Unsere Schulen

4.9
(9)

Beitragsfoto: Schulschreibtisch

Seit 2015 bin ich wieder verstärkt in Heilbronner Schulen unterwegs, nicht nur im Zuge des Europäischen Wettbewerbs, sondern auch als Lesepate, Nachhilfegeber und zuletzt sogar als Kommunalpolitiker.

Das Fazit meiner bessern Hälfte und mir ist, dass wir Glück hatten, unsere Kinder keiner Heilbronner Schule anvertrauen zu müssen. Nicht aber wegen der Lehrer, denn die sind zumindest meines Erachtens heute viel besser, umgänglicher und erstaunlicher Weise auch motivierter, als sie es noch zu meiner eigenen Schulzeit waren.

Jüngst war ich im Mönchsee-Gymnasium unterwegs und bestaunte dort die Klassenzimmer, die noch im selben Zustand waren, als ich das letzte Mal dort zur Schule ging, das war, bevor wir als Schüler nach der Sanierung des Robert-Mayer-Gymnasiums dorthin übersiedeln durften — ok, die Zimmer dürften inzwischen ein oder zweimal gestrichen worden sein.

Meine alte Grundschule ist inzwischen, nachdem die Schüler dort jahrelang in Containern weggesperrt waren, saniert und dies kann als kleine Verbesserung angesehen werden, besonders in den Augen jener Heilbronner, die noch von der Kaiserzeit schwärmen und alles gut finden, was völlig antiquiert ist.

Wie es besser geht, zeigt Dieter Schwarz mit seiner Schule für die „wichtigeren“ Menschen unter uns im Neckarbogen, und nicht nur die Angehörigen der Stadtverwaltung, auch unsere Gemeinderäte bauen darauf, dass sie ihre Kinder zumindest in einer der Heilbronner Privatschulen unterbringen können. Andere „wichtige“ Heilbronner schaffen es derweil, ihre Kinder in die Schulen des Heilbronner Umlands zu verfrachten.

Meine erste Anregung geht an unsere etwas reicheren Mitbürger. Diese könnten, anstatt sich Mausoleen zu errichten oder gar eigene Schulen zu etablieren, dafür sorgen, dass sämtliche öffentlichen Heilbronner Schulen in einen Zustand versetzt werden, damit unser ehemals gutes Schulsystem zumindest von den baulichen Voraussetzungen her wieder zum Funktionieren gebracht werden kann.

Meine zweite Anregung ist, dass wir als Gesellschaft wieder verstärkt auf unser öffentliches Schulsystem bauen und damit einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung entgegentreten.

Meine dritte Anregung ist, dass unsere Gemeinderäte nicht darauf hören, was ihnen die zuständige Bürgermeisterin oder der OB erzählen, denn diese sind zumindest diesbezüglich so unwissend und damit überflüssig wie ein Sack Reis in der Ecke, sondern sich einmal selbst einen Eindruck von unseren Schulen verschaffen, anstatt sich in Amsterdam oder anderen schönen Orten die dortigen Lokale anzuschauen.

Heute haben wir einen entsprechenden Anfang gemacht und uns zusammen mit den Stadträten Herbert Burkhardt und Eugen Gall die Wilhelm-Hauff-Werkrealschule näher angeschaut. Herbert Burkhardt hat sich vorab bei Agnes Christner erkundigt und diese hat ihm mitgeteilt, dass es dort keinen Handlungsbedarf gäbe. Eine Bürgermeisterin, die den Sozialverbänden gerne erklärt, dass es in Heilbronn auch keine Armut gibt.

Die Wilhelm-Hauff-Werkrealschule ist eine Heilbronner Sportschule (!) und platzt inzwischen aus allen Nähten. Deswegen hat der Heilbronner Gemeinderat bereits vor Jahren einen Ausbau abgelehnt und notgedrungen ein paar Container in die Ecke stellen lassen. Nach zehn Jahren Provisorium bekam die Schule nun erneut weitere Container, die man direkt auf den Schulsportplatz stellte, da Sport an einer Heilbronner Sportschule völlig unüblich ist — was auch erklären könnte, warum unsere Gemeinderäte einen Schulneubau an anderer Stelle ebenfalls auf einen Sportplatz platzieren möchten. Der Rest des Sportplatzes ist in einem so jämmerlichen Zustand, dass man die Firma Gotthilf Benz beauftragt hat, zumindest zwei neue kleine Fußballtore zu liefern. Da man aber deren Einbau nicht mit bezahlt hat und die Firma Benz (schämen Sie sich!) wenig kulant ist, werden diese Tore wohl erst in ein paar Jahren aufgestellt werden. Was aber auch nichts mehr macht, da man gleich neben einem der alten Tore eine neue Nottreppe für die Container aufgestellt hat, die zumindest jedem Fußballspieler gefährlich werden wird. Ich rede schon gar nicht von den Bällen, welche das Tor verfehlen und notgedrungen an die Containerwand prallen. Da wir mit dem OB einen regional bedeutenden ehemaligen Fußballspieler und ausgebildeten Berufschullehrer haben, könnte dieser den Sportlehrern und Schülern doch einmal zeigen, wie „Profis“ dieses Problem lösen würden — was mich wieder an einen Sack Reis denken lässt.

Die Schulsporthalle ist ebenfalls ein richtiger Klassiker, denn wenn die Sonne die jungen Sportler nicht blendet, regnet es in die Halle. Da die Halle auch als weiterer Schul- und Veranstaltungsraum genutzt wird, schleppen die Schüler mehrmals im Monat Stühle durch die gesamte Schule, da der entsprechende Lagerraum sich in einem Keller am anderen Ende der Schule befindet.

Noch trauriger ist der Gymnastikraum im Keller der Schule, wobei dort Erstickungsgefahr droht, sobald sich die Schüler etwas schneller bewegen. Das Ganze wird noch von der Unisex-Umkleide übertroffen, wobei den Lehrern eine etwas kleinere Besenkammer mit riesigem Loch in der Decke — man versucht seit Monaten verschiedene Leitungen zu reparieren — als Umkleide zur Verfügung steht.

Ein umgerüstetes Klassenzimmer fungiert zusätzlich als Mensa, wobei die gut 140 bis 150 Grundschüler dort in vier Schichten à 20 Minuten essen — das könnte schon als paramilitärische Ausbildung durchgehen. Die Schulküche ist Klassenzimmer, Mensa und Hauswirtschaftsraum zugleich: kochen und bügeln sind im Parallelunterricht möglich.

Die Schultoiletten könnten durchaus etwas zahlreicher sein, deren Zustand ist sicherlich hausgemacht, dennoch sollten sie einmal instandgesetzt werden. Zwei Waschbecken für gut 150 Grundschüler dürfte ebenfalls nicht mehr zeitgemäß sein. Was auf alle Fälle überhaupt nicht geht, dass die Toiletten für die gut 100 Werkrealschüler Außentoiletten sind, wobei der Zugang nicht überwacht werden kann.

Das betrifft auch das gesamte Schulgelände, welches für alle offen steht und den Berichten nach gerne von Jugendlichen — keine öffentlichen Jugendeinrichtungen in der Nähe (!) — sowie der Trinker- und Drogenszene gerne genutzt wird.

Die Klassenräume sind, wie sonst in Heilbronn auch aus der Zeit gefallen. Für die Schüler sowie deren Schulsachen und Kleidung zu beengt — deshalb muss man sich über eine mangelhafte Ordnung auch keine weiteren Gedanken machen.

Was selbst mich überraschte, ist, dass Lehrer der Schule inzwischen selber Schulmöbel kaufen, da es davon zu wenige gibt. Ein weiteres Problem ist, dass aufgrund des Brandschutzes viel zu wenige Stellmöglichkeiten zur Verfügung stehen und Umbau- wie auch Umräumaktionen an der Tagesordnung sind.

Abschließend haben wir noch die Heizungsanlage bestaunt, die dafür sorgt, dass es in den Klassenräumen oder -containern gerne einmal 10 bis 12 Grad Celsius oder auch schon einmal 37 Grad Celsius hat. Die zuständige Bürgermeisterin wird dies sicherlich im Jahresmittel betrachten und von Wohlfühltemperaturen an unseren Schulen sprechen.

Herbert Burkhardt und Eugen Gall kamen von uns motiviert an eine Heilbronner Schule, in der gemäß der zuständigen Bürgermeisterin keine Probleme existieren. Jetzt bin ich einmal gespannt darauf, wie sehr die beiden staunen werden, wenn wir an eine Schule gehen, die von der Stadt anerkannte Probleme hat.

Die angeblich doch so sozialen Gemeinderäte sonnen sich derweil beim Stehempfang an einer Privatschule oder dem letzten Schulneubau der Stadt und sind stolz darauf, was sie für unsere Stadt leisten — da es ihnen der OB immer wieder einbläut, muss es doch stimmen.

Zum Schluss unseres Besuches wurde sogar ich etwas nostalgisch, nämlich als ich einen Schulschreibtisch entdeckte, der aus der Zeit stammt als ich noch selber die Schulbank der Dammgrundschule gedrückt habe.

Nachtrag 17.10.2023

Hier finden Sie den Bericht zur regionalen Schulentwicklung für das Stadtgebiet Heilbronn (Fortschreibungsprozess 2019/20). Darin sind alle öffentlichen Heilbronner Schulen aufgeführt.


Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicken Sie auf die Sterne, um den Beitrag zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 4.9 / 5. Anzahl Bewertungen: 9

Bisher keine Bewertungen.

Es tut mir leid, dass der Beitrag für Sie nicht hilfreich war!

Lassen Sie mich diesen Beitrag verbessern!

Wie kann ich diesen Beitrag verbessern?

Seitenaufrufe: 29 | Heute: 1 | Zählung seit 22.10.2023

Weitersagen: