Gedanken am Morgen

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Beitragsfoto: Ein Zettelkasten | @ Shutterstock

Noch etwas in Urlaubsstimmung sitze ich sehr früh in meinem Schaukelstuhl und trinke einen Kaffee. Mindestens ein sehr netter Mensch freut sich jetzt bestimmt, wenn sie diese Zeilen liest.

Meinen Urlaub konnte ich ganz gut dazu nutzen, um meine Gedanken — zumindest ein paar Gedankengänge davon — etwas zu sortieren. Und so ging ich auch der Frage nach, was der Mensch an sich ist. Wohl jeder wird darin zustimmen können, dass wir allesamt ein Teil eines unüberschaubaren Kommunikationsraumes sind. Vielleicht auch, dass wir als Mensch die Summe all unserer Entscheidungen und Handlungen sind.

Und jeder von uns stellt sich zumindest einmal im Leben die Frage, wer bin ich und was soll das Ganze überhaupt. Jene, die sich mit dieser Frage ihr gesamtes Leben lang beschäftigen und dabei auch versuchen, dieser Frage mit etwas strukturierteren Gedankengängen nachzugehen, kann man wohl als Philosophen bezeichnen; einige von diesen verdienen damit sogar ihren Lebensunterhalt.

Manche von uns stellen dabei auch fest, dass man sein Leben, so wie Geschichte wohl insgesamt erst in der Nachschau verstehen kann und dies wiederum könnte zu der Erkenntnis führen, dass man das ist, was von einen Betrachter gesehen werden kann, sozusagen der Fußabdruck, den man am Strand hinterlässt; nicht umsonst sprechen Umweltaktivisten gerne von einem „Ecological Footprint“.

So ist jeder von uns nicht nur die Summe seiner Entscheidungen und Handlungen, sondern auch die Summe von all jenem, was man im Laufe seines eigenen Lebens hinterlassen hat; das reicht vom eigenen Anteil an der Umweltzerstörung über den eigenen Besitz bis hin zu den Erinnerungen, die man in anderen Menschen hinterlässt.

Und so wird es wohl niemandem — nicht einmal einem selber — möglich sein, einen Menschen in Gänze zu verstehen. Die Nachwelt, wenn sie überhaupt sucht, findet dabei nur die besagten Fußabdrücke vergangener Spaziergänge. Und manche dieser Fußabdrücke wie Julius Cäsars „Veni, vidi, vici“ überdauern zwar die Zeit, können uns aber letztendlich kaum mehr etwas von diesem Menschen an sich mitteilen.

Dies wiederum aber kann zu der Erkenntnis führen, dass ein Mensch sehr wohl in der Lage ist, für sich selbst und auch für die Nachwelt einen „Eindruck“ zu hinterlassen.

Und da man selbst gerade die Person ist, dies sich für einen interessiert, wäre es eine gute Sache, wenn man nicht nur weiß, was man tut, sondern auch, was man bereits alles getan hat.

Hilfreich ist dabei sicherlich ein sehr gutes Gedächtnis, das aber wohl noch nie ausreichend war, um einem Menschen über sein gesamtes Leben hinweg als alleiniges Hilfsmittel zu dienen. Deshalb, meine Vermutung, kam es auch dazu, dass der Mensch sehr früh „den Besitz“ als weiteres Hilfsmittel hinzugenommen hat.

Sowohl das Gedächtnis als auch der Besitz helfen auch nur dann wirklich weiter, wenn man beides gut organisiert hat; ansonsten lebt man eher wie die Eichhörnchen, die sich zwar stets abmühen, aber letztendlich eher vom Zufall als Ergebnis all ihrer Bemühungen leben.

Und deswegen nutzt der Mensch schon sehr lange die Schrift bis hin zu ganzen Bibliotheken, Archiven und Zettelkästen, Letztere aktuell ganz gerne nach Niklas Luhmann, um sich vor allem selber zu organisieren, aber auch selbst zu verstehen.

Und dies führt mich zum heutigen Gedanken am Morgen, einer Erkenntnis, die ich in den letzten Wochen gewonnen habe, nämlich jener, dass es nicht ausreicht, wenn man geistigen und materiellen Besitz anhäuft, sondern dieser auch abruf- und verwertbar sein muss. Und das wiederum führt mich zu der Erkenntnis, dass die Organisation besser noch die Kommunikation der Gedanken und des Besitzes mindestens ebenso wichtig ist, wie der Besitz selbst.

Und das bedeutet für mich nun, dass z. B. Luhmanns Zettelkasten nur für Luhmann selbst von Wert sein kann, weil der eigentliche Wert und die Bedeutung in der Organisation des Zettelkastens an sich liegt. Wobei Luhmanns „Fußabdruck“ nicht der Inhalt seines Zettelkastens ist, sondern die Art und Weise, wie er diesen organisiert und dabei auch seine Gedanken und Erkenntnisse kommuniziert hat.

Diese Erkenntnis zwingt mich nun, meinen eigenen Besitz, egal ob geistig oder materiell, nunmehr ganz neu zu organisieren und zu kommunizieren.

„Just as a gardener cultivates his plot, keeping it free from weeds, and growing the flowers and fruits which he requires, so may a man tend the garden of his mind, weeding out all the wrong, useless, and impure thoughts, and cultivating toward perfection the flowers and fruits of right, useful, and pure thoughts. By pursuing this process, a man sooner or later discovers that he is the master-gardener of his soul, the director of his life. He also reveals, within himself, the laws of thought, and understands, with ever-increasing accuracy, how the thought-forces and mind elements operate in the shaping of his character, circumstances, and destiny.“

James Allen, Libraries: A Monthly Review of Library Matters and Methods (1909: 208)

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