Deutsches Buch-System

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Beitragsfoto: Bücher | © Shutterstock

In Deutschland haben sich über die Jahrzehnte hinweg Strukturen verfestigt, die auch immer wieder und von unterschiedlichen Seiten her versucht wurden aufzubrechen, damit unserer Gesellschaft wieder die Chance zur eigenständigen Weiterentwicklung erhält und nicht nur auf externe Impulse angewiesen ist.

Ein prominentes Beispiel, nämlich um die Verkrustung zwischen Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen zu beseitigen, war in den 1990er-Jahren mit der Begrifflichkeit „Deutschland AG“ verbunden. Letztendlich dürften es aber externe Faktoren gewesen sein, die hier ein wenig Bewegung ins Spiel gebracht haben.

Weitere solcher heute noch vorhandenen zumindest rückständigen, aber auf jeden Fall für uns Bürger sehr teuren Strukturen, sind unter anderem die Apotheken, die „Kulturszene“ und der Buchhandel.

Alle diese festgefahrenen und für Teile unserer Gesellschaft sehr lukrativen „Verbindungen“ lassen sich wohl nur noch von außerhalb unserer Gemeinschaft aufbrechen und zum Wohle aller modernisieren.

Dieser heutige Blogbeitrag handelt um eine dieser Verkrustungen, jene, die sich rund um unsere Bücher festgesetzt hat. Ich schildere dabei meine Erfahrungen, die ich seit der Fertigstellung meines ersten Buches 2019 gemacht habe.

Das entsprechende deutsche Narrativ ist, dass Amazon u. v. a. den Buchhandel zerstört.

Ich behaupte das Gegenteil, nämlich, dass Amazon gerade dafür sorgt, dass es überhaupt noch so etwas wie einen unabhängigen Buchhandel in Deutschland gibt und zudem dafür, dass wir weiterhin die Möglichkeit haben, möglichst viele Bücher kennenzulernen und auch zu erwerben — vom Lesen möchte ich hier nicht sprechen.

Verlage

Spätestens dann, wenn man sein erstes Buch fertiggestellt hat, stellt sich die Frage nach einem Verlag. Zumindest wird es gerne kolportiert, dass man als Autor so etwas wie einen Verlag benötigt.

Schon beim Schreiben meines Buches habe ich deshalb immer wieder darüber nachgedacht, welchen Verlag ich gerne für mein Buch hätte. Auch wurde mir von anderen Autoren immer wieder versichert, wie wichtig es wäre, nicht nur einen Verleger zu haben, sondern möglichst auch einen mit bestem Renommee.

Gewundert habe ich mich von Anfang an darüber, dass einige sehr renommierte Fachautoren ihre Bücher als PDF in der Fachwelt verteilen, als Selbstverleger auftreten oder ihr Buch gleich über Amazon veröffentlichen.

Für mein erstes Buch hatte ich aber schon etwas Größeres im Sinn und glaubte, dass der Europa-Verlag, welcher bei seiner Gründung mit unserer Europa-Bewegung verbunden war, dazu genau der richtige Verlag wäre. Und so kam es, dass ich diesem Verlag auch mein Buch anbot.

Bis ich schlussendlich mein Buch selbst verlegte, hatte ich die Möglichkeit drei Verlagsarten kennenzulernen.

Die Nicht-Profis

Da es jedes Jahr unzählige neue Autoren gibt und sich Myriaden davon hoffnungsvoll an einen Verlag wenden, kommt es sehr häufig vor, dass diese sich dabei an Verlage wenden, von denen sie nicht einmal eine Antwort erhalten — egal wie oft sie sich darum bemühen.

Ich behaupte dies ist die große Mehrheit der deutschen Verlage und zeigt sehr gut, wie übersättigt das Verlagswesen bei uns ist.

Selbst als ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender antworte ich auf Anfragen — auch dann, wenn mir der Absender höchst suspekt ist. Das hat etwas mit Anstand und mit Professionalität zu tun.

Diese besagten Verlage haben es ganz offensichtlich schon gar nicht mehr nötig selbst nur auf Anfragen zu antworten. Ich vermute stark, dass diese Verlage ohne großen Aufwand im System leben und von diesem einfach am Leben erhalten werden.

Die Profis

Als es mit meinem „Wunschverlag“ nichts wurde, habe mich etwas besser erkundigt und erfuhr dabei, dass jeder Verlag so seine eigenen Präferenzen hat, und man, je nach Fachgebiet oder Buchart, seine Werke beim entsprechenden Verlag anbieten sollte.

Manche Profi-Autoren ließen es mich durch die Blume wissen, dass sich diese Verlage ihre Autoren aktiv aussuchen, was mich aber nicht davon abhielt, selbst die Initiative zu ergreifen.

Manche dieser Verlage sind sogar so professionell, dass sie, bevor sie das Manuskript überhaupt angelesen haben, wissen, dass es ihren eigenen Qualitätsansprüchen nicht genügt. Vor so viel Professionalität ziehe sogar ich meinen Hut und bin froh darüber, dass ich wenigstens einen ablehnenden Bescheid bekam. Auf jeden Fall aber wissen diese Verlage auch, was guter Ton und Anstand ist.

Die ganz Aktiven

Ich gehe einmal davon aus, dass es sich hierbei um eine kleine Minderheit handelt. Diese Verlage halten wohl jedes Manuskript für gut — auch das meine — und sehen hier und da noch eine kleine Verbesserung. Aber dann möchten sie meist für den Anfang einer „erfolgreichen“ Zusammenarbeit gerne bis zu 20 000 Euro Vorleistung vom Autoren, um den gemeinsamen Erfolg sicherstellen zu können. Meine ganz persönliche Empfehlung: kann man machen, muss man aber nicht.

Der Buchhandel

Fast jeder von uns war schon einmal in einer Buchhandlung und viele dürften dort sogar schon einmal ein Buch gekauft haben. Denn Buchhandlungen waren zumindest einmal eine wunderbare, faszinierende und grenzenlose Welt — auch bei uns in Deutschland.

Ich habe darüber bereits aus Sicht eines Kunden Blog-Beiträge (z. B. „Buchhandlungen“ oder „Bücherkauf“) geschrieben. Inzwischen fällt es mir aber immer schwerer, zwischen einem Drogeriemarkt und einer Buchhandlung zu unterscheiden.

Was sich schon aus Kundensicht immer verstörender anfühlt, nimmt aus Autorensicht bereits kafkaeske Züge an. Und nochmals nein, es ist nicht Amazon, das die Buchhandlungen bei uns zerstört!

Eine Buchhandlung benötigt in erster Linie einen guten Buchhändler — die Betonung liegt dabei auf dem Buch — und gleich danach einen Käuferkreis, der nicht nur gute Bücher, sondern auch das Ambiente und die Expertise einer Buchhandlung zu schätzen weiß.

Wenn man jetzt noch den normalen Bewegungsradius von uns Menschen berücksichtigt und die Käuferschicht von guten Büchern kennt, muss man inzwischen davon ausgehen, dass sich nur noch in Universitätsstädten über 500 000 Einwohner eine eigenständige Buchhandlung tragen können wird. In allen anderen Städten übernehmen Discounter — manche sogar mit etwas Buchladen-Flair — den Markt. Der Rest wird von Antiquariaten abgedeckt, die die üblichen Schnäppchenjäger und vereinzelt auch Buchliebhaber sowie in größeren Städten zudem Touristen — die sich die Zeit totschlagen müssen — bedienen.

Aber zurück zum Autoren, der sein Buch verkaufen möchte. Das ist in Deutschland mehr als geregelt. Dem Käufer dürfte das mit der Buchpreisbindung bekannt sein. Alles andere aber wird man wohl nur dann mitbekommen, wenn man eigene Bücher verkaufen möchte.

buchhandel.de

Erstmals fängt alles ganz gut an. Man kauft für sein Buch eine ISBN-Nummer. Dann wird man darauf aufmerksam gemacht, dass man sein Buch nicht nur in der Deutschen Nationalbibliothek hinterlegen muss und in der jeweiligen Landesbibliothek hinterlegen sollte, sondern dass es gut wäre, wenn man sein Buch unter buchhandel.de auch kostenpflichtig anmeldet und dieses „Abonnement“ jedes Jahr kostenpflichtig erneuert.

Bis dahin läuft alles sehr gut, und man freut sich auch, wenn man das eigene Werk in der entsprechenden Datenbank einzusehen ist.

Großhändler

Was man vermutlich nicht weiß ist, dass es etwa drei Großhändler in Deutschland gibt, die den Buchhandel dominieren, weil sie die Bücher zentral lagern und die Buchhandlungen von dort aus beschicken.

Damit bestimmen sie nicht nur, was in den meisten Buchhandlungen an Büchern vorhanden ist, sondern auch, welche Bücher überhaupt in der online Suche der jeweiligen Buchhandlungen zu finden sind.

Und wer glaubt, sie nutzen dabei die oben bereits erwähnte Datenbank, der irrt sich gewaltig. Die Großhändler haben ihre eigenen Datenbanken und regeln dadurch bereits, was an Büchern überhaupt gefunden werden kann.

Und wie in Drogerien und anderen Märkten üblich, regeln sie wohl auch, welche Bücher wo in den Buchhandlungen ausliegen.

Wenn man wissen möchte, ob sich der Buchhändler vor Ort auf solch einen Großhändler stützt, muss man nur in der „online Suche“ nach bestimmten Bücher gucken, wobei deren Nichtvorhandensein ein guter Hinweis auf einen der Großhändler ist.

Diese Buchhändler nehmen dann, wenn überhaupt, Bücher von z. B. Selbstverlegern sehr ungerne zur Kommission in ihrer Buchhandlung auf. Und auch in der weiteren Ausgestaltung ihrer eigenen Buchhandlung werden sie wohl sehr begrenzt sein.

Und wenn Sie als selbständiger Autor nun eher versuchen, gleich über einen Großhändler an diese Buchhandlungen zu gelangen, dann viel Glück dabei — ich zumindest habe mir eine Abfuhr nach der anderen geholt.

Diese großhändlerbasierten Buchhandlungen kommen mir dabei immer mehr wie die vielen „Knack & Back Filialen“ vor, die nur noch Brötchen aufwärmen und verteilen müssen.

Bücherketten

Diese sind allgemein bekannt und jeder Buchkäufer wird auch seine ganz bestimmten Vorlieben haben.

Als Buchverkäufer habe ich wiederum drei Arten von Buchketten erlebt. Die erste Art hatte ganz automatisch mein Buch mit im online Sortiment — da machen sich Mitarbeiter offensichtlich sehr viel Mühe.

Bei der zweiten Art genügte ein Anruf und die Klärung der Frage, wie viel Prozente ich geben kann, und mein Buch wanderte ebenfalls in das entsprechende online Sortiment — auch damit kann ich sehr gut leben.

Die dritte Art allerdings verhält sich ganz wie die Großhändler und wird das wohl auch eher sein — dort wird man meine Bücher wohl nie finden.

Wer jetzt aber glaubt, dass, wenn er im online Angebot der entsprechenden Bücherkette zu finden ist, er auch eine Chance hat, zumindest sein Buch in einem entsprechenden Laden dieser Kette deponieren zu können, der hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Bei meinem Versuch in einem Heilbronner Bücherkettenladen nun mein Buch auch dort vor Ort zu deponieren, bin ich innerhalb von keinen zwei Minuten am „Geschäftsführer“ gescheitert, der sich für Kleinkram und geringe Margen viel zu schade war — wobei ich mich heute noch frage, wie viel sich wohl mit dem Verkauf von Postkarten verdienen lässt?

