Junge Hüpfer

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Beitragsfoto: JEF Treffen 2007 | © Bettina Kümmerle

Meine Leser dürften es bereits wissen, ich bin allergisch gegen alles und jeden, der meint und dies auch sehr höflich ausgedrückt, mir den Mund verbieten lassen zu müssen. Für die freie Meinungsäußerung und ich behaupte dabei nicht, selbst die Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben (!), habe ich schon des öfteren sehr große eigene Nachteile in Kauf genommen.

Selbst wenn ich inzwischen ein alter weißer Mann bin, war ich auch einmal ein junger Hüpfer und ein sehr dummer noch dazu. Noch bevor ich mein Abitur in der Tasche hatte, war ich Mitbegründer und lokaler Vorsitzender einer politischen Jugendorganisation und zudem bereits bei den Erwachsenen etabliert.

Meine ersten politischen Niederlagen musste ich erleiden als ich die Altersgrenze bei Jugendorganisationen auf 21 Jahre festzurren wollte und dies beginnend in der eigenen Partei. Sehr schnell hatten auch dort die Grenzalter (30 – 35 Jahre) das Sagen und richteten in Folge davon zumindest „meine“ damalige Parteijugend zugrunde. In diesen Jahren gab es auch bei uns bereits eine JEF, welche damals nur noch aus sehr alten Männern und Frauen bestand, die gerne reisten.

Erst meine heutige bessere Hälfte konnte als junge Dame die JEF vor Ort wieder zu einem schlagkräftigen Jugendverband machen, der es auch verdiente, eine politische Jugendorganisation zu sein. Und zu meinem völligen Erstaunen zeigte sie mir, dass man auch in seinen Zwanzigern noch politische Jugendarbeit machen kann. In dieser Zeit rückte ich tatsächlich von meiner selbstgesetzten Obergrenze ab, was ich heute bedauere.

Meine jahrzehntelange Erfahrung zeigt mir, dass es auch in Jugendorganisationen Ausnahmen geben muss und kann, diese aber nur dann gezogen werden dürfen, wenn die Alternative die Auflösung des betroffenen Verbandes wäre. Zwei Beispiele hierfür: meine bessere Hälfte verblieb bei der JEF bis zum Endalter in der Funktion als Landesschatzmeisterin, nur um den Untergang des Landesverbandes zu vermeiden. Sie war in dieser Zeit schon sehr lange fester Bestandteil des Kreisvorstandes der EUROPA-UNION. Der aktuelle JEF-Kreisvorsitzende, ebenfalls fest im Kreisvorstand der EUROPA-UNION verankert, hält die Stellung, nur um die JEF vor Ort zumindest papiermäßig am Leben zu erhalten.

In all den Jahrzehnten lernte ich in der JEF und ich kenne diese von der Orts- bis auf die Europaebene, ab der Landesebene aufwärts nur drei weitere JEF kennen und schätzen, denen ich eine ehrliche und auch erfolgreiche Jugendarbeit attestieren kann. Ansonsten meist nur selbstverliebte Ausbläser mit Hoffnung auf vermeintliche Bürgermeister- oder Abgeordnetenkarrieren.

Inzwischen staune ich nur noch Bauklötze darüber, wie sich ewig pubertierende Grenzalter und dies ganz besonders in den politischen Jugendorganisationen und -parteien aufplustern und den echten Erwachsenen die Welt erklären möchten!

Worüber ich mich zugegeben bei einem 17-Jährigen noch so richtig freuen würde, mich spätestens aber bei einem Endzwanziger fragen muss, was dieser überhaupt die ganze Zeit selbst gemacht hat? Und ganz besonders darüber, was ein Grenzalter überhaupt mit Minderjährigen zu tun haben möchte? Als 17-Jähriger fand ich es einfach nur widerlich, wie sich ein 34-Jähriger an uns Jungs heran wanzte — für eine eigene Karriere, nicht einmal in einem ehrenamtlichen Verband, reichte es ihm auch später nicht.

Dass meine Einschätzung nicht nur eine Einzelmeinung ist zeigt der Zustand unserer JEF ganz deutlich auf, wo sie vor Ort kaum noch junge Menschen mit beiden Füßen auf dem Boden gewinnen kann.

Meine beiden Söhne, seit ihrem 14. Lebensjahr selbst JEF, haben sich entgegen dem Engagement der eigenen Eltern immer der JEF gegenüber höflich distanziert verhalten — beide stehen aber auch mit beiden Beinen auf dem Boden und hatten mit spätestens 20 ihre Pubertät bereits hinter sich, auch politisch.

Die wenigen jungen Erwachsenen, die sich in unserem EUROPA-UNION Kreisverband aktiv einbringen, sind eigentlich nur JEF, weil es ein Doppelmitgliedschaftsabkommen gibt. Und sie sind im Kreisvorstand verankert, weil sie sich engagieren, nicht weil sie JEF sind. Bei uns im Verein spielt das Alter aber auch nur eine einzige Rolle: ab 14 Jahren darf man bei uns als vollwertiges Mitglied mitmachen und mit spätestens 80 Jahren muss man alle eigenen Vereinsfunktionen abgegeben haben.

Und wenn ich schon einmal beim Lästern bin, dann gleich noch ein paar Erlebnisse mit der JEF aus meiner Zeit als Kreisvorsitzender der EUROPA-UNION.

Mit der Übernahme meines Amtes musste ich feststellen, dass die JEF inzwischen eine Zeitung „Treffpunkt Europa“ vermarktet, dessen Namen unser Verein seit Jahren offiziell nutzte und nun auch — neue Besen kehren bekanntlich gut — für ein eigenes Mitgliedermagazin nutzen wollte. Und so wandte ich mich 2005 ganz offiziell an die Herausgeber, um eine für beide Seiten gangbare Lösung zu finden. Auf die Antwort warte ich noch heute!

Als gewählter UEF-Delegierter musste ich feststellen, dass eine junge Dame aus „meinem“ Kreisverband, die ich nur vom Papier her kannte, an allen Ebenen und Beschlüssen vorbei plötzlich dort in Brüssel tätig wurde. Sie verschwand dann auch wieder so wie sie gekommen war.

Als Kreisvorsitzender wurde ich auf einer eigenen Veranstaltung von einer stolzen Mutter (kein Mitglied) darauf angesprochen, dass ihre Tochter eine wichtige Rolle im JEF-Bundesvorstand spielen würde. Noch heute weiß ich nicht, wie diese junge Dame dorthin kam. Auf alle Fälle aber war sie nicht auf lokaler Ebene präsent oder gar engagiert. Schräg wurde es aber dann, dass mir nun diese Mutter nicht nur die Welt erklären wollte, sondern auch wie ich einen EUROPA-UNION Kreisverband zu führen hätte.

Als ich sowohl für den Kreisverband als auch für den Landesverband eine Lösung für unsere Websites gefunden hatte, lag mir die JEF in den Ohren, dass man dies viel moderner und besser machen könne. Ich lies mich überzeugen und wechselte alles auf WordPress, weil dann die JEF nach deren eigenen Worten diese Arbeit mit übernehmen könnte. Auch darauf warte ich noch heute!

Als ich für mein Buch „Europa ist für alle da!“ recherchierte, durfte ich sehr deutlich zur Kenntnis nehmen, dass JEF-Bundesvorstandsmitglieder mit einfachen Kreisvorsitzenden der Mutterorganisation nicht verkehren — nur mit Bundesvorstandsmitglieder, am besten mit Mandat im Europäischen Parlament.

Schlimm dabei aber nur, dass die JEF-Bundesebene seit spätestens 2018 völlig von der Kreisebene abgehoben agiert und nur dann von sich Reden macht, wenn die JEF auf EUD-Bundesebene halbgare Ideen durchgesetzt bekommen möchte und diese dann am liebsten von oben herab auf die Kreisebene zur Umsetzung befohlen werden sollen.

Seit dieser Zeit brilliert die JEF auch nur noch dann, wenn das „Gendern“ für alle zur Pflicht werden soll oder sie selbst jemanden kennen, der gerne ein neues Verbandslogo gestalten und verkaufen möchte.

Als wir echten Erwachsenen endlich mit Florenz eine gute und europäische Lösung für unsere Vereinsarchive gefunden hatten, schoss die JEF in Baden-Württemberg dazwischen und beschloss für sich eine nationale Lösung — nun muss man zumindest das JEF Archiv unseres eigenen Kreisverbandes als verschollen abschreiben.

Inzwischen gehe ich als Kreisvorsitzender davon aus, dass es nur noch eine Zusammenarbeit mit der JEF gibt, wenn sich einzelne JEF-Vorstandsmitglieder davon einen persönlichen Vorteil versprechen — z. B. Redezeiten oder andere Gelegenheiten zur Selbstvermarktung.

Der JEF geht es schon länger nicht mehr um die Sache oder gar die Europäische Idee. Deshalb findet man die JEF immer weniger auf der Kreisebene, wo tatsächlich weiterhin die Basisarbeit und auch der Austausch mit der Mutterorganisation wie auch mit der Bevölkerung stattfindet.

Wenn sich die JEF noch in die Niederungen verirrt, dann ganz offensichtlich nur, wenn es große bis großartige Kampagnen gibt, wo die Hoffnung besteht, dass man als „Germany’s Next Top Modell“ entdeckt werden kann, zumindest aber eine möglichst große Partei auf einen aufmerksam wird.

Und so freue ich mich schon aufs kommende Wochenende, wo mir bestimmt wieder ein paar pubertierende Drückeberger erklären möchten, dass unsere richtige Jugend Wehrdienst leisten muss!

Als Jugendlicher forderte ich selbst noch die Erhöhung der Wehrpflichtzeiten und leistete danach auch ganz folgerichtig meinen Wehrdienst ab! Viele von der damaligen politischen Konkurrenz forderten dies auch, drückten sich mit allen Mitteln vor dem Wehrdienst und profilieren sich noch heute als Polit-Promis, die sehr gerne andere in den Tod schicken.

Wer nun am Wochenende und dies ganz besonders im JEF-Grenzalter wieder einmal große Töne spuckt, der sollte sich doch erst einmal überlegen, was er im echten Leben so machen möchte, anstatt anderen Erwachsenen und mir wieder einmal die Zeit zu stehlen.

Es gibt keinen einzigen für unseren Verband sinnvollen Grund, warum JEF-Vertreter beim EUD-Bundeskongress sein müssen. Wer ein echter Bundesdelegierter sein möchte, der kann sich gerne in den jeweiligen Landesverbänden zur Wahl stellen. Nur zum Schaulaufen und um künftig sehr einfach in den Bundesvorstand (Präsidium) aufzurücken, nur weil man bereits einmal im JEF-Bundesvorstand war, ist erbärmlich und schreckt Jugendliche mit echtem Potenzial nur ab!

Wer ganz oben mitspielen möchte, der sollte zuerst einmal auf Kreisebene nachgewiesen haben, dass er willens und auch fähig ist, sich mit den Mitgliedern vor Ort, unserer Basis, auseinanderzusetzen und Erfolge für unseren Verband einfahren zu können. Unsere Teenager dürfen sich dabei gerne bei der JEF üben, die dann Erwachsen gewordenen sollten aber besser bei der EU einsteigen.

Die ewig Pubertierenden haben schon zu meiner Zeit nur Schäden angerichtet!

Übrigens, ich warte noch heute auf die gleich mehrmals so großspurig versprochene Realisierung der Europawahlkampagne 2024! — die kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament finden erneut 2029 statt, nicht das es noch heißt, ich gäbe keinem eine zweite Chance.

Nachtrag 12.10.2025

Wer meint, mit Anfang 30 noch jung zu sein, der möchte bestimmt auch mit Mitte 30 in den Vorruhestand. Als ich mit einem Kameraden, beide damals so um die 30, während eines Lehrgangs für ein Bier in eine Dorf-Disco wollte, meinten die jungen Damen vor Ort lapidar: „Jetzt kommen die schon zum Sterben hierher.“


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3 thoughts on “Junge Hüpfer

  1. Mein bester Heinrich,

    bitte frag doch mal deine Frau, ob es zum Schaden war, dass ein Endzwanziger sich für den JEF-BaWü-Vorsitz und die entsprechenden Aktionen so ziemlich alleine begeisterte. Ich habe sie sehr geschätzt als Landesschatzmeisterin, als ich JEF-Vorsitzender war und erst einmal 100 Fakemitglieder aus der Datenbank löschte. Wir starteten damals bei 62 Mitgliedern. Es war aber Teamarbeit. Eine Europa-Union ohne Teamarbeit mit der JEF wird es nicht geben.

    Und so weit ist die JEF-Vernunft nicht von der EUD-Vernunft weg. Erstere mögen gendern oder – das fand ich besonders lustig – einen Antrag stellen, damit man sich nicht ohne Abfragen von Pronomen als männlich oder weiblich ansprechen darf. Letztere streitet sich über Anträge, die vor 50 Jahren schon beschlossen wurden, beziehungsweise beschließt etwas, was dann je nach Parteipolitik gerne wieder zurückgenommen wird, sofern es opportun ist. Ganz abgesehen vom Verteilen der Posten und Räte.

    Es gibt also viel zu tun: gemeinsam!

    😉

    Dein Christian

    1. Lieber Christian, das war genau die Zeit, in der ich von meiner ursprünglichen Meinung abgerückt bin! Meine bessere Hälfte und Du hatten mich des Besseren belehrt. Leider aber im Rückblick, eher ein singuläres Ergebnis. Da wir alle vom Kompromiss leben, könnte man sich m. E. auf 29 Jahre einigen 😉 — was aber schon lange nicht mehr meine Baustelle ist.

      Was die Zusammenarbeit anbetrifft, diese wird von der heutigen JEF permanent in Frage gestellt und sabotiert. Inzwischen bin ich soweit, dass ich deren Weggang nur noch begrüßen kann.

      1. Lieber Heinrich,

        die Zusammenarbeit wird nicht nur von der JEF in Frage gestellt, sondern auch von den eigenen Landesverbänden. Als Vorsitzender eines LV, der den Absprung erwägt, hab ich sehr viel mehr Verständnis für die JEF. Es gibt zahlreiche gute Gründe den Dachverband zu kritisieren. Und eine Jugendorganisation, die allzu angepasst ist, die erfüllt ihre Funktion nicht.

        Liebe Grüße aus Hamburg und bis morgen,
        Lars

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