Ärgernis

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Beitragsfoto: alte Bierdeckel für einen neuen Wahlkampf | © Herbert Burkhardt

Kaum habe ich mich damit abgefunden, dass die Wahrnehmung des passiven Wahlrechts bei uns in Heilbronn eher eine Glaubensfrage als eine korrekte Auslegung des Wahlrechts ist, kommt nun ein weiteres Ärgernis auf mich zu.

Dazu muss man wissen, dass alle unsere Parteien, ob demokratisch oder auch nicht, sehr üppig mit Steuergeldern ausgestattet werden. Dies soll u. a. dazu dienen, dass diese genügend Mittel haben, um während der Wahlkämpfe für sich und ihre Kandidaten werben zu können. Wahrscheinlich fließen diese Mittel zum größten Teil in den Unterhalt pompöser Parteiorganisationen und eher weniger in den Wahlkampf. Und so dürften die vorhandenen Mittel, auch wenn mit Groß- und Kleinspenden zusätzlich angefettet, für den Wahlkampf begrenzt sein. Wir Freien Wähler erhalten als Wählergemeinschaft keine Steuergelder und finanzieren uns ausschließlich von Mitgliedsbeiträgen und Spenden, die sich, wenn man etwas Glück hat, über die Wahlperiode hinweg zusammenläppern.

Unser Vorteil ist dabei, dass es keine störenden Apparate und Fürsten gibt, die den jeweiligen Kandidaten vorschreiben, wann, wo und wie sie ihren Wahlkampf zu bestreiten haben. Man versucht sich zwar untereinander abzusprechen, aber der ganze Wahlkampf ist weiterhin rein ehrenamtlich und amateurhaft aufgebaut.

Ein weiterer Vorteil, dass jeder Kandidat und deren Unterstützer immer wieder auf ganz neue und auch uralte Ideen kommen, mit denen sie in den Wahlkampf ziehen möchten. Der große Charme dabei, es handelt sich meist um einen Trial and Error-Wahlkampf. Beim letzten Mal hatten wir Freien Wähler mit unserem Wahlkampf großes Glück und beschlossen, alleine aus Kostengründen, dieses Mal einfach den Wahlkampf 2019 zu wiederholen. Der großer Fehler dabei, wir haben dies auch so im Vorfeld kundgetan!

Und jetzt stellen wir fest, dass alles das, was uns beim letzten Mal selbst gefallen und sich auch bewährt hat, nun sämtlich von der Stadt Heilbronn verboten wurde. Wir müssen nun jeden einzelnen Punkt bei der Stadtverwaltung einklagen und durchsetzen oder unseren Wahlkampf 2024 einfach wieder beenden, bevor er so richtig begonnen hat.

Unsere Stadtverwaltung hat, anstatt sich um ihre ureigenen Aufgaben zu kümmern, sich ganz besonders auf den Wahlkampf vorbereitet. Kaum steht ein Plakat von einem unserer Kandidaten, ist auch schon jemand vor Ort, erstellt eine kostenpflichtige Foto-Dokumentation und wir erhalten kurz darauf die entsprechenden behördlichen Aufforderungen und Androhungen — da kommt sehr schnell ein Wahlkampf-Feeling wie zu DDR-Zeiten in Dunkeldeutschland auf!

Wie würde ich es mir wünschen, wenn unsere städtischen Mitarbeiter immer so fleißig wären — Heilbronn könnte die ordentlichste und sauberste Stadt der Welt sein!

Das Ganze nimmt inzwischen aber bereits totalitaristische Züge an, man hat von der neuen Partnerstadt und deren Gewaltherrschern sehr schnell gelernt.

So ist es z. B. erlaubt, dass man in der Fußgängerzone mit Lastkraftwagen kreuz und quer fährt oder Auto-Ausstellungen betreibt, wir durften aber unseren kleinen Wahlkampftraktor, der kleiner als jedes heutige Auto ist, nicht für unsere Infostände verwenden. Erst nach einem gewaltigen Schriftverkehr wurde uns dies zumindest vorläufig gestattet.

Auch wurde uns, erst an jedem Gesetz vorbei, verboten, dass wir unsere Wahlkampfplakate nach zwei Wochen wechseln. Nach einem heftigen Schriftverkehr ist uns dies nun halbwegs gestattet. Die Stadtverwaltung legt uns aber weiterhin sehr große Steine in den Weg. Wir erhalten für die erlaubte Anzahl an Plakaten jeweils eine Plakette. Wenn wir unsere Plakate nun wechseln wollen, müssen wir diese zuerst abnehmen, an einen Sammelort verfrachten, dort die Plaketten fachmännisch von den Plakaten entfernen und diese dann dem Rathaus zur Kontrolle vorlegen. Eine Kommission tritt daraufhin zusammen und prüft die Echtheit wie Anzahl der Plaketten. Danach erhalten wir ggf. neue Plaketten. Mit diesen neuen Plaketten dürfen wir dann unsere Wechselplakate ausstatten und neu aufstellen — wenn dann die alten Plätze noch frei sind, was bezweifelt werden darf.

Aber auch an den Austausch beschädigter Plakate ist gedacht, denn dafür gibt es eine begrenzte Anzahl an weiteren Plaketten. Sobald wir feststellen, dass ein Plakat verschmutzt oder beschädigt ist, müssen wir dies mit einer Foto-Dokumentation festhalten und diese der Stadtverwaltung vorlegen. Auch in diesem Fall prüft eine Kommission, ob der Beschädigungs- bzw. Verschmutzungsgrad des Plakates ausreichend ist, um eine Ersatzplakette zu erhalten. Was zumindest mir noch nicht so ganz klar ist, ob ich danach von den beschädigten Plakaten ebenfalls die Plaketten entfernen und der Kommission zur Prüfung und Entscheidung vorlegen muss?

Was mich aber so richtig verärgert ist, dass man nun auch Grundbesitzer für den Wahlkampf einfach so mir nichts dir nichts enteignet. Man darf keine Wahlkampfplakate ohne Genehmigung der Stadt auf seinem eigenen Grund und Boden aufstellen!

Die beiden linken Plakate sind verboten, aber die beiden rechten Plakate erlaubt. Bei allen vier Plakaten handelt es sich offensichtlich um Werbung. Begründung für das Verbot der Plakate: die Plakate im linken Bild wären vom öffentlichen Raum aus zu sehen.

Es wundert mich inzwischen überhaupt nicht mehr, dass sich die AfD in Heilbronn so richtig pudelwohl fühlt! Dafür wundern sich Berufspolitiker und Presseleute unisono, warum ihre Mitbürger keine Lust mehr auf Lokalpolitik und Wahlen haben — sie müssen selber auch nicht Wahlplakate hängen oder Prospekte austeilen.


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