Gong & Brainticket

3.9
(8)

Beitragsfoto: Plattencover

An manche Musikbands sollte ich mich erst erinnern, wenn ich „home alone“ bin. Auf alle Fälle aber nur dann auf den Plattenteller legen.

Gong und Brainticket sind zwei dieser Gruppen, die aktuell und wohl nur heute ihre Runden auf meinem Plattenteller drehen. Erstaunlicher Weise kam noch kein einziger Nachbar zu Besuch.

Mancher Leser wird nun über meinen Musikgeschmack etwas erstaunt sein und jene, die mich schon etwas länger kennen, dass ich diese Platten überhaupt noch besitze. Auch heute gilt noch, dass man sich als Mensch nicht in Schubladen pressen lassen sollte. Sich aber auch nicht allzu schnell selbst auf das eine oder andere festzulegen, denn dafür ist unsere Welt auch heute noch viel zu bunt und vielfältig. Zugegeben, nicht mehr annähernd so wie noch Ende der 1960er- bis Ende der 1970er-Jahre!

Meine damaligen Freunde gingen noch bis Frank Zappa mit, hatten zwar auch von Janis Joplin und Jimi Hendrix gehört, stiegen dann aber doch bei den nun beschriebenen Bands aus. Erfreulicher Weise kamen sie aber wieder, und dies entgegen der ersten Ansage von Brainticket, dass man Freunde verlieren wird, sobald man deren Platten mit diesen zusammen hört.

Die 1970er-Jahre waren für persönliche Experimente und die eigene Selbstfindung ein exzellentes Jahrzehnt. Nur wer halbwegs die gesamte Bandbreite des Angebots kennt, kann sich guten Gewissens für einzelne Dinge entscheiden. Und wer nur den Jazz kennt, kann niemals ein echter Jazz-Liebhaber sein! Und wenn man wie ich eine ganz passable Jazz-Plattensammlung hat, bedeutet dies noch lange nicht, dass man dann nur noch Jazz hoch und runter hört.

Für manche Menschen dürfte es gar keinen Unterschied machen, ob man nun Psychedelic-, Krautrock- oder Jazz-Musik spielt. Auch Liebhaber von Folk- oder Volksmusik muss es geben; durch gut 30 Jahre Treffpunkt Europa gestählt, erschüttert mich diesbezüglich gar nichts mehr; eine Helene Fischer mal ausgenommen.

Gong wurde 1968 gegründet aber von mir erst mit ihrem Sidekick „Planet Gong – Live floating anarchy 1977“ im Jahr 1978 wahrgenommen. Mit ihrer Platte „Downwind“, die nun jazziger wurde bekam die Gruppe 1979 etwas mehr Aufmerksamkeit. Zwar spielte dort noch Mike Oldfield mit und Carlos Santana ließ sich höchst persönlich von der Platte inspirieren, dennoch wanderte mein Interesse eher in Richtung Hip-Hop und Rap ab.

Gong, das waren hauptsächlich Daevid Allen, Pierre Moerlen, Allan Holdsworth, Steve Hillage und bei „Planet Gong“ noch Gilli Smyth, experimentierte damals ebenfalls und ich weiß nicht, wo die Musiker inzwischen gelandet sind. Auf alle Fälle folgte ich auch deren Aufforderung nicht, die Platte gleich am besten im Laden zu klauen; ich bekam sie vom Ladenbesitzer zum Sonderpreis, wer hätte sie bei uns auch sonst genommen?

Bereits 1976 wurde ich auf Brainticket aufmerksam, eine Band, die ihre Wurzeln im Soul-Jazz hatte und mit der Platte „Cottonwoodhill“ 1971 für mehr Verwirrung als sonst üblich sorgte. Und so war dies auch meine erste Platte von Brainticket.

Vielleicht hätte ich aber dem zweiten Plattenhinweis folgen sollen, nämlich: „Only listen once a day to this record. Your brain might be destroyed!“ Mancher Leser wird jetzt wohl denken, das erklärt doch so einiges. Ich hörte diese LP auf alle Fälle mehrfach hoch und runter. Auch wenn der Bandleader Joel Vandroogenbroeck noch bis 2019 durchhielt, war für mich dieses Abenteuer bereits 1980 mit der Platte „Adventure“ zu Ende — für meinen damaligen Geschmack zu zahm und zu altbacken.

In den 1980er-Jahren nutzte ich „Cottonwoodhill“ nur noch um Stereoanlagen zu testen oder als Waffe, der reinste Psychoterror. Konnten meine männlichen Freunde, Kameraden oder gute Bekannte das Ganze noch halbwegs nachvollziehen und ab einer bestimmten Promillegrenze sogar für gut befinden, traf der erste Warnhinweis der Platte bei meinen weiblichen Gästen voll und ganz zu: „After listening to this record your friends won’t know you anymore“. — wohl der beste Rausschmeißer aller Zeiten und vielleicht ist diese Platte deshalb heute so gesucht.


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