Christkind

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Beitragsfoto: Engelchen | © 165106 auf Pixabay

Nicht nur die ersten Jahresabrechnungen oder -rückblicke flattern ins Haus bzw. den Posteingang, sondern auch die ersten Weihnachtsgrüße. Mancher Absender hat das Ganze gekonnt kombiniert und so werde ich sicherlich in den kommenden Tagen noch so manches Kleinod bestaunen können.

Meine bessere Hälfte hat das erste Weihnachtskügelchen an unseren metallenen Weihnachtsbaum geheftet und am Kranz aus Stahl brennt bereits die zweite Kerze. Und seit heute Nacht gehen mir die folgenden beiden Zeilen nicht mehr aus dem Kopf: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind – auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind.“ Der Text stammt von Wilhelm Hey und die Melodie von Friedrich Silcher, der bereits vor Kurzem hier Erwähnung fand, da er auch die Schillersche Lore-Ley vertonte. Derweil trällert Bing Grosby ein paar Weihnachtslieder, dafür sorgt mein kleines Serverlein. Man muss nicht gleich auf die Osterinseln reisen, um ein wenig in Weihnachtsstimmung zu kommen — in unseren Breiten sorgen alleine schon Handel und Wirtschaft dafür, dass wir bereits möglichst früh allesamt in eine bessere Stimmung gelangen.

Weltweit sorgt dafür inzwischen ein großer, dicker, weißer alter Mann, und wenn es nach Hollywood ginge, dann darf es gerne auch ein großer, dicker, schwarzer alter Mann sein. Auf alle Fälle groß und stark und Mann, was wohl den beiden traditionellen Gestalten Nikolaus und seinem Knecht Ruprecht geschuldet ist, die schon etwas länger in unseren Gefilden unterwegs waren, um den Kindern das Christentum „einzuprügeln“.

Bereits zu meinen eigenen Kindergartenzeiten waren beide wohl aufgrund Personalmangels ein und dieselbe Person (meistens ein Vater eines der Kinder), was die ursprüngliche Aufgabenteilung bestimmt nicht vereinfachte. Vielleicht gerade deshalb bekam jüngst der schwarze männliche Weihnachtsmann aus Hollywood nun eine fast bösartige weibliche weiße Elfe an seine Seite. Auf alle Fälle aber macht man sich wieder etwas mehr Gedanken darüber, wie man diesen alten Brauch auch in die Neuzeit mit überführen kann.

Ohne Frage hat man es dabei aber schon viel länger erreicht, dass der Weihnachtsmann, wenn nicht gar universell, zumindest aber global unterwegs ist und egal ob Chinesen, Inder, Afrikaner, Europäer oder Araber alle etwas mit dem Weihnachtsmann anfangen können. Welches Kind wird wohl die Gelegenheit versäumen wollen, um an Geschenke zu kommen?

Und während sich die Intellektuellen weltweit weiterhin Gedanken darüber machen, welches Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder gar Grad einer körperlichen oder geistigen Einschränkung der Weihnachtsmann haben soll oder muss und ob dieser dann eher gut- oder bösartig, friedliebend oder gewalttätig ist, kommt seit gut 2 000 Jahren „das Christkind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind“. In all dem Trubel von den meisten von uns inzwischen völlig unbemerkt und offensichtlich auch ganz folgenlos.

Mal ganz unter uns, welcher von meinen Lesern hat sich überhaupt schon einmal darüber Gedanken gemacht, welches Geschlecht oder gar Hautfarbe das Christkind hat — eher doch denkt man, wenn man seinen Glauben überhaupt noch personifiziert, dabei dann an ein kleines Engelchen und das dürfte — vielleicht bis auf jene Engel aus Hollywood — geschlechtslos sein. Und wer von uns denkt schon, wenn er zu seinem Gott spricht, dann darüber nach, ob dieser ein Mann, eine Frau oder irgendetwas dazwischen ist?

Vielleicht war oder ist die Zählweise bei den Zehn Geboten, in der das zweite lautet: „Du sollst dir kein Bildnis machen“ – gar nicht so schlecht. Es hätte uns vielleicht sogar so manchen Trubel erspart, wie z. B. jenen vor unserem Stadttheater, nämlich als ein schwuler Jesus die dortige Bühne betrat.

Was uns schon wieder zum Christkind führt, das von all diesen Fragestellungen völlig unbelastet sein darf, was es ist oder vielleicht auch nur sein möchte. Und so können wir uns in den noch verbleibenden zwei Wochen darauf konzentrieren, was denn die eigentliche „Message“ unseres christlichen Glaubens ist und uns vielleicht sogar darüber freuen, dass das Christkind — wie die letzten 2 000 Jahre auch — weiterhin zu uns Menschen kommt.

Ich überlege mir derweil, ob ich doch noch ein paar Adventsgedanken „zu Papier bringe“ und werde sicherlich nicht umhinkommen, spätestens zum Jahreswechsel ebenfalls einen Jahresrückblick zu veröffentlichen. Bis dahin wünsche ich allen meinen Lesern einen besinnlichen Advent, egal ob gerade auf der Aida, den Osterinseln, auf Hawaii oder nur in einem der wieder viel zu häufig vorkommenden Schützengräben dieser Welt.


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