Korrekturen

4.5
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Beitragsfoto: Schild an einer Schule

Nicht schon wieder ein Blog-Beitrag, ich weiß, dass dies manche meiner Leser nun denken werden. Aber es gibt überlebenswichtige Gründe dafür. Ich komme noch aus einer Gesellschaft, die sich selbst als Leistungsgesellschaft bezeichnete, zumindest noch anfangs, und zudem aus einem Beruf, in dem Versagen nicht nur meist tödlich war und deswegen einfach nicht toleriert werden konnte. Und nun sitze ich hier und korrigiere Klausuren, die mich inzwischen dazu bewegen, meine Bemühungen jungen Menschen noch etwas halbwegs Sinnvolles beibringen zu wollen, so langsam aber sicher auslaufen lassen.

Jene Menschen, die die sich berufsmäßig auf den Lehrberuf eingeschossen haben, heutzutage bereits im Kindergarten beginnend und sich bis hin zu heutigen Universitäten ausdehnend, müssen über ein unstillbares masochistisches Verlangen verfügen — anders kann ich mir das nicht mehr erklären.

Und so nutze ich inzwischen wirklich jeden Hinweis der mir bekannten Profis, um das Korrigieren von Klausuren oder Seminararbeiten halbwegs mental gesund zu überstehen. Und zum ersten Mal in meinem Leben kann ich halbwegs verstehen, dass es so etwas wie einen Burnout tatsächlich geben kann.

Ein Lehrer, ein Professor oder auch nur ein Dozent möchten doch einfach nur Wissen vermitteln; ich lasse einmal das andere durchaus gesellschaftlich notwendige „Beiwerk“ außen vor. Zumindest ich habe alle meine Versuche sehr schnell eingestellt, den Studenten neben dem vorgegebenen Wissen noch etwas mehr beibringen zu können. Denn dies ist den Studenten, mit denen ich es zu tun habe, völlig unverständlich. Diese jungen Menschen möchten mit großer Masse nicht einmal den vorgegebenen Lehrstoff können, sie möchten einzig und alleine die Klausur bestehen — möglichst ohne jeglichen Aufwand.

Inzwischen muss ich sogar davon ausgehen, dass sie nicht einmal ihr selbst eingeschlagenes Studium interessiert, sie möchten einfach nur einen x-beliebigen Hochschulabschluss vorweisen können, um „möglichst viel Geld zu verdienen“ (Auszug aus gleich mehreren Klausuren).

Hier könnte ich inzwischen weiterhelfen und dabei auch sehr gute Tipps geben, was allerdings wohl zu Strafanzeigen führen würde.

Ich bin inzwischen am Ende meiner Weisheit angelangt, eigentlich konnte ich bisher guten Gewissens von mir behaupten, dass ich selbst einem Kanarienvogel zur schnöden Wiedergabe von Wissen verhelfen konnte. Das Eintrichtern von notwendigen Informationen gelang mir immer ganz gut, und meistens konnten „meine Schüler“ ihr Wissen auch Jahre später noch nachbeten — sehr viele davon sogar erfolgreich anwenden.

Inzwischen habe ich mich auf die absolut rudimentären Informationen meines Lehrgebiets begrenzt und frage dazu nur noch das ab, was ich 1 zu 1 mehrfach in den Vorlesungen thematisiert hatte.

Problem Nummer eins, man besucht meine Vorlesungen nicht. Problem Nummer zwei, man beschäftigt sich während meiner Vorlesungen mit anderen wichtigeren Dingen. Problem Nummer drei, man versteht die deutsche Sprache nicht und Problem Nummer vier, es fehlen lebensnotwendige Verknüpfungen im Hirn.

Hinzu kommt, dass es nicht ausreichend ist, lernwillig zu sein, wenn die grundlegenden Verknüpfungen im Hirn fehlen. Und so muss ich es nun erneut feststellen, dass die Studenten meine Fragen zwar beantworten könnten, wenn ich diese mündlich vortrage, sie dieselben Fragen aber nicht mehr verstehen, wenn sie diese in einer Klausur selber lesen müssen!

Mir gelingt es einfach nicht, selbst bei besten Bemühen, meine Fragen schriftlich so zu formulieren, dass diese einem 5-Sekunden-TikTok-Tanz entsprechen.

Und so folge ich nun einem neuen Rat und höre Musik, die noch schrecklicher ist als das noch von mir zu Lesende.

Paul Mazzolini, den Älteren besser als Gazebo bekannt, hat 1983 diesen Hit gelandet und man konnte ihm einfach nicht entgehen. Er dudelte damals überall so lange bis man ihn einfach gut finden musste!

Bis vor Kurzem amüsierte ich mich noch köstlich über Armin Laschet, der damals als Dozent die Klausuren einfach verloren haben wollte und die Noten auswürfelte — heute weiß ich es besser, reine Notwehr!

Und sobald man glaubte, es geht nun nicht mehr schlimmer, tanzten alle zu dem nun folgenden Song „Lunatic“. Ich bin noch heute stolz darauf, dass ich keine dieser Platten besitze!

Aber als Soldat kämpfe ich mich weiterhin durch und dies bis zur allerletzten Klausur, das unterscheidet uns Soldaten von den Berufspolitikern. Und für den kommenden Krieg habe ich schon eine gewinnbringende Idee: Lehrerkampfverbände! Die werfen wir dann in die völlig aussichts- und hoffnungslosen Situationen und dürfen dabei sogar hoffen, dass diese daraus erfolgreich hervorgehen werden.

Um das Sommersemester halbwegs gesund überstehen zu können, lege ich bald meinen Korrekturstift erneut nieder und nehme eine Einladung von Freunden an.

Das Grauen darf gerne noch eine Weile warten. Wäre ich ein „bösartiger Professor“ (Auszug aus den Klausuren) würde ich die Klausuren einfach in den Müll werfen und die Studenten bitten, ihr Glück an einer Baumschule zu versuchen. Ich bin aber nur ein netter Dozent und versuche zu retten, was noch zu retten ist.

Das wirklich Tragische daran: nach der Klausur waren viele der in den Vorlesungen anwesenden Studenten wohlgestimmt, da sie tatsächlich viele der Fragen wiedererkannten, leider aber die Verknüpfungen „abgespeicherte Frage zu abgespeicherte Antwort“ oftmals fehlschlugen.

90 Prozent der Studenten wird man gleich nach deren erfolgreichem Studium durch eine KI ersetzen können, was allerdings nun nicht für eine künstliche Intelligenz spricht. Als Gesellschaft müssten wir uns schleunigst überlegen, wie wir solche Menschen besser in die Gesellschaft integrieren können.

Und zum Wohle künftiger Generationen müssen wir uns überlegen, wie wir die Verknüpfungen in den Hirnen junger Menschen wieder besser hinbekommen: z. B. durch das Verbot von Mobiltelefonen und Social Media für all jene, die noch über keinen qualifizierten Berufsabschluss verfügen!


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