Hanne und Hans Hambücher hatten uns wieder einmal nach Bad Wimpfen gelockt, um gemeinsam Klassik im Kreuzgang zu genießen. Der Verein der Freunde und Förderer des Ritterstiftes St. Peter zu Bad Wimpfen veranstaltete gestern und heute das 15. Benefizkonzert zum Erhalt dieser einzigartigen Klosteranlage.
Meine bessere Hälfte und ich nahmen am heutigem Matinee teil. Dieses Mal war es ein Heimspiel um den künstlerischen Leiter der Benefizkonzerte Georg Oysen herum. Am Violonecello saß Georg Oysen höchstpersönlich. Die Klarinette hielt Julius Kircher, Professor an der Musikhochschule Karlsruhe. Zwei von Georg Oysens langjährigen Quartettfreunden Stefan Schubert (Violine) und Sebastian Wohlfarth (Viola) ergänzten das heutige Quintett. Die fünfte im Bunde war Kimberly Crawford (Geige), die kurzfristig einsprang, aber sehr gut mit den anderen vier Künstlern harmonierte.
Das kunterbunte Programm war von Georg Oysen ganz auf Klarinette und Streichquartett abgestimmt und bot dazu auch noch eine Premiere. Zur Musik selbst kann ich kaum etwas sagen, da ich alle Stücke zumindest noch nie bewusst gehört habe, was dem Musikgenuss aber nicht schadete. Die Auswahl der Stücke erfrischend und kurzweilig.
Den Anfang machte Wolfgang A. Mozart mit Allegro B-Dur (KV 516c) aus dem Jahr 1787, ein musikalisches Fragment, welches in der gespielten Fassung großteilig von Robert Levin ergänzt wurde. Mit Mozart macht man kaum etwas falsch und wer nun Mozart erkannte, wird sicherlich kaum festgestellt haben, dass das Meiste von Robert D. Levin stammte.
Bekannter dürfte seine Komplettierung von Mozarts „Requiem“ d-Moll (KV 626) aus 1791 sein, das beim Europäischen Musikfestival 1991 unter der Leitung von Helmuth Rilling uraufgeführt wurde.
Danach ging es mit Charles Villiers Stanford nach den Worten von Georg Oysen „anspruchsvoll, aber doch leicht zu ertragen weiter“. Gespielt wurde ein Wettbewerbsstück „Fantasy No. 1“ aus 1921. Ich konnte leider das Englische nicht heraushören, bin allerdings auch kein Musikexperte.
Ich habe ihn nun gleich einmal nachgeschlagen und konnte erfahren, dass er einen irischen Ursprung hatte und wohl mit der CD in den 1980er-Jahren ein Revival erfuhr. Interessanter für mich dabei, dass Gustav Holst ein Schüler von Stanford war.
Danach wurde es ganz Heimspiel badisch. Dafür sorgte Franz Danzi aus Schwetzingen. Zu seiner Zeit war Danzi richtig populär, tourte sogar durch die europäischen Konzertsäle und dürfte heute etwa einer „Coverband“ entsprechen.
Wir hörten sein Konzertstück Nr.2 g-moll und ich dabei Don Giovannis „La ci darem la mano“. Auf alle Fälle aber war dieses Konzertstück sehr klarinettenbetont. Was ganz gut passte, da die Klarinette aus Karlsruhe kam und Franz Danzi ab 1812 bis zu seinem Tode als Hofkapellmeister an der Badischen Hofkapelle Karlsruhe wirkte.
Nach der Pause sowie einem kleinen Spaziergang durch den Kreuzgang und dies erstmals bei Regenwetter ging es mit Louis Spohr weiter. Wer schon einmal etwas von Niccolò Paganini hörte, der kennt sicherlich auch Louis Spohr, beide zählten zu den besten Geigern ihrer Epoche. Was ich dabei nicht wusste ist, dass er für Geiger den Kinnhalter erfand und noch heute als der Vater des Taktstocks gilt.
Auch als Komponist gehörte er mit zu den Großen und so hörten wir heute seine Romanze B-Dur (1805) in einer Bearbeitung von Hartmuth Westphal.
Die Premiere des Matinees war eine Fassung von Georg Oysen für Klarinette und Streichquartett. Das Original, die „Sonatina“ (1982), stammt von Joseph Horovitz aus Wien, nicht zu verwechseln mit Joseph Horowitz aus New York. Da ich noch nie etwas von dieser Sonatina gehört hatte, war dies für mich tatsächlich eine waschechte Erstaufführung!
Seit der Flucht Joseph Horovitz‘ ins Vereinte Königreich 1938 gilt dieser als britischer Komponist. Aber auch hierbei hörte ich nichts Englisches heraus. Ich gehe einmal davon aus, dass das nur den Musikern gelingt, die sich diese Stücke von Note zu Note selbst erarbeiten.
Zum Schluss wurde es dann aber so richtig europäisch! Wir hörten das Stück von Béla Kovács „Sholem- alekhem, rov Feidmann!“ aus 2004. Béla Kovács ist ein ungarischer Komponist und virtuoser Klarinettist. Wir durften zudem erfahren, dass dieser keine Noten lesen kann.
Was mich nun fragen lässt, wie er komponiert? ChatGPT gibt es noch nicht so lange. Wohl eher hat er aber jemand, der seine Kompositionen aufschreibt, ähnlich wie eine Sekretärin. Vielleicht weiß aber einer meiner Leser Näheres darüber?
Auf alle Fälle gefiel mir das letzte Stück an diesem Sonntagvormittag am besten. Ohne Frage, man hörte Jankele- und Csardas-Töne und so ging es für mich beschwingt in den Tag. Aber auch das „La ci darem la mano“ blieb noch eine ganze Weile hängen — Franz Danzi wusste einfach, wie man die ganz normalen Zuhörer in den Bann zieht.
Die fünf Musiker waren auf alle Fälle ein sehr gutes Quintett! Und so hatten sie auch durchaus eine Zugabe verdient! Diese war dann aber eher für die Profis unter den Zuhörern; ich hätte hier ein paar Takte von Franz Danzi oder Béla Kovács lieber gehabt.