Buchhändler

Es gibt sie noch, aber sie haben es, wie eingangs erwähnt, ziemlich schwer und müssen wohl, bis auf sehr wenige Ausnahmen, mit den Wölfen heulen, um überleben zu können.

Ihr online-Angebot deckt sich dabei auch mit der Datenbank von buchhandel.de. Damit kann man sehr einfach alle Bücher, die von den Verlagen und Selbstverlegern dort eingemeldet wurden, einsehen und beim Buchhändler bestellen.

In meinem Fall schreiben mich diese Buchhändler per E-Mail an, und der Kunde erhält das Buch in spätestens fünf Tagen. Zugegebener Maßen gibt es auch immer wieder Buchhändler, die mein Buch zwar nicht in ihrem online Sortiment haben, sich aber für ihre Kunden die Mühe machen und nach meinem Buch suchen.

Aber ganz wenige Buchhändler sind dazu bereit, mein Buch in ihre Auslage zu nehmen. Was ich inzwischen aber auch voll und ganz nachvollziehen kann, denn vom Bücher herumliegen lassen, lässt sich kein Geld verdienen.

So freut es mich immer wieder sehr, wenn dies dann — meist in kleineren Buchhandlungen — der Fall ist und noch mehr, wenn ich dann das Feedback erhalte, dass sich mein Buch auch verkauft.

Dabei konnte ich lernen, da mein Buch bisher einmal offenbar zum Ladenhüter wurde, was eine Remission ist. Deshalb habe ich jetzt auch eine eigene Remissionsrichtlinie für Buchhändler.

Direktverkauf

Auch wenn ich es lieber sähe, wenn ein Leser meine Bücher in einer Buchhandlung aufstöbern würde, vielleicht sogar dort in der Auslage sähe, oder der Buchhändler mein Buch gar empfehlen würde, so muss ich wohl oder übel damit leben, dass dies das Deutsche-Buch-System nicht vorsieht.

Das Gute daran ist wiederum, dass ich weder einem Großhändler noch einem Buchhändler Prozente geben muss, wenn ich mein Buch im Direktverkauf an den Leser bringe. Noch besser daran ist, dass mich meine Leser nicht im Preis drücken können, da ich als Verkäufer der Buchpreisbindung unterliege.

Amazon

Nachdem ich keinen Verlag gefunden hatte, veröffentlichte ich mein Buch zuerst — ähnlich wie ein paar mir gut bekannter Autoren — einfach als HTML-Dokument (manche nutzen PDF), nur um mich dann fragen lassen zu müssen, warum ich nicht, wie andere mir bekannte Autoren zuvor, ebenfalls Amazon nutze?

Und so kam es, dass ich zum Selbstverleger wurde und innerhalb kurzer Zeit viel gelernt habe.

Das Gute an Amazon ist aber nicht nur, dass diese für mich meine Bücher drucken, sondern diese Bücher für mich auch noch verkaufen.

So haben sich mir gleich drei Vertriebswege eröffnet und ich finde, dass das bisher — zumindest die ersten 15 Monate — für mich ganz gut gelaufen ist.

So bleibt mir nur das Fazit zu ziehen, dass es wohl auch für den deutschen Buchhandel insgesamt besser wäre, wenn es zu mehr Deregulierungen käme. Auf jeden Fall würden die Buchhandlungen wieder mehr an Individualität und damit vielleicht auch wieder ganz neue Käuferschichten für sich gewinnen.

„Do you ever read any of the books you burn?“ 

Ray Bradbury, Fahrenheit 451 (2008: 8)

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  • Das ist sehr interessant. Eine Sicht für die Hinterfragung der Güte des Gutbügerlichen, hinter dem auch nur Geschäftinteressen stecken.