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Protokolle 6. Hertensteiner Gespräche

Hier können die damals erstellten Protokolle angefügt werden. Damit bleiben diese einem interessierten Leserkreis erhalten.

Welche Zeitenwende brauchen wir Europäer?
(6. Hertensteiner Gespräche auf demTheaterschiff Heilbronn, 17.9.2023 von 12:00 bis 13:30 Uhr - Moderator: Prof. Dr. Walther Heipertz, Heidelberg)

Zur Einleitung nahm der Moderator Bezug auf die -- zuvor bereits versandten bzw. im Internet bereitgestellten -- Unterlagen, um zum Gespräch zu den dort abgeleiteten „Grundfragen“ hinzuführen, bzw. einigen wesentlichen, soweit man kommt. Der versammelte Kreis war diesmal keine Teilgruppe, sondern es nahmen -- wie geplant bei diesem, nach der Coronapandemie ersten wieder nicht virtuellen, Treffen -- alle aktuell anwesenden TeilnehmerInnen teil.

Anknüpfend an den vorangehenden Vortrag von MdB Michael Link wurde zunächst darauf hingewiesen, dass selbstverständlich auch hier die Zuspitzung der Fragen und ihrer Dringlichkeit - unter der Überschrift „Zeitenwende“ - ihren wesentlichen Anlass im Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat. Der Moderator erläuterte noch mal, inwiefern er mit seinem Ansatz, von zwei europapolitischen Veröffentlichungen der jüngeren Zeit auszugehen, speziell auch dieser Dringlichkeit Rechnung tragen wollte.

Es stelle sich eben unter diesen Vorzeichen viel schärfer die Frage, was Europa überhaupt zustande bringen könne und müsse. Dies verbunden natürlich mit der - sicher bei fast jedem vorherrschenden - Wahrnehmung, dass Europa tatsächlich insgesamt eher disparat, desolat, vielleicht sogar wenig aktionsfähig wirkt und ist aktuell vielleicht wirklich komplett in seiner Reaktionsschwäche getroffen und „vorgeführt“.

Somit stelle sich eben die generelle Frage, wie es mit Europa weitergehen kann oder muss, existenziell und gleichsam keinen Zeitaufschub mehr duldend!“

Der Moderator ging bei seiner Konzeption jetzt gleichwohl aber davon aus, dass selbst der größte Schock in der Regel allenfalls nur kurze Reaktionen auslösen kann, nicht aber wesentlich an den Grundlagen, die eine vom Schock getroffene Situation oder Organisation betreffen, etwas ändert - außer, es handelte sich um offensichtlich überflüssige Hindernisse, die durch die plötzliche Einsicht aller Beteiligten sich auflösen, wonach es allerdings nicht aussehe. Es schien deshalb für eine entschiedenere Orientierung wichtig, gerade wegen dieser dramatischen Situationen noch mal nach - quasi „ganz neuen“ - Wegen zu suchen, um womöglich schneller und tragfähiger im Bewusstsein engagierter Europäer, dann aber auch der substanziellen europäischen Zusammenarbeit, Desorientierung und Verzagtheit zu überwinden. Dies jetzt auf dem Wege, dass idealerweise verdeckte bzw. ‚verhakte‘, mentale Hindernisse zunächst herausgearbeitet und bearbeitet bzw. sogar tendenziell beseitigt werden.

Die Idee war, in einer bestimmten „Methodik“ mit zwei Veröffentlichungen mit erkennbar konträren Schlussfolgerungen hinsichtlich zu empfehlender weiterer Strategien für Europa zu arbeiten. Mit Veröffentlichungen aber, die noch nicht - alles überstrahlend - nur als Reaktion auf diesen Krieg entstanden sind, durchaus aber schon im Umfeld zunehmender Spannungen in und um Europa. Es sollte sich dabei nicht nur lesend und verstehend eine Meinung zum Autor gebildet, sondern in einer ausdrücklich ‚noch mal hinzukommenden Vergleich vertieft betrachtet werden, wie diese unterschiedlichen Schlussfolgerungen - auf viele ganz parallele Sachverhaltsbeschreibungen, die dort aufgrund des Erfahrungshintergrunds dieser Autoren auch zu erwarten waren, zum Teil auch sehr vergleichbar beschrieben und geschildert werden - im Detail unterschiedlich abgeleitet wurden.

Die Überlegung war, zumindest eine verlässlichere, kritischer geprüfte, eigene Stellungnahme hierzu entwickeln zu können, vor allem aber auch dadurch, dass vielleicht erkennbar wird, welche ‚Vorentscheidungen‘ für diese Differenzen mitentscheidend sind, die zwar vom Autor selbst als expliziert, bzw. sich selbstverständlich ergebend  ‚verstanden‘ werden, im Spiegel der gegensätzlichen Schlussfolgerungen und deren evtl. ebenfalls flüssigen Nachvollziehbarkeit es aber gar nicht sind!

Erst so werde dann aber im Umkehrschluss deutlich, dass etwa die Richtung von Edzard Reuter, im Sinn der Ermunterung zur nationenüberwindenden Vereinigung, und die von Dohnanyi, im Sinne quasi einer notwendigen ‚Abrüstung‘ genau dieser Ansprüche, letztlich mehr Meinungen sind als bereits ‚bewiesene‘ Notwendigkeiten, als was sie der jeweilige Autor selbst aber durchaus mehr oder weniger versteht, denn er will es ja gerade als unausweichlich plausibilisieren.

Geradezu dem ganz entgegengesetzt habe sich dabei dann – so der Moderator - als erstes wichtiges Ergebnis gezeigt, dass die Zuspitzung zur polarisierten Positionen im Zusammenhang mit dem Gesamtproblem fast bedeutungslos ist, obwohl die Autoren sich selbst natürlich im Wesentlichen zur Schlussfolgerung hin bewegen und da  dann auch den Schwerpunkt setzen.

Ziel und Ergebnis dieser vergleichenden und vertiefenden Lektüre sei allerdings nicht das Erschaffen grundsätzlicher Friedlichkeit zwischen den unterschiedlichsten Positionen gewesen. Hieraus ergebe sich nämlich keine Beruhigung und Kontemplation, etwa das unverdrossene, meditative Stillehalten, obwohl in der Nachbarschaft die Wände zusammengeschossen werden. Das Räsonieren, Diskutieren und der Austausch reichten nicht etwa schon aus, frei nach dem Teebeutelspruch „Der Weg ist das Ziel“. Es sei nur - solange man noch reden kann und reden will, etwa in unserem Gesprächskreis auf so einem Theaterschiff - eine Methode, viel fundierter auch für eventuelle Konfliktsituationen, an deren purer Existenz wir ja leider nicht mit einem Fingerschnippen etwas ändern können, klarer Position zu beziehen.

Es sei ja auch mit dem vorbeschriebenen „vergleichenden und vertiefenden Lesen“ von mehr als immer nur einem Trendsetter o. ä. gar nicht getan. Wie in der Vorlage schon näher ausgeführt, bedeutet ja diese ‚Entdeckung‘ der bloßen Faktizität von sehr viel impliziter, primär eben nicht offensichtlicher Vorentschiedenheit, dass man dann auch die Fragen identifiziert, zu denen eben bereits Antworten gegeben worden sind, quasi die für diese Vorurteile anlassgebenden Probleme. Die aber seien evtl. schwierig zu fassen, denn sie sind ja vermutlich deshalb so verborgen geblieben sind, weil ihre Komplexität bzw. Widerständigkeit gegen einfache Antworten, im Zuge etwa eines verspürten und realen Handlungsdrucks, zu viel Unsicherheit und kognitive Dissonanz auslösen, sodass sie eben „verschlossen abschließend“ beantwortet wurden.

Eine solche Grundfrage sei eben beispielsweise, ob man einerseits durchaus noch sehr umfänglich im nationenbezogenen Kontext lebt und denkt, hier aber gewisse Unzulänglichkeiten spürt und deshalb quasi besonders enthusiastisch und im Bedürfnis nach einer Lösung ‚nach vorne‘, also der Schaffung eines, größeren, leistungsfähigeren Ganzen, unbesehen ein Konzept vom Ganzen hat, das seine Teile geradezu ignoriert oder gar hasst.

Das sei ein Spannungsfeld, das sehr stark wirksam sein könne, das aber von vielen eben nur implizit beantwortet wird, im Sinne eines Enthusiasmus für das eine (z. B. E. Reuter) -- was dann auch gegebenenfalls bei kritischen, konkreteren Fragen sich sogar wieder völlig ins Konfrontieren und Abgrenzen hin demaskieren kann -- , oder einer starken, immer grundsätzlicher werdenden Gegenreaktion im Sinne des Bedenkentragens, vielleicht sogar des Kleinbleibens auf der anderen (K. v. Dohnanyi). 

Im Zuge dieser - zunächst nur beispielhaft für die Bedeutung und Herleitung solcher „Grundfragen“ vom Moderator angesprochenen  - Thematik, die eigentlich zur Diskussion dieser Frage und dann auch der anderen überleiten sollte, wurde aber deutlich, dass allein sie schon Gegenstand eines eigenen Gesprächskreises sein könnte und sollte, möchte man tatsächlich fundiert zu Fortschritten und mehr Selbstgewissheit kommen, mit denen man dann in der weiteren europapolitischen Diskussion in der Öffentlichkeit wachsamer, sensibler, genauer und bestimmter würde auftreten können.

Es wurde deshalb auf Nachfrage vorgezogen, dass nun eher noch das gleichsam nachgeholt wird, was im Konzept der Vorbereitung der Veranstaltung quasi vorausgesetzt war: die Auseinandersetzung mit den - bzw. zunächst mal die Kenntnisnahme der Hauptaussagen der - zugrundegelegten Veröffentlichungen, um daraus dann vielleicht noch einige andere Grundprobleme zu benennen, die beide Autoren gleichsam verdeckt für sich bereits entschieden haben.

Der Moderator skizzierte deshalb nochmals gekürzt die Argumentationsstränge der beiden Autoren, wie sie auch in den Exzerpten ausführlicher nachlesbar sind. Danach wurde aus der nachfolgenden Synopse auszugsweise der erste Schwerpunkt („Europäische Ambitionen als antinationale Sackgasse oder ganz im Gegenteil“) diskutiert, indem der Moderator u. a. ausführt, wie sich aus seiner Sicht u. a. die bereits erwähnte Nationenfrage nach Art und Bedeutung für die Probleme der EU genauer konturieren lässt.

Zum Abschluss wurde noch mal festgestellt, dass solche Grundfragen mehr Raum der Diskussion benötigen und anzustreben ist, dies in Zukunft mit jeweils mehr Zeit und Fokussierung tatsächlich wieder in Gesprächsgruppen zu bearbeiten. Ziel solcher themenzentrierter Gesprächskreise müsse sein, sich durch vertiefte Orientierung in Grundthemen unseres europäischen Engagements und Interesses auch wieder mehr Tatkraft und Richtung zu geben, um entmutigungsresistenter in der komplexen Suche Europas nach sich selbst und seiner Formierung wieder mehr Bürgerbewegung von unten mit zu erschaffen. Eine solche sei unabdingbar, weil die - durchaus unverzichtbaren und keineswegs zu diskriminierenden - Äußerungen der europäischen Funktionsträger ohne Einbettung in einen lebendigeren, kontinuierlicheren Bürgerdialog in der Regel nur als „Werbeblock“ durchgewunken würden.

Ursula Hecht protokollierte den Gesprächskreis mit Michael Georg Link MdB.

 

6. Hertensteiner Gespräche, 17.09.2022

Mit viel Engagement haben Bettina und Heinrich Kümmerle das 6. Hertensteiner Gespräch vorbereitet und dazu eingeladen.

Die Veranstaltung fand dieses Jahr – nachdem sie im letzten Jahr nur virtuell durchgeführt werden konnte - im Theaterschiff auf dem Neckar in Heilbronn statt und diese besondere Kulisse gab der Veranstaltung auch einen besonderen Pfiff.

Kreisvorsitzender Heinrich Kümmerle begrüßte die zahlreichen EU Mitglieder aus ganz Baden-Württemberg und die Gäste und sein besonderer Gruß galt den Teilnehmern der Stadtverwaltung, den anwesenden Gemeinderäten, sowie den Kreisvorsitzenden aus Stuttgart und Mannheim.

Aber was sind die Hertensteiner Gespräche und was beinhaltet das Programm?

Im September 1946 wurde in Hertenstein, Schweiz, das Programm in 12 Thesen von Europäischen Förderalisten beraten und beschlossen und vorgestellt. 70 Jahre nach dieser Verkündung wurden das Programm in der Veranstaltung der „Hertensteiner Gespräche“  wieder aktiviert und in Heilbronn dank unserem Kreisvorsitzenden nun in Zukunft regelmässig jedes Jahr abgehalten.

Das Ziel ist: es soll ein förderalistischer demokratischer europäischer Bundesstaat entstehen mit dem Ziel einer Weltunion!

Zwar drehen sich die Hertensteiner Gespräche um Europa – jedoch seit Februar 2022 liegt der Schwerpunkt auf dem Angriffskrieg der Russischen Förderation gegen die Ukraine, deswegen war die 6. Gesprächsrunde auf dies Thema focusiert.

Michael Georg Link MdB und Vorstandsmitglied der EUROPA-UNION Heilbronn sprach als 1. Redner zum Thema:  

Europa im Krieg?

Weckruf: Kann man die europäische Union noch zusammenhalten?

Darauf antwortet Link: gerade jetzt muss Europa vereint da stehen. Bis jetzt waren wir Trittbrettfahrer und haben die Sicherheit genossen.

Aber was lernen wir kurzfristig und langfristig aus dem Kriegsgeschehen? Und er gliedert seinen Vortrag in

Vorgeschichte -- Jetzt Zustand –- Ausblick

  1. Ein lang stattfindender Konflikt seit Putin als Diktator seit 24 Jahren regiert. Unsere häufigen Wahlen bedeuten für ihn Schwäche.

Er will die Ausdehnung seines Herrschaftsreiches – wir wollen wirtschaftliche Stärke und Frieden.

Narrative sind leicht aufbaubar in diesem Land. Durch Gehirnwäsche des russischen Volkes, beginnend im Kindergarten zeigt er uns als Schwach- als Gegner, als Gefahr. Die eingesetzten Vertreter sind nichtdemokratisch gewählt worden und werden von oben gesteuert. Und die russische Kirche, chauvinistisch, mit überkommener Gesellschaftsstruktur wird sehr angenommen.

  1. Der Konflikt hat sich schon lange angedeutet, wie die Teilbesetzungen Georgiens 2008, die Krim 2014 , beschlossen in der Duma als unentbehrlicher Teil Russlands. Link betont, wir haben die Augen geschlossen, lange nicht erkannt wie Putin sein Reich vergrößern will.

Dass die Ukraine unabhängig ist – war Putin ein Dorn im Auge. Er wollte die Ukraine auf dem Weg in die EU stoppen.

Die Ukraine – ein Volk mit 50 Mio Einwohnern sieht aber ihre Zukunft in der EU, sie ist eine Willensnation! Und es kommt nicht auf die ethische Herkunft an – ein Vielvölkerstaat ist wichtig! 

Aktuell sieht Link hier einen Abnutzungskrieg, einen Partisanenkrieg in den die ganze Familie integriert ist. Bekannt ist, dass Schützenpanzer fehlen um die Soldaten sicher zu transportieren und dass die Ukraine derzeit viel Gebiet zurückerobert hat – ist wichtig.

  1. Als Ausblick steht fest, dass Europa in allen Bereichen in der Lage sein muss, kritische Bedürfnisse wie Energie, Techniken selbst herzustellen. Und er weist darauf hin, dass China mit Abstand viel gefährlicher sei. Effizient, alles dokumentiert – schnell reagierend. China will in der UN das Völkerrecht neu definieren: Democracy that works!

Link stellt zum Abschluss seines Vortrages fest:

Was kann Europa tun:

Die bisher gewünschte Friedensordnung muss in eine gewünschte Konfliktordnung wechseln – auch durch militärische Abschreckung! Wir müssen die Konflikte bearbeiten! Die EU stärken!

Sanktionen gegen Putin wirken – aber sie bewirken noch nicht genug!

Nur durch Kompromisse können sich europäische Staaten weiterentwickeln.

Fazit: Wir brauchen mehr Europa. Gemeinsam sind wir stärker!


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  • Ergänzung: Die Inflation ist stärker als vor dem Euro?

    Nein. Seit 25 Jahren gibt es den Euro. Das Eurosystem (EZB + Nationale Zentralbanken) haben das Inflationsziel zwischen 1999 und 2020 im Durschnitt deutlich besser erreicht als es davor der Fall war. Die Phase der jetzigen Inflation in Folge der Corona-Krise und der Lieferengpässe und der Energiekrise hat die Preise weltweit 2021, 2022 getrieben. Die Inflation sinkt seit Ende 2022 kontinuierlich und nähert sich wieder den 2 % an.
    Darüber hinaus hat die gemeinsame Währung Europa Stabilität in diversen Krisen gegeben.
    Die gemeinsame Währung stützt den Binnenmarkt und hat Deutschland geholfen, starke Exportleistungen zu erzielen.

  • Zum Protokoll des Gesprächskreises „Europa jetzt!“ würde ich gerne hinzufügen, dass wir Teilnehmer auch darüber debattiert haben, wie „selbstverständlich“ Europa gerade für uns jüngeren geworden ist. Viele von uns kennen es gar nicht anders. Reisen ohne Grenzen, zahlen in Euro, keine Zollgebühren beim Onlineshopping, anders kennen wir es fast nicht. Es gilt, diese Freiheiten aufzuzeigen um das Interesse an Europa zu wecken.
    Ebenso war sich der Großteil der Gruppe einig, dass wir keine Angst haben, sondern Bedenken und Unsicherheit empfinden, wenn wir die aktuellen Entwicklungen beobachten.

    • Wie wir feststellen durften ist die Halbwertszeit solcher Runden nicht ausreichend, um ein Forum nur annähernd zu füllen. Wo die Unverbindlichkeit zum Prinzip erhoben wurde, muss man tatsächlich über ganz neue Kommunikationskanäle nachdenken.