Gespräche

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Beitragsfoto: Gesprächskreis 2017

Ich habe jüngst einmal wieder Nachrichten des ÖRR geguckt. Es liegt wohl an meinem Alter, dass ich deren Qualität immer weniger schätze. Aber für eines waren diese Nachrichten dann doch ganz gut, denn es zeigte wieder einmal, wie wenig noch echtes ehrenamtliches Engagement geschätzt wird.

Sämtliches dort erwähntes bürgerliches Engagement gab es nur deshalb, weil es erst mit Steuermitteln möglich gemacht wurde. Sämtliche ÖRR-Berichte bürgerschaftlichen Engagements strotzten nur so von staatlichen Förderungen — wäre man halbwegs ehrlich, müsste man es unter „vierter Arbeitsmarkt“ subsumieren.

Und so bin ich doch ein klein wenig stolz darauf, dass wir von der EUROPA-UNION in Heilbronn seit mehreren Jahrzehnten Veranstaltungen stemmen, die weder staatlich subventioniert werden noch sonstige Fördermittel erhalten — reines bürgerliches Engagement, ganz ohne Bezahlung, Entlohnung, Aufwandsentschädigung oder sonstige Begünstigungen.

Es gibt sie noch, jene Bürger, die einfach Dinge tun, ohne auch nur einen Cent oder eine sonstige Gefälligkeit an Gegenleistung zu erwarten.

Die letzten Monate haben wir uns um die nun kommenden 8. Hertensteiner Gespräche bemüht, ein Zusammentreffen von an Europa interessierten Bürgern, die an einem Tag möglichst intensiv und dabei auch möglichst umfassend über europäische Themen sprechen und diskutieren wollen. Unzählig dabei die Telefonate, E-Mail und Rundschreiben, welche dazu im Vorfeld getätigt und verfasst wurden.

Ernüchternd, wie groß der Einzugsbereich tatsächlich sein muss, um solche Gespräche überhaupt möglich machen zu können — wir bewerben diese inzwischen europaweit, wobei wir das Manko haben, dass diese weiterhin größtenteils in der deutschen Sprache stattfinden; Deutschland ist inzwischen hierfür alleine offensichtlich ein zu kleines Einzugsgebiet. Aktuell erwarten wir Teilnehmer aus Belgien, Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Spanien.

Ein wenig enttäuschend ist es, wie die lokale Politik, Medien und Verwaltung auf eine solche inzwischen europaweit wahrgenommene Veranstaltung reagieren. Wahrscheinlich haben deren Akteure einfach nur vor allem Angst, was nicht korrumpierbar ist und keine Leichen im Keller hat — was auf puren Nepotismus schließen lässt. Es kann aber auch nur sein, dass deren Ideologie alles ablehnt, was mit freiem Willen und Mündigkeit zu tun hat.

Umso mehr freuen wir uns auf alle Teilnehmer, die vor allem dann, wenn sie nicht aus Heilbronn oder dem Unterland kommend, keine Kosten und Mühen scheuen, um an diesen Gesprächen teilnehmen zu können. Um dies ein wenig besser zu verdeutlichen, es gibt mehr als 50 Menschen, die nicht nur ein ganzes Wochenende für diese Gespräche opfern, sondern auch noch die An- und Abreise, zwei Übernachtungen und die Tagungsgebühren aus der eigenen Tasche bezahlen.

Da haben es die Menschen aus dem Stadt- und Landkreis Heilbronn viel einfacher, sie müssen sich nur ein paar Stunden an einem Samstag freischaufeln und die Tagungsgebühr entrichten. Ich hätte mich sehr darüber gefreut, wenn mehr Heilbronner diese Möglichkeit zum Gedankenaustausch nutzen!

Manchmal liegt das Gute einfach so nahe, dass man es nicht wahrhaben möchte. Karl Schiller, ein ehemaliger SPDler, mahnte bereits 1967, dass „die Pferde wieder saufen müssen“; heute gerne als „Man kann die Pferde zur Tränke führen, saufen müssen sie selber“ kolportiert.

Erkannt hatte dies bereits John Maynard Keynes: „We cannot, by international action, make the horses drink. That is their domestic affair. But we can provide them with water.“ (The Means to Prosperity, 1933: 27).

In diesem Sinne sind die Hertensteiner Gespräche ein Angebot der EUROPA-UNION, ein Angebot von ehrenamtlich tätigen Bürgern. Hingehen und mitmachen müssen unsere Heilbronner Mitbürger selber.

Schade nur, dass man hinterher wieder von vielen Mitbürgern hören kann, dass es keine guten politischen Veranstaltungen in der Nähe gäbe; etwa so, wie man als Heilbronner unbedingt zum Kleiderkaufen nach Mailand fahren muss, zumindest aber nach München oder Stuttgart.

„Nur wenige hält die Knechtschaft gefangen, die Mehrzahl hält an der Knechtschaft fest.“

Seneca, 3. Buch, 22. Brief (2018: 153)

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