim Ausfüllen eines Formulars | © Pixabay
Marc Engelhardt schrieb den folgenden Artikel im Standard.
EU hilft beim Aufbau einer Armee
Auf einem Truppenübungsplatz in Uganda bilden Soldaten aus 14 europäischen Ländern die künftige Elite der somalischen Armee aus
Somalische Frauen demonstrieren in Mogadischu Kampfbereitschaft. Sie gehören zur islamistischen Miliz al-Shabaab, die gegen die Regierung und die Truppen der Afrikanischen Union (AU) kämpft. Foto: AP/Nor
Eine EU-Trainingsmission in Kampala unterstützt ugandische Soldaten beim Aufbau einer somalischen Armee. Es wäre die erste seit zwanzig Jahren. Es gab bereits Drohungen von islamistischen Milizen.
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Das Tor der Hotelanlage in Kampala, die europäische Soldaten seit April zu ihrem Hauptquartier umfunktioniert haben, ist derzeit besonders schwer bewacht. Seit somalische Islamisten vor einer Woche in zwei Lokalen der ugandischen Hauptstadt Sprengsätze detonieren ließ, die 76 Menschen in den Tod rissen, ist die Sicherheitsstufe nochmals erhöht worden. Die Arbeit der “EU-Trainingsmission Somalia” sei aber nicht beeinflusst worden, versichert Pressesprecher Juan Pita.
Auf einem Truppenübungsplatz im Südwesten Ugandas bilden Soldaten aus derzeit 14 europäischen Ländern die zukünftige Elite der somalischen Armee aus. Das Bundesheer ist nicht beteiligt. Seit fast zwanzig Jahren hat Somalia keine funktionierende Regierung mehr, keine Polizei und auch keine Armee. Somalias Übergangsregierung, die nur einen kleinen Teil der Hauptstadt Mogadischu kontrolliert, wird nur von einer auf 2 000 Mann geschätzten Söldnertruppe geschützt sowie von der dreimal so starken Militärmission der Afrikanischen Union (Amisom). Um offensiv gegen die islamistischen Milizen vorzugehen, bat Präsident Sharif Sheikh Achmed um Hilfe. Die EU-Mission ist hierhergekommen, um die ugandische Armee bei der Ausbildung somalischer Rekruten zu unterstützen.
Start bei null
Bei vielen startet die Ausbildung bei null, weiß der deutsche Oberstleutnant Heinrich Kümmerle. “Praktisch jeder hat schon mit Maschinengewehren gekämpft, aber viele wissen trotzdem nicht, wie man das Gewehr richtig hält.” Andere wundern sich beim Geländetraining, dass die Kompassnadel stets nach Norden zeigt. “Der eine oder andere besteht darauf, sie müsste doch eigentlich nach Osten zeigen.” Die Ausbilder lassen sich aber auch nicht davon aus dem Konzept bringen, dass viele Rekruten nicht lesen oder schreiben können. “Unser Konzept heißt vormachen, erklären, nachmachen, üben – das geht auch ohne Lesen.”
Während Ugandas Armee die Grundausbildung der zurzeit 912 somalischen Rekruten übernimmt, kümmert die EU-Mission sich um die Spezialisierung der Soldaten. Einige werden zum Junioroffizier ausgebildet, andere zu Spezialisten im Häuserkampf. Auch für Kommunikation, Erste Hilfe und den Umgang mit Landminen werden Spezialkräfte herangezogen. “Wir wollen alle Teileinheiten ausbilden, aus denen dann im letzten Monat eine funktionierende Armee entstehen soll”, erklärt Pita. Zum EU-Programm gehören außerdem Ausbildungen in Menschenrecht mit einem Schwerpunkt auf Frauen- und Kinderschutz. Die Motivation ist trotz Drohungen der Islamisten ungebrochen, sagt Pita. “Wenn man fragt, warum bist du hier, dann lautet die Antwort stets: weil ich den Krieg in meinem Heimatland beenden will.”
(Marc Engelhardt aus Kampala/DER STANDARD, Printausgabe, 20.7.2010)