Beitragsfoto: Kaffeegenuss | © Pixabay
Nachdem schon etwas länger kein einziger Leser danach gefragt hat, wann ich denn wieder einmal mit einem Gedicht um die Ecke komme, mache ich einfach einmal auf Prophet und Berg. Das Wetter ist gerade dazu prädestiniert.
Ob nun Hodscha Nasreddin oder doch Francis Bacon für dieses besagte Wortspiel als Urheber gelten, ist mir dabei wurst, zumindest derzeit. Auch, ob sich nun der Berg oder doch der Prophet bewegt! Obwohl dies wäre ein gutes Thema für die kommende freitägliche Kaffeerunde, zumal dann wenn wir beide als Quanten betrachten.
Und so ist es wieder einmal William Butler Yeats, der für das heutige Gedicht verantwortlich zeichnet. Bisher habe ich einen großen Bogen um dieses nun folgende Gedicht aus 1919 gemacht, auch wenn es bereits einmal auf meiner entsprechenden Gedichte-Website zu finden war. Das damalige US-Magazin „The Dial“ druckte dieses Gedicht erstmals 1920 ab.
Inzwischen wird das Gedicht „The Second Coming“ über alle Maßen gelobt, manche halten es sogar für eines der besten in der englische Sprache. Das heutige Wetter lädt gerade dazu ein, dass ich es mir nun doch einmal etwas genauer anschaue, wobei ich mir sicher bin, dass es trotzdem nicht zu meinen Favoriten zählen wird. Aber wenn man nur das liest, was man selber glaubt oder was einem selber gefällt, dann kommt man meist nicht sehr weit.
The Second Coming
Turning and turning in the widening gyre
The falcon cannot hear the falconer;
Things fall apart; the centre cannot hold;
Mere anarchy is loosed upon the world,
The blood-dimmed tide is loosed, and everywhere
The ceremony of innocence is drowned;
The best lack all conviction, while the worst
Are full of passionate intensity.Surely some revelation is at hand;
W. B. Yeats, Michael Robartes and the Dancer (1920)
Surely the Second Coming is at hand.
The Second Coming! Hardly are those words out
When a vast image out of Spiritus Mundi
Troubles my sight: a waste of desert sand;
A shape with lion body and the head of a man,
A gaze blank and pitiless as the sun,
Is moving its slow thighs, while all about it
Wind shadows of the indignant desert birds.
The darkness drops again but now I know
That twenty centuries of stony sleep
Were vexed to nightmare by a rocking cradle,
And what rough beast, its hour come round at last,
Slouches towards Bethlehem to be born?
James Cussen, ein Blogger aus meiner Blogroll, bezeichnet dieses Gedicht sogar als „alten Freund“, wahrscheinlich wurde er damit bereits schon in der Schule gequält, was bei uns nur dann möglich gewesen wäre, wenn man Englisch als Leistungskurs gewählt hat.
Manche meiner Leser mögen wohl deshalb keine Gedichte, weil sie ebenfalls mit solchen während ihrer Schulzeit umgehen mussten. Mein Motto war dabei: wenn ich es schon nicht verhindern kann, dann kann ich wenigstens versuchen, es zu verstehen.
Mindestes ein Leser wird mir jetzt Prokrastination vorwerfen — zu recht! Zu meiner Entschuldigung, bei mir tut dies zumindest in diesem Fall so richtig weh! Es hat aber auch niemand jemals gesagt, dass unser Leben Spaß machen muss! Das ist bloß eine ganz persönliche (Fehl)einschätzung: Life is not a Ponyhof!
Gedichte gibt es deswegen und dies auch schon sehr, sehr lange, weil sie einfach Sinn machen und uns Menschen weiterhelfen können.
Spannend auf alle Fälle aber, wie aktuell dieses Gedicht wieder geworden ist! Vielleicht erlebt es deswegen gerade wieder ein zweites Aufblühen.
Nachtrag
Ich ergänze diesen Blog-Beitrag noch um das jüngste Gedicht „The Gloves Are Off“ von Stephen Colbert, welches er ganz zeitgemäß life in seiner CBS-Sendung „The Late Show“ vortrug.