Verteidigungsfähigkeit

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Beitragsfoto: Verteidigung in Afrika (2010)

Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die freien Europäer ohne Wenn und Aber für eine transatlantische Zusammenarbeit ausgesprochen und sich unter den Schutzschirm der Vereinigten Staaten von Amerika begeben; auch die Republik Frankreich, welche dies selber bis heute nicht wahrhaben möchte. Und gleich nach dem Kollaps des sowjetischen Terrorregimes haben sich viele der ehemaligen Satelittenstaaten Russlands ebenfalls bemüht, schnellstmöglich unter diesen Schirm zu kommen.

Die dafür explizit geschaffene Institution, die Organisation des Nordatlantikvertrags, welche eher unter dem Akronym NATO bekannt ist, wurde anfangs durch alle Mitgliedsstaaten mit einem hohen personellen und finanziellen Eigenanteil mitgetragen. Aufgrund der Tatsache, dass die USA nicht nur größte Wirtschaftsmacht und bevölkerungsmäßig der größte Partner innerhalb dieser Organisation war, sondern darüber hinaus immer mehr von allen, ob Mitglied oder nicht, in die Rolle eines Hegemons gedrängt wurde, was übrigens auch durchaus dem eigenen Selbstverständns entsprach, lag der Löwenanteil der aufzubringenden Kosten, Ressourcen und last but not least den dafür notwendigen bereitzuhaltenden Soldaten bei den Amerikanern.

Als sich die Bedrohungslage der Europäer Mitte der 1980er-Jahre immer weiter entschärfte, begannen diese, ihre eigenen Verteidigungsaufwendungen immer mehr zurückzufahren oder für andere Dinge zweckzuentfremden; das damals propagierte Stichwort: Friedensdividende.

Als Folge davon und weil sich der Rest der Welt nicht so friedlich zeigte, mussten die Vereingten Staaten wohl oder übel in die Presche springen und ihre eigenen Verteidigungsausgaben und -aufwände weiter erhöhen. Bis zum heutigen Tage blieben alle Bemühungen der USA, die Europäer an diesen Kosten zu beteiligen oder wenigstens die eigenen Verteidigungshaushalte der gegebenen Realität anzupassen, vergebens.

Was wäre nun, wenn sich die Europäer besännen und der immer stärker werdenden Aggression, nicht nur seitens der Russischen Föderation, eigene Stärke entgegenstellen wollten?

Ich behaupte, dass kein europäischer Staat alleine mehr in der Lage ist, eine eigenständige Verteidigungsfähigkeit zu erreichen, ganz zu schweigen davon, sich auch erfolgreich gegen einen Aggressor behaupten zu können. Zudem behaupte ich, dass dies aufgrund heutiger Technologien und Vernetzungen auch dann nicht möglich wäre, wenn ein Staat seine gesamten Ressourcen für die Verteidigung aufwenden würde. Darüber hinaus behaupte ich, dass dies selbst einem einigen Europa und seinen gebündelten Ressourcen und Kapazitäten nicht möglich wäre! Nicht umsonst wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die NATO gegründet, und die heutigen Gegebenheiten sind noch schwieriger als vor gut 70 Jahren.

Unabhängig von der Tatsache, dass eine Verteidigung Europas nur in enger Kooperation mit seinen transatlantischen Partnern möglich ist, müssten die Europäer Folgendes beachten. Erstens reichen die personellen Ressourcen – einsatzwillige und auch einsatzfähige junge Europäer – nur dann aus, wenn alle Staaten ihre vorhandenen Bürger auf eine gemeinsame Organisation verteilen; jeder für sich bekommt zumindest personnel keine einzige einsatz- und damit auch durchhaltefähige Division mehr zusammen. Und selbst bei einem gemeinsamen Personalkörper müssten sich die Europäer entscheiden, ob sie mittelfristig einer Roboterisierung der Streitkäfte oder einer externen Personalergänzung den Vorzug geben.

Zweitens haben wir Europäer im Gegensatz zu unseren amerikanischen Partnern – meines Erachtens auch zurecht – dem Sozialen der eigenen Verteidigungsfähigkeit den Vorzug gegeben. Als Folge davon können wir eine tragfähige Verteidigungsfähigkeit nur dann sicherstellen, wenn wir in diesem Bereich unsere finanziellen Ressourcen nicht nur bündeln, sondern auch dafür sorgen, dass Verteidigungsausgaben zukünftig auch ausschließlich und transparent für Verteidigungsaufwendungen eingesetzt werden. Eine weiter fortgeführte Zweckentfremdung von Verteidungsmitteln oder Unterfinanzierung der Verteidigungshaushalte führt letztendlich zwingend zu solch hohen Ausgaben, dass diese Fehlentwicklung nur auf Kosten der Sozialhaushalte wieder rückgängig gemacht werden kann.

Drittens ist es endlich wieder an der Zeit, dass wir Europäer unseren eigenen Grundsätzen treu werden und unser eigenes Militär in den Dienst der „Landesverteidigung“ stellen; dazu gehört selbstverständlich die Bündnisverteidigung und Einsätze im Auftrag der Vereinten Nationen zur Wiederherstellung des Weltfriedens. Europäer betreiben weder Machtpolitik, noch ist für uns „Krieg eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“!

Diesem Grundsatz muss sich endlich auch die europäische Rüstungspolitik unterwerfen. Rüstung ist nicht mit Waffenproduktion und -handel gleichzusetzen. Rüstung ist damit auch kein exportorientierter Wirtschaftszweig. Rüstung ist die Sicherstellung der Aussattung eigenener und verbündeter Streitkräfte mit den möglichst besten Waffen, dem besten Gerät und der besten Ausrüstung sowie allem anderen, was diese Streitkäfte benötigen, um möglicht unbeschadet Europa und seine Verbündeten verteidigen zu können. Damit darf diese bestmögliche Ausstattung und Bewaffnung auch nicht exportiert werden! Somit ist es zwingend notwendig, dass Rüstung in einem möglicht großen Rahmen zusammengefasst wird (ich empfehle hier erneut die NATO als Bezugsrahmen), um nicht nur bestmögliche Effizienz sondern auch eine entsprechende Nachhaltigkeit zu erreichen, und dies immer im Sinne einer für alle Haushalte tragbaren Finanzierbarkeit.

„If we aren’t willing to pay a price for our values, then we should ask ourselves whether we truly believe in them at all.“

Barack Obama, The Audacity of Hope: Thoughts on Reclaiming the American Dream (2006: 68)

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