Social Media

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Beitragsfoto: Social Media | © Shutterstock

Nach all den Jahren fällt es mir wirklich schwer, den Social Media noch etwas Positives abzugewinnen. Und die gerade aktuelle Diskussion um Twitter oder der vom zaungebrochene Glaubenskrieg mit dem vermeintlichen Konkurrenten Mastodon zeigen doch ganz deutlich das eigentliche Problem der Social Media auf.

Beruflich bedingt und weil einer meiner sehr guten Bekannten zumindest einer der Erfinder der sogenannten Social Media war, blieb es nicht aus, dass ich mich von Anfang an damit beschäftigte und auch immer wieder neue ins Feld geführte Angebote für mich zu nutzen versuchte.

Aber auch ich stieß sogleich auf das Kernproblem der Social Media und versuchte dieses ganz pragmatisch zu lösen, nämlich dadurch, dass ich selber noch vor Facebook und Co. ein eigenes Social Media Produkt (zuletzt unter der Domain worldcitizenship.com) schuf und damit auch sicherstellte, dass ich weiterhin Herr meiner eigenen Inhalte bin. Damit war aber ganz offensichtlich dieses Kernproblem nicht für die anderen Nutzer gelöst und so blieb mein Start Up schon sehr früh in den Kinderschuhen stecken — und wurde, für mich sehr überraschend, sehr bald von den heute allseits bekannten Social Media überholt.

Dies war für mich deshalb so überraschend, da die anderen Anbieter dasselbe Problem hatten und dieses ebenfalls nicht lösten. Und zudem zwei weitere unschöne Dinge mit ins Spiel brachten, nämlich den Handel mit personenbezogenen Daten und das penetrante Einspielen von Werbung.

Und so kann ich nur vermuten, dass es den Gründern dieser Social Media Kanäle gelang, die Menschen von diesem Kernproblem abzulenken oder es ihnen gar als Vorteil zu verkaufen. Fest steht aber und das konnte ich in all den Jahren beobachten, dass das Gelingen aller Social Media davon abhängt, dass sie zuerst eine kritische Masse an Nutzern generieren können und danach allen glaubhaft machen, dass es immer mehr weitere und neue Nutzer gibt. Sobald ein Produkt diese kritische Masse nur wieder zu unterschreiten droht, ist das Ende dieses Produkts besiegelt — dafür gibt es zahlreiche Beispiele.

Und so ist es die große Kunst der Social Media, die Nutzer davon zu überzeugen, dass „es die anderen doch auch tun“ und sobald „es die anderen doch auch tun“ ist es den meisten Menschen völlig egal, was sie machen, und auch hier gibt es zahlreiche sehr schlimme Beispiele, selbst im echten Leben, wie es Pogrome immer wieder beweisen.

Inzwischen kommt noch ein weiteres Problem mit hinzu, nämlich, dass Idealisten oder gar Philanthropen kein Netzwerk betreiben können, das Milliarden von Menschen verknüpft. Ehrenamtliche wären damit alleine überfordert (siehe z. B. Wikipedia) und Tausende von Mitarbeiter wollen einfach bezahlt werden. Dieses Problem wird noch dadurch verschärft, dass die allermeisten Social Media Nutzer zu geizig sind, um für diese Dienstleistung überhaupt etwas zu bezahlen; das fängt schon bei den E-Mail-Providern an und führte jüngst auf Twitter zu wirklich bizarren Diskussionen.

Damit bleibt den Betreibern dieser Netzwerke nichts anderes übrig als durch Werbung oder durch den Handel mit personenbezogenen Daten Geld zu verdienen. Und wer dabei eher zögerlich ist, der macht Verluste (Twitter). Wer dabei tatsächlich Geld verdienen will (Facebook), der muss in die menschlichen Abgründe hinabsteigen — denn die Social Media Nutzer zwingen einen dazu!

Ich sehe hierbei drei Lösungswege. Fangen wir mit der abwegigen Lösung an, die interessanter Weise auch von „demokratischen“ Berufspolitikern propagiert wird. Das Staats-Social-Medium, in einer etwas entschärfteren Form dem ÖRR-Social-Medium, das dann aber nicht mit uns Menschen Geld verdienen, sondern uns Menschen kontrollieren oder gar beherrschen möchte! Das wirklich Lustigste an dieser Lösung wäre, dass es uns Bürger, ob wir wollen oder nicht, so richtig das Geld aus der Tasche ziehen würde.

Die zweite Lösung wäre, dass man staatlicherseits ein Mindestbetrag zur Nutzung von Social Media festlegt, die sämtliche Anbieter von den Nutzern ihre Social Media Produkte abverlangen müssen. Denn wir Bürger sind einfach nicht mehr in der Lage, um zu erkennen, dass Dienstleistungen und Produkte Geld kosten (unsere Zeitungen können ein Lied davon singen!). Und da die Social Media damit eine Finanzgrundlage hätten, muss der Handel mit personenbezogenen Daten ausdrücklich unterbunden werden. Die jeweiligen Social Media konkurrieren dann weiterhin um die Nutzer und die erfolgreicheren können weitere Einnahmen, z. B. durch Werbung oder auch bezahlte Add-on generieren. Der Charme dabei, es bleibt dem Nutzer weiterhin überlassen, welches Produkt er nutzt, und „schlechte“ Produkte, wie das meine, verschwinden auch wieder vom Markt.

Der dritte Weg, der heute unter anderem unter dem Begriff Fediverse etwas bekannter ist, macht den Nutzer grundsätzlich — wenn er nicht gerade auf Mastodon postet — zum Besitzer seiner Daten, und macht das Internet wieder zu dem, was es eigentlich von Anfang an auch war, nämlich einem föderalen Netzwerk. Und solche kleingliedrigeren Strukturen sind auch wieder eher von ehrenamtlichen Menschen zu betreiben, die auch nicht unbedingt davon leben müssen. Da das Ganze damit aber wieder etwas komplizierter, vielleicht auch anstrengender wird, nimmt es wohl die Masse von uns Menschen nicht mit. Schlimmer noch, die Lemminge unter uns, wissen dann nicht mehr, wem sie heute hinterherrennen müssen und flippen völlig aus, wenn diese Wechsel zu oft erfolgen.

Und so wird es wohl über kurz oder lang mindestens diese drei Lösungen nebeneinander geben, was aber das Grundproblem nicht löst, nämlich, wie bleibe ich der Herr meiner eigenen Daten?

Ich schreibe deshalb hier auf mein Weblog und bin dazu bereit, dieses Weblog auch mit anderen Weblogs und Websites zu verknüpfen. Zudem nutze ich weiterhin die Social Media und habe damit angefangen, meine dortigen Produkte zu sammeln und bin zudem bestrebt, meine dortigen Äußerungen im eigenen Zettelkasten für eine spätere Nutzung festzuhalten, denn wer einfach nur so in den Social Media postet, der kann auch gleich gegen die Wand sprechen.

Wie es manche nun wohl erfahren müssen, ist ihr Twitter-Ruhm auch mit Twitter zu Ende und dies noch bevor sie selber einmal enden werden. Jules Vernes oder Niklas Luhmanns Zettelkästen leben noch heute.


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