Schlussstrich

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Beitragsfoto: Mann | © Tumisu auf Pixabay

Völlig überraschend, aber dennoch ganz folgerichtig habe ich diesen Abend mit etwas tiefgründigeren Gesprächen verbracht. In den letzten Wochen hatte ich doch so einige Abschiede im Freundes- und Bekanntenkreis zu beklagen. Das Sterben gehört einfach zum Leben mit dazu, wird aber von den (noch) Lebenden einfach und viel zu oft nur ausgeblendet.

Meist dient der das Sterben begleitende Tod nur dazu, um den Menschen etwas Unterhaltung in ihr doch so gewöhnliches Leben zu bringen; gerade jene Tode, die etwas ungewöhnlicher sind wie bei Amokläufen oder Schulschießereien, sorgen in den Medien für ein wenig mehr Aufregung. Das Sterben in Kriegen hingegen wird sehr schnell zur Gewohnheit und nur noch dann von allgemeinem Interesse, wenn es zumindest als kriegsentscheidend beworben werden kann.

Der ganz gewöhnliche Tod hingegen, der die allermeisten von uns — über kurz oder lang — heimsuchen wird, ist weniger Thema in unseren Unterhaltungen. Meist wird er pflichtgemäß in Schweigeminuten abgearbeitet und wenn er sich „klamm heimlich“ im Familien- oder Bekanntenkreis einschleicht, durch einen Gang zum Friedhof, zumindest aber mit einer Trauerkarte gewürdigt.

Deshalb war der heutige Abend für mich ein großer Gewinn, nämlich als wir, zwei Freunde schauten vorbei, urplötzlich auf das Thema Sterben kamen. Zuerst einfach nur ein Austausch über die jüngsten Neuigkeiten im gemeinsamen Bekanntenkreis, entwickelte sich die Unterhaltung ganz plötzlich zu einem sehr intensiven Gespräch über das Sterben selbst und eine etwaige Sterbebegleitung. Wohl glücklich jener, der nicht ganz alleine sterben muss — so ganz genau wissen tun wir es aber nicht!

Schön die Gewissheit, dass sich das eigene Sterben dank der heutigen Technologie und dem bei uns aktuellen Gesundheitswesen mehr oder weniger als ein Hingleiten in eine andere Welt präsentiert. Die Zeiten von minutenlangen krampfartigen Kämpfen um die letzten Sekunden des eigenen Lebens scheinen überwunden zu sein. Ganz zu schweigen von den traumatischen Erinnerungen derjenigen, die das Ganze miterleben, ja überleben müssen.

Dennoch sehr spannend die Frage, wie man meint, mit dem eigenen Tod umgehen zu müssen. Nicht jedem ist es vergönnt, dass er ganz plötzlich und völlig überraschend im Schlaf von einem Hirnaneurysma dahingerafft wird.

Wann wird einem der eigene Tod zur Gewissheit? Wann nimmt man den eigenen Tod an und wie verbringt man dann die letzten Monate oder Stunden? Macht man einfach weiter wie bisher und hofft darauf, dass der Tod doch an einem vorbeizieht? Guckt man noch danach, ob man wirklich alles getan hat, um seine persönlichen Angelegenheiten in Ordnung gebracht zu haben? Hadert man bis zuletzt mit dem eigenen Schicksal? Oder lässt man einfach nur los?

Die jüngsten Beispiele aus dem Freundes- und Bekanntenkreis ließen uns letztendlich ratlos zurück. Trotz bestem Bemühen haben wir heute Abend keine hinreichenden Antworten gefunden.

Und so hoffe ich, dass dieses Gespräch nicht das letzte seiner Art gewesen ist, schon ganz alleine aus eigenem Interesse heraus, denn die Einschläge kommen immer näher.


„Dulce et decorum est pro patria mori: 
mors et fugacem persequitur virum
nec parcit inbellis iuventae
poplitibus timidoque tergo.“

Horaz, Carmina 3,2,13

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