Gedanken zur Bundestagswahl

5
(5)

Beitragsfoto: Beispielbild

Auch diese Bundestagswahl wird wieder etwas Besonderes sein. Wahlen sind bekanntlich die Hochfeste jeder Demokratie und wir dürfen froh darüber sein, dass wir Bürger noch frei und geheim wählen dürfen. Dieses Mal finden vorgezogene Wahlen zum Deutschen Bundestag statt, so wie bereits 1972, 1983 und 2005. 1972 war mein erster von mir so richtig bewusst wahrgenommener Wahlkampf — „wir“ hatten damals die Wahl mitgewonnen und dies in der Rolle des Juniorpartners.

1983 kämpfte ich dann zwar weiterhin in derselben Partei, wir hatten dabei aber eine Wende vollzogen; damals von mir noch begrüßt, bleibt mir dies heute als einer meiner größten Fehler in Erinnerung. Die Wahl 2005 durfte ich als Auslandsdeutscher miterleben und war in meinem Bereich dafür verantwortlich, dass meine Landsleute wählen gehen konnten.

Dieses Mal hat „meine“ ehemalige Partei erneut eine Wende vollzogen und dafür gesorgt, dass es nun zu vorgezogenen Neuwahlen kommen wird. Nur einmal so am Rande betrachtet, es sieht aktuell ganz danach aus, dass die FDP nunmehr für immer in der Versenkung verschwinden wird — deren politische Idee ist der bundesdeutschen Politik schon viel länger abhandengekommen. 1989 mit Grund, warum ich mein Parteibuch abgab. Was mit Gesellschaften und Wirtschaften geschieht, in denen es keine liberalen Vertreter mehr gibt, das können wir seit Jahrzehnten ganz gut beobachten: ein sozial-konservatives Dahinsiechen ohne jeglichen Anspruch auf Zukunftsgestaltung.

„Après moi le déluge! ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation.“ Karl Marx (1976, Band I: 285) konnte damals noch nicht wissen, dass es seine Genossen auch nicht besser machen werden. Vielleicht aber war es auch nie seine Absicht, für eine Besserung zu sorgen, denn als Historiker kannte er sicherlich die Menschheitsgeschichte ganz gut und „Après nous le déluge !“ war nicht nur der Leitspruch einer Marquise de Pompadour (1757), sondern darf als Credo der Menschengeschichte an sich gelten.

Wer etwas anderes voraussetzt, benötigt andere Menschen — was die Totalitaristen unter uns immer wieder als ultimativen Lösungsweg versuchen. Aber auch die Christen wie einfach alle anderen sozial denkenden Menschen sind letztendlich an uns real existierenden Menschen gescheitert, wobei erstere die Lösung des Problems einfach in „eine andere Welt“ verlegt haben.

Derweil sind die politischen Ideen in Deutschland längst untergegangen, die Sozialdemokratie wohl bereits 1933, der Konservatismus mit Konrad Adenauer und der Liberalismus mit Ralf Dahrendorf. So darf man sich heutzutage unsere Politik als ein bloßes Gewurstel durch das Alltägliche vorstellen, wobei wir seit Längerem Gefahr laufen, dass dabei nur noch die Interessen von Einzelnen vertreten bzw. ausgeglichen werden. Auch bei uns haben Oligarchen immer mehr zu sagen, als es einer Demokratie guttut. Dass ich die Ursache dafür hauptsächlich am Berufspolitikertum festmache, dürfte den Lesern bereits bekannt sein. Mein Lösungsvorschlag hierzu sind zum einen möglichst kleine Parlamente, welche sich nicht nur noch mit sich selbst beschäftigen, und zum anderen eine Mandatsbegrenzung auf zwei Perioden, die damit mehr Bürger einbindet und die gesetzgeberische wie auch die Regierungsarbeit auf möglichst viele Schultern verteilt.

Leider gibt es im Bundestag meist nur noch dann Wechsel, wenn sich die jahrzehntelangen Parlamentarier in den Ruhestand oder in für sie noch lukrativere Ämter verabschieden. Einen solchen biologisch bedingten Wechsel erleben wir gerade bei uns im Wahlkreis. Vor ein paar Wahlperioden ging es mir noch wie Kurt Vonnegut, der plötzlich mit Horror feststellen musste, dass seine ehemaligen Klassenkameraden das Land regieren. Thomas Strobl hat sich schon etwas länger in den Ruhestand verabschiedet, ähnlich wie der Heilbronner OB.

Für den am 23. Februar 2025 zu wählenden inzwischen 21. Bundestag wird Josip Juratovic nicht mehr kandidieren und auch für Michael Georg Link wird aller Voraussicht nach ebenfalls Schluss sein. Was mich nun daran denken lässt, was der aktuelle 20. Bundestag geleistet hat. Eine Leistung sticht dabei besonders hervor, denn die Abgeordneten des 20. Bundestages haben sich auf eine Verkleinerung der künftigen Bundestage geeinigt. Nun wird dessen Obergrenze von 598 Abgeordneten (Regelgröße, was diesen zum weltweit größten frei gewählten Parlament machte.) auf 630 Abgeordnete verringert werden — das muss man sich einfach einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Was uns die Parteien dabei verschwiegen haben, ist, dass sie zeitgleich die Landesparlamente vergrößern — siehe den Landtag von Baden-Württemberg — und wir künftig noch mehr Ministerien mit u. a. noch mehr Staatssekretären haben werden. Das Einzige, was in Deutschland noch wächst, ist die Anzahl der Berufspolitiker sowie deren Einkommen und Einkünfte.

Im Heilbronner Wahlkreis mit der Nummer 267 kandidieren nun für die CDU erneut Alexander Throm, der diesen zuletzt mit 27,8 % der Stimmen gewonnen hatte, und für die FDP erneut Michael Georg Link, für die SPD ein Jens Schäfer, den ich bereits gar nicht mehr kenne und für Bündnis 90/ Die Grünen ein mir ebenfalls völlig unbekannter Jonathan Ebert. Mit seinem 34. Platz auf der grünen Landesliste muss ich mir dessen Namen sicherlich auch nicht weiter merken. Jens Schäfer ergatterte immerhin einen 22. Platz auf der SPD Landesliste, was vielleicht sogar für ein Mandat reichen könnte.

Und so ist das einzig Spannende bei dieser Wahl, wo wir die dann nicht gewählten Kandidaten künftig wiederfinden werden? Was wohl aber niemanden wundern wird, denn bereits im Frühjahr 2026 wählen wir einen XXL-Landtag, der dann wirklich für alle Platz haben wird.

„Das Problem ist, dass wir ab irgendeiner Größe in einen Bereich kommen, wo man sagen muss, da wird der Bundestag als handlungsfähige demokratische Institution beschädigt. Das ist schwierig, das an einer konkreten Nummer festzumachen, aber Sie können ein Parlament nicht beliebig groß machen, ohne dass es letztlich seine Wirkmacht, seine Schlagkraft und seine Arbeitsfähigkeit verliert.“

Sophie Schönberger im Gespräch mit Sandra Schulz, 15.9.2021

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicken Sie auf die Sterne, um den Beitrag zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 5

Bisher keine Bewertungen.

Es tut mir leid, dass der Beitrag für Sie nicht hilfreich war!

Lassen Sie mich diesen Beitrag verbessern!

Wie kann ich diesen Beitrag verbessern?

Seitenaufrufe: 70 | Heute: 1 | Zählung seit 22.10.2023

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert