Ein Abgesang

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Beitragsfoto: Kiliansplatz mit Bühne und Ständen

Ein steter Tropfen höhlt den Stein, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass wir Ehrenamtlichen nach über sieben Jahren Nerverei seitens maßgeblicher Teile der Stadtverwaltung die Fahnen streichen und keinen Treffpunkt Europa mehr in Heilbronn organisieren.

Zugegebener Maßen hat dies auch mit der mangelnden Beteiligung seitens einiger unserer Partnervereine zu tun, aber auch die waren in den letzten Jahren seitens der Stadtverwaltung gern genommene Ziele, wobei Stadtverwaltungsmitarbeiter, wo immer möglich, Zwietracht zwischen den Vereinen und auch der EUROPA-UNION zu schüren versuchten.

Aber nun von Anfang an …

Der Treffpunkt Europa war schon immer Team-Arbeit, denn nur so konnte er sich in Heilbronn überhaupt etablieren. Jahrelang bemühte sich die EUROPA-UNION Heilbronn um Friedlinde Gurr-Hirsch und Dr. Manfred Weinmann herum, dieses Fest zu ermöglichen. Als es dann Dr. Walter Dörr und Günter Erlewein gelang vor über 30 Jahren ausreichend Vereine mit Migrationshintergrund für dieses Fest zu gewinnen, wurde es sofort ein großer Erfolg.

Der damalige Oberbürgermeister Dr. Manfred Weinmann nutzte die Gunst der Stunde und motivierte alle Beteiligten, dieses Fest auf den Kiliansplatz zu verlegen. Da nun auch der Gemeinderat dazu bereit war, den Treffpunkt Europa — das Heilbronner Fest für Völkerverständigung — finanziell zu unterstützen, konnte er von den Ehrenamtlichen dort auch entsprechend veranstaltet werden, da u. a. Kosten für die 100 Quadratmeter große Bühne und die vielen Stände mit hinzukamen.

Trotz des ehrenamtlichen Engagements aller Beteiligten und den sehr kostengünstigen bis gar kostenfreien Angeboten aller unterstützenden Firmen war das Budget des Treffpunkts Europa immer geringer als die notwendigen Gesamtausgaben. Und von Anfang an übernahm die EUROPA-UNION diese Differenzen, da man dieses Bürgerfest ganz bewusst weder professionalisieren noch zur unendlichen Zuschussveranstaltung seitens der Stadt machen wollte.

So war es auch voll und ganz in Ordnung, dass jeder Pfennig und später jeder Cent, den die EUROPA-UNION seitens des Gemeinderats zur Veranstaltung des Treffpunkts Europa zugebilligt erhielt, vom Verein mehrfach umgedreht wurde, bevor man ihn auch ausgab. Und es war auch immer ganz selbstverständlich, dass man sich diesbezüglich auch vom Heilbronner Finanzamt kontrollieren lies und zudem jedes Jahr ein Aktenordner mit sämtlichen Belegen zur Stadtverwaltung wanderte, wo jeder einzelne Beleg von sehr fleißigen Mitarbeitern erneut geprüft wurde.

Als steuerzahlende Bürger legten wir von Anfang an Wert auf diese völlige Transparenz, wobei auch die Vereinsmitglieder der EUROPA-UNION jedes Jahr im entsprechenden Rechenschaftsbericht informiert wurden und wir diesen gegenüber auch immer wieder unsere erwirtschafteten Differenzen rechtfertigen mussten.

Ich kann somit mit Fug und Recht behaupten, dass es wohl kaum eine andere Veranstaltung gibt, deren Finanzen so penibel geplant und überwacht wurden — der Sparheimer saß immer mit am Tisch!

So war es dann sehr hilfreich und erfreulich, dass sowohl Dr. Manfred Weinmann als auch Helmut Himmelsbach als Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn unterstützend eingriffen, wenn es sich im Vorfeld abzeichnete, dass der Treffpunkt Europa sein absolut notwendiges Budget nicht halten werden kann, zumal die vom Gemeinderat gebilligten Zuschüsse über Jahre hinweg immer gleich blieben und eine Erhöhung derselben ein sehr langwieriger Prozess war.

Als ich von Dr. Walter Dörr 2005 die Vereinsgeschäfte übernahm, übernahm ich auch die Verantwortung für den Treffpunkt Europa und war sehr froh darüber, dass dieser anbot, noch die kommenden Verhandlungen zur Erhöhung des entsprechenden Budgets seitens des Gemeinderats zu führen. Und wir alle waren froh darüber, dass ihm dies dann auch 2008 gelang und der Treffpunkt Europa nun vom Gemeinderat mit insgesamt 14 000 Euro unterstützt wurde. Wie schon gesagt, das sind nur ein Teil der Kosten und für die Stadt ein wirkliches Schnäppchen, um sich selbst als weltoffen und tolerant präsentieren zu können.

Leider musste ich als Verantwortlicher für den Treffpunkt Europa bald feststellen, dass in der Stadtverwaltung ganz andere Interessen vorlagen, als es sich nach außen hin so schön darstellte. Erst vermutete ich, dass das an wohlbehüteten Vorurteilen gegenüber Heilbronnern mit Zuzugsgeschichte lag, dann wurde mir aber signalisiert, dass es einen ganz banalen Grund dafür gibt.

Der damals zuständige Bürgermeister, der heute Oberbürgermeister ist, hatte selbst eine schöne Heilbronner Veranstaltung mit Schwung an die Wand gefahren und war deshalb dem erfolgreichen Treffpunkt Europa gegenüber nicht nur sehr reserviert, sondern — wann immer möglich — auch zu dessen Ungunsten Einfluss nehmend.

Dies nun wissend und von mehreren Seiten auch gewarnt, machte ich dennoch eine große und folgenschwere Fehleinschätzung — ich überschätzte die Kompetenzen des Heilbronner Gemeinderats und unterschätzte zudem die Wirkungsmacht, sich selbst generierender und schlecht kontrollierter Verwaltungen.

Und wenn es nicht die Unterstützung von doch so einigen Abteilungsleitern und Mitarbeitern der Stadtverwaltung gegeben hätte, wäre der Treffpunkt Europa schon sehr viel früher Geschichte gewesen. Um den negativen Einfluss des für den Treffpunkt Europa zuständigen Bürgermeisters ein wenig zu mildern, nahmen wir eine seiner Parteifreundinnen mit in unseren Vorstand auf und gaben ihr zudem die Aufgabe als Stadträtin die gute Verbindung zum Gemeinderat zu erhalten.

Für mich war damit die Welt wieder in Ordnung, und wenn es zu neuen, mir nach all den Jahren völlig unverständlichen Forderungen seitens der Stadtverwaltung für den Treffpunkt Europa kam, ignorierte ich diese einfach und baute auf den vorhandenen Rückhalt bei den verantwortungsvolleren städtischen Mitarbeitern.

So blieb es mir auch lange Jahre erspart, beim Gemeinderat um eine Erhöhung des städtischen Zuschusses bitten zu müssen. Es gab zwar keine großen Sprünge, aber mit der Unterstützung von Helmut Himmelsbach und ein paar städtischen Abteilungsleitern gelang es uns immer wieder den Treffpunkt Europa weiterhin zu stemmen, wobei auch der städtische Zuschuss 2015 die Höhe von 17 000 Euro erreichte.

Zeitenwende

Hochmotiviert vom 19. Treffpunkt Europa dachte ich schon daran, dass man diesen nicht nur vergrößern könne, sondern auch müsse. Bestätigt wurden wir darin von Verwaltungsmitarbeitern einer anderen Großstadt, die zu uns kamen und die Möglichkeiten eruierten, solch ein Fest auch in ihrer Stadt zu veranstalten.

Letztendlich scheiterte diese Initiative an den Gesamtkosten, die diese Stadt ohne eine entsprechende ehrenamtliche Basis nicht stemmen konnte oder wollte. Dies bestätigte uns aber nochmals darin, dass wir Heilbronner auf dem richtigen Weg waren.

Die Nachfragen bei unseren Partnervereinen und auch bei den Aktiven der EUROPA-UNION, ob man den Treffpunkt Europa weiter ausbauen könne, ergaben aber, dass dies für die Ehrenamtlichen nicht zu stemmen ist, selbst dann nicht, wenn es eine bessere Finanzierung des Treffpunkts Europa gäbe.

So entwarf ich mehrere Modelle, um den Treffpunkt Europa langsam zu erweitern. Eine dieser Ideen, nämlich beim Treffpunkt Europa immer alle Heilbronner Partnerstädte mit einzubinden, stellten wir unserem Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach bereits für den 20. Treffpunkt Europa vor. Dieser fand die Idee zwar nicht schlecht, dachte dabei zuerst an die anfallenden Mehrkosten, aber er lies sich darauf ein, beim 25. Treffpunkt Europa alle Partnerstädte mit einzubinden.

Für uns alle sehr plötzlich, kam gerade zum 25. Treffpunkt Europa der Wechsel an der Rathausspitze, und aus einem Gegenwind entwickelte sich über Nacht ein ausgewachsener Sturm. Damit war die Idee, alle Partnerstädte mit ins Boot zu holen, vom Tisch, und es wurde immer beschwerlicher, überhaupt noch eine Partnerstadt zum Treffpunkt Europa zu bekommen.

„Über Nacht“ viel dann auch der Empfang des Oberbürgermeisters für die Heilbronner mit Zuzugsgeschichte, der seit 1984 und seit 1991 immer am Vorabend des Treffpunkts Europa stattfand, weg.

Zudem kamen immer mehr städtische „Expertinnen“, ob eingeladen oder auch nicht zu uns und erklärten uns, wie man den Treffpunkt Europa möglichst ab sofort viel besser, ganz anders und vor allem professioneller aufbauen will. Mindestens müsse er gemäß der Meinung des neuen Oberbürgermeisters zweitägig sein.

Die Ideen wurden dabei auch — u. v. a. z. B. professionelle Standbetreiber anstatt unserer Partnervereine — immer lustiger und der seitens der Stadtverwaltung aufgebaute Druck auch immer größer. Zumal Angestellte der Stadtverwaltung immer öfters entsprechende Gespräche mit unseren Partnervereinen führten.

Anfangs begrüßten wir dieses plötzliche Kümmern um unsere Partnervereine seitens der Stadtverwaltung sogar, bis wir leider feststellen mussten, dass es dieser dabei in erster Linie um neue Verwaltungsposten und Subventionszahlungen geht, nicht aber um das Wohl und Wehe der betroffenen Mitbürger.

Leider kamen letztendlich bis zum heutigen Tage seitens der Stadtverwaltung nur tolle Ideen sowie teilweise abstruse Vorstellungen und Forderungen, wie wir den Treffpunkt Europa anders machen müssen.

Auch wurden die Auflagen seitens der Stadtverwaltung und die dafür aufzubringenden Finanzbedarfe immer höher, was wir bis zuletzt durch das ehrenamtliche Engagement wieder anderer Mitarbeiter der Stadtverwaltung ausgleichen konnten.

Dennoch blieb es nicht aus, dass langsam, aber sicher die Finanzierung des Treffpunkts Europa immer schwieriger wurde.

Auch kamen erwartungsgemäß keine Unterstützungssignale mehr von der Stadtverwaltung — außer den süffisanten Hinweisen des neuen Oberbürgermeisters, wo er beim Treffpunkt Europa durchaus noch Einsparungspotenziale sieht.

Dieser Einsparung fiel dann auch eine Herzensangelegenheit meines Vorgängers Dr. Walter Dörr zum Opfer, nämlich die jährliche Broschüre zum Treffpunkt Europa.

Ich persönlich nahm das Ganze immer noch und viel zu lange sportlich und freute mich schon jedes Mal erneut auf die kleinen Wadenbeißereien des Oberbürgermeisters auf der Bühne des Treffpunkts Europa während der alljährlichen Eröffnung, denn dann war ich mir sicher, dass der aktuelle Treffpunkt Europa wieder ein Erfolg werden wird.

Entscheidung

2018 war es dann bereits so weit. Ein Kassensturz unseres Vereines ergab, dass wir ohne Erhöhung der Finanzhilfen der Stadt keinen weiteren Treffpunkt Europa mehr stemmen werden können.

Viele unserer Partnerfirmen hatten schon Jahre lang oder noch nie die Preise für ihre Leistungen erhöht, und auch die sonstigen Nebenkosten sowie Gebühren, wie z. B für die GEMA erhöhten sich unausweichlich. Und alle Einsparungspotenziale waren bereits ausgeschöpft. Jeder weitere Treffpunkt Europa würde an die finanzielle Substanz des eigenen Vereines gehen.

Und so zogen wir unser letztes Ass aus dem Ärmel und beantragten ganz offiziell und fristgerecht für den städtischen Doppelhaushalt 2019/2020 eine Erhöhung des Zuschusses für den Treffpunkt Europa um 3 000 Euro!

Über diesen Antrag informierten wir auch die Fraktionen im Gemeinderat und alle „unsere“ Gemeinderatsmitglieder. Auch „unsere“ Ansprechpartnerin für den Gemeinderat war involviert. Deshalb erhielten wir im Vorfeld von allen Seiten nur positive Signale.

So war die Überraschung bei uns im Vereinsvorstand sehr groß, als der städtische Doppelhaushalt ohne unsere 3 000 Euro beschlossen wurde. Die offizielle Begründung: „Man hat es vergessen.“

Alea iacta est!

Völlig ernüchtert wollten wir bereits die Konsequenzen ziehen, als uns von einigen städtischen Mitarbeitern, denen es um Heilbronn und nicht ums Parteiwohl geht, eine Brücke bis zum kommenden Doppelhaushalt gebaut wurde.

Auch unsere Partnervereine baten uns, den Treffpunkt Europa weiter zu stemmen, und unsere eigenen Vereinsmitglieder trugen dankbarerweise diese Entscheidung mit. Sehr gefreut hat es uns zudem, dass alle unsere Partnerfirmen mit an einem Strang zogen und so den 30. Treffpunkt Europa 2019 noch ermöglichten und auch den 31. Treffpunkt Europa noch ermöglicht hätten.

Da wir diesen Schritt nun gegangen waren, mussten wir — gegen jegliches bessere Wissen — auch den nächsten Schritt machen!

So stellten wir nach Rücksprache mit der zuständigen Stelle in der Stadtverwaltung für den städtischen Doppelhaushalt 2021/2022 erneut fristgerecht einen Zuschussantrag für den Treffpunkt Europa, nun aber in Höhe von 5 000 Euro.

Selbstverständlich informierten wir vorab die Fraktionen im Gemeinderat und erhielten zumindest noch von zwei Fraktionen, nämlich der FDP und den Freien Wählern, positive Signale, die aber leider nichts mehr bedeuteten, da man sich im Gemeinderat für eine gemeinsame „Oberbürgermeisterwahlkampfhilfe“ entschied und nur folgerichtig darin der Treffpunkt Europa keine Rolle mehr spielte.

Die offizielle Begründung dieses Mal: „Kein Verein hat etwas bekommen.“

Das wirklich „Unmögliche“ daran ist aber, dass die EUROPA-UNION als Verein noch nie irgendetwas von der Stadt Heilbronn bekommen hat, sondern die Stadt Heilbronn den Treffpunkt Europa nur bezuschusst hat, damit dieses Fest als Aushängeschild für die Stadt Heilbronn und ihrem jeweiligen Oberbürgermeister auf dem Kiliansplatz stattfinden kann.

Sämtliche „erhaltenen“ Gelder waren nur „Durchlaufposten“ und flossen bei Nichtbedarf wieder an die Stadt zurück. Billiger kann man sich wirklich nicht mehr mit fremden Federn schmücken!

Ich muss das hier so erwähnen, weil ich selbst lange gebraucht habe, um diese zugegebener Maßen gekonnte Wadenbeißerei auch zu verstehen. Denn lange verstand ich die Äußerungen anderer Vereinsvorsitzender nicht, die der EUROPA-UNION eine Sonderbehandlung durch die Stadt Heilbronn zusprachen. Erst als ich in den städtischen Haushalt schaute und dort die EUROPA-UNION als Begünstigten fand, machte das Ganze wirklich Sinn — so kann man mit falschen Verbuchungen auch Stimmung machen! Und so kommt ein Puzzleteilchen nach dem anderen zusammen.

Deshalb haben wir nach Rücksprache mit unseren Partnervereinen, unseren Partnern in der Stadtverwaltung, unseren Partnerfirmen und den Stadträten unseres Vertrauens nunmehr die Notbremse gezogen und den Treffpunkt Europa vorerst eingestellt.

Da wir uns Heilbronner Bürger nunmehr auf weitere acht Jahre Verwaltungsarbeit unterirdischen Niveaus einstellen müssen und danach die Verwaltung sicherlich lange Jahre benötigen wird, um sich davon wieder zu erholen, sieht es für einen weiteren Treffpunkt Europa zumindest in Heilbronn sehr schlecht aus.

Vielleicht ist das aber auch ganz gut so, denn mit dem Treffpunkt Europa haben wir den Bürgern und unseren Gästen eine heile Welt vorgegaukelt, die tatsächlich so in den Köpfen maßgeblicher Heilbronner überhaupt nicht vorhanden ist und deshalb auch nicht in unserer Stadtgesellschaft zum Tragen kommt.

One reason why our society has failed to curb bullying is that we like bullies. Hell, we are bullies. Research has shown that bullies are not the anti-social misfits that adults, in their forced amnesia, want them to be. Rather, bullies are usually the most popular boys, second only on the clique-ranking to those described as friendly, outgoing, and self-confident.“ 

Mark Ames, Going Postal: Rage, Murder and Rebellion: From Reagan’s Workplaces to Clinton’s Columbine and Beyond (2005: 191)