Führung

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Beitragsfoto: Feiernde Menschen | © Shutterstock

Es wird unheimlich viel und meist sehr viel Unheimliches über Führung geschrieben. Ein erstes Anzeichen dafür, dass es sich dabei um „Bullshit“ handelt, ist, dass man schon einmal das Ganze bei uns im deutschen Sprachraum ohne jeglichen tieferen Sinn „Leadership“ nennt.

Diese vermeintlichen und meist selbst ernannten Leader leadershippen dann die Geleaderten auf Teufel komm raus. Und wenn dann alle geleadert sind, stecken sie sich eine Zigarette in den Mund und schauen in imaginäre Kameras ähnlich wie nach einem Pornodreh.

Allen Leadershippern empfehle ich spätestens jetzt mit der weiteren Lektüre dieses Blog-Beitrages aufzuhören! Denn es geht hier nur einzig und alleine und dies zudem ganz grundsätzlich um schnöde Führung.

Und diese fängt bekanntlich am Randstein an. „Er kann keine Gruppe über den Randstein führen!“ ist eine jedem deutschsprachigen Soldaten bekannte Aussage und ähnlich aussagekräftig wie „Er kann keinen Nagel gerade in die Wand schlagen!“

Und schon sind wir in medias res und gleich beim Kern der Sache. Führung ist zugleich eine Gruppenerfahrung und Handwerkszeug. Sobald zwei Menschen an einer gemeinsamen Sache dran sind, findet bereits Führung statt, ob diese Personen es wollen oder nicht.

Um das Ganze zu beschleunigen, wird beim Militär sofort einer von beiden zum Führer ernannt und sollte dies aus irgendeinem Grund unterblieben sein, ernennt sich einer von beiden selbst. Er hat dann aber auch die Torte im Gesicht, denn Führung und Verantwortung sind unteilbar. Ein Beispiel ist der Streifenführer, jeder Wehrpflichtige war selbst einmal ein solcher.

Heute leider notwendiger Einschub: dies sehen „agile Päpste“ etwas anders und schwadronieren von einer „Teamverantwortung“. Dies aber auch nur, solange sie nicht selbst vor dem Richter stehen oder es um keine Zahlungsverpflichtung geht. Denn dann wird sofort und bis in die kleinste Einzelheit die individuelle Haftbarkeit eruiert, denn bekanntlich gibt es bei uns keine „Sippenhaft“. Letztendlich entscheidet dann ein Richter darüber, wer der Führer war. — Jede Führung hat Konsequenzen! Keiner hebt einen Hammer völlig umsonst.

Ganz offiziell wird es erstmals dann, wenn drei bis vier Menschen zusammenkommen, denn dann spricht man bei uns von einem Trupp — man sollte geflissentlich nicht von Troop oder Squad reden, da dies überhaupt keinen Mehrwert hat und höchstens zur weiteren Verwirrung beiträgt. Denn dann ist einer davon der Truppführer und damit der nächst höheren Führungsebene gegenüber verantwortlich.

Und schon sind wir bei der Gruppe angelangt, die im Neudeutschen so gerne als Team bezeichnet wird; bleiben wir hier nun aber beim Gruppenführer und lassen den Teamleader einmal ganz außen vor. Und jeder von uns kennt solche Gruppen, ob nun beim Sport, Spiel, Wirtschaft, Gesellschaft oder Militär. Die Gruppengröße kann dabei zwischen fünf und zwölf Menschen variieren. Warum eine Gruppe selten größer ist, hat nicht nur etwas mit den Kommunikationskanälen zu tun, sondern viel mehr mit der menschlichen Fähigkeit, zu wie viel Personen ein Mensch eine engere Bindung aufbauen kann. Die Zahl Zehn hat sich dabei über die Jahrtausende ganz gut bewährt, zumindest beim Militär.

Und schon sind wir bei der Anzahl von Menschen, die ein Führer unfallfrei über den Randstein führen können muss. Alles was danach kommt, ist dann bloß noch „höhere Mathematik“. Deshalb bleiben wir bei unserer grundsätzlichen Betrachtung bei der Gruppenstärke.

Einschub für die ganz Neugierigen: wer sich bei der Gruppenführung bewährt, der darf sich später an einem Zug (30 bis 50 Menschen) versuchen und wem dies gelingt, der wird seine höheren Weihen bei einer Hundertschaft (Kompanie) verdienen dürfen. Alles was dann die 120 Personenstärke überschreitet, gehört dann schon eher in den Bereich der „Astronomie“, da wir damit den menschlichen Erfahrungshorizont von fast 200 000 Jahren mit Großfamilien (Clans etc.) verlassen und ganz andere Mechanismen greifen und greifen müssen — auch und ganz besonders in der Führung dieser Menschenmassen.

Dies ist auch der Grund dafür, warum z. B. Parlamente oder Firmenzentralen, welche die Größe von gut 120 Menschen überschreiten, zum Scheitern verurteilt sind. Der Mangel an entsprechend qualifizierten Führungskräften besteht schon seit Ur. Und schon seit dieser Zeit bemüht sich die Menschheit bisher vergebens darum, geeignete Mittel und Möglichkeiten zu finden, um dieses menschliche Defizit vollumfassend ausgleichen zu können.

Nun aber wieder zurück zum großen Einmaleins der Führung, nämlich der Gruppenführung. Damit ist nun auch geklärt, dass die beiden anderen „niedrigeren“ Führungsgrößen dem kleinen Einmaleins zuzurechnen sind. Das kleine Einmaleins der Führung sollte — besser noch müsste — jeder von uns bis spätestens nach der Grundschule gelernt haben und übt sich später in Vereinen, beim Sport oder in der Gesellschaft nur noch und dies hoffentlich mit der Absicht zur Perfektion.

Und bereits hierbei stellt sich heraus, dass es nicht ausreichend ist „Führen zu können“, sondern mehr noch das „Führen wollen“ ist das wirklich Ausschlaggebende. Die Krux dabei, es gibt sowohl Menschen, die gerne führen wollen, dies aber nicht können, als auch Menschen, die führen können, dies aber nicht möchten. Menschen, die andere gerne führen und dies auch können, dürften dabei die Minderheit stellen. Deshalb gibt es nicht nur beim Militär eine Führerausbildung. Aber selbst jene, die von Anfang an den Hammer gerade in die Wand schlagen können, müssen sich beständig weiter darin üben! Wie im echten Leben auch, kein Führer fällt so einfach vom Himmel!

Zum großen Einmaleins der Führung bedarf es somit immer eines Führers und einer Gruppe. Für alle ist es dabei Voraussetzung, dass sie das kleine Einmaleins der Führung nicht nur kennen, sondern zumindest auch können. In Zeiten, wo dies nicht mehr der Fall ist, werden die Führer verheizt wie Braunkohle im Bollerofen! Die Gruppenergebnisse sind dementsprechend.

Denn Führung ist immer eine Gruppenleistung! — und dies schon immer und vor allem noch bevor es überhaupt so etwas wie „agile Methodiken“ gab.

Im Falle, dass eine Gruppe keinen Führer oktroyiert bekommt, hat sie einen Führer zu ernennen! — siehe kleines Einmaleins der Führung. Dieser Führer führt dann die Gruppe zum Erfolg, indem er das kleine Einmaleins der Führung durchsetzt. Er ist also neudeutsch der Moderator, Schlichter, Vermittler, Tröster, Zuhörer und wenn notwendig auch der Impulsgeber, vor allem aber ist er der alleine Verantwortliche für den Gruppenerfolg.

Die Gruppe ist dabei so stark wie ihr schwächstes Glied, weniger gut, wenn dies der eigene Führer ist. Und jeder Führer, egal wie gut er auch sein mag, ist nicht besser als seine Gruppe. Guten und erfahrenen Führern gelingt es dabei, ihre Gruppe neudeutsch zu coachen, aus- und weiterzubilden und damit das Gesamtergebnis der Gruppe weiter zu verbessern.

Gute Gruppen wiederum machen aus passablen Gruppenführern ganz gute Gruppenführer. Zumindest beim Militär machen gute Gruppen aus schlechten Gruppenführern ehemalige Gruppenführer!

Wie das alles vonstattengeht, könnte man in ganzen Büchern ausbreiten, besser aber ist es, man erfährt es selbst dadurch, dass man in Gruppen mitarbeitet und diese zu führen beginnt.

Denn Führung ist Handwerk und muss gemacht werden! Führung kann man sich nicht anlesen und auch nicht mithilfe von Youtube-Videos erlernen. Führung ist das Erfahren von Gruppendynamik, gemeinsamen Misserfolgen, gemeinsamen Erfolgen und letztendlich das Schaffen oder auch nur das Aufrechterhalten des Gruppenzusammenhalts.

Ja, es gibt die unterschiedlichsten Arten von Führung und Führungsstilen, meist rein akademischer Natur. Kein Führer erschafft neue Menschen und schon gar nicht sich selbst. Jeder Führer muss mit genau den Menschen arbeiten, die er vorfindet, einschließlich sich selbst.

Dazu gehört es aber auch, dass man als Führer Menschen liebt. Wer lieber introvertiert in einer Ecke sitzt, der sollte von Führung Abstand nehmen.

Und so gehört es mit zum großen Einmaleins der Führung dazu, dass man dies anerkennt und dabei selbst immer authentisch bleibt. Die Gruppenmitglieder müssen wissen, woran sie sind, ganz egal wie man auch ist — gemeinsam machen alle das Bestmögliche daraus.

Für das Ergebnis trägt der Gruppenführer ohne Wenn und Aber dann ganz alleine die Verantwortung!

Und wenn man als Führer „versagt“, dann muss es der Gruppe möglich sein, mit einem neuen Führer weitermachen zu können, um letztendlich vielleicht doch noch das Ziel zu erreichen.

Letztendlich erkennt man dann, dass man selbst ein guter Führer ist, wenn man von „seiner“ Gruppe zum Erfolg getragen wird und die höheren Weihen für neue Herausforderungen als Führer erhält.

Aber wie gut man letztendlich auch sein mag, mit jeder neuen Gruppe fängt man als Führer wieder von ganz vorne an. Die vergangenen Erfolge stärken nur so lange das eigene Selbstbewusstsein, bis man wieder einmal für den Misserfolg „seiner“ Gruppe gerade zu stehen hat.

Ich behaupte, dass wer sich dies nun zu eigen macht, sich die allermeiste Fachliteratur oder weitere gut gemeinte Ratschläge — aber niemals jene, die aus der eigenen Gruppe kommen! — ersparen kann und durch beständiges Üben und Machen zumindest ein ganz passabler Führer wird — vorausgesetzt allerdings, Sie möchten dies auch!


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8 thoughts on “Führung

  1. So einfach kann das sein. Wo kein Erfolg, war wohl auch keine Führung. Brauchen wir gar ein Führungscontrolling, um rechtzeitig gegenzusteuern?

  2. Viele gute Gedanken. Erinnert mich an das Credo „Ich suche mir die besten Leute und lasse mich von ihnen führen.“

    Aber es gilt auch: Hätte ich gewusst, was Führung auch bedeutet, hätte ich nie eine solche Position übernommen. Doch jetzt bin ich hier und ziehe durch.

    1. Wobei ich es mehr als einmal erleben durfte, dass gute Gruppen „ihren“ Führer aus reiner Verzweiflung heraus zum Erfolg führten. Und das ist doch das Spannende von Menschengruppen, sie sind jedes Mal anders, selbst wenn es wieder einmal dieselben Menschen sind.

  3. Darf man den Begriff „Führer“ überhaupt noch guten Gewissens verwenden? Ist dieser Begriff nicht voll der „Nazisprech“ und ist daher das Wort „Leadership“ für den verantwortungsbewussten Verteidiger von UnsereDemokratie™ unverzichtbar?
    Womöglich ist das Wort „Führer“ ja ein geheimes Zeichen mit dem sich die Anhänger dubioser Weltanschauungen insgeheim zu erkennen geben?

      1. Ich hoffe doch, dass Sie die Ironie in meinen Gedanken erkennen konnten. Damit wollte ich nur die Art und Weise verdeutlichen mit der aktuell die deutsche Sprache von den „Meinungsführern“ in bedenklicher Form verbogen wird, um konträre Ansichten zu brandmarken.
        Und übrigens: Autobahnen haben mit den Nazis nur wenig zu tun, denn die Planung diese zu bauen war schon lange vor 1933 in den Fachabteilungen der Berliner Ministerien abgeschlossen. Man hätte diese auf jeden Fall gebaut, egal wer da an die Macht kam.

        1. Ja, denn wir kennen uns nun schon eine ganze Weile hier im Blog.

          Unsere gesellschaftlich geforderten und politisch stark propagierten Sprachkorrekturen, wie z. B. das Gendern, liegen mir schon immer schwer im Magen. Denn Sprache verändert sich von ganz alleine und benötigt weder Verbote noch Gebote!

          Das mit den Autobahnen war damals™ bereits im Geschichtsunterricht der 10. Klasse Thema, um die vermeintlichen Erfolge der Nazis richtig zu stellen.

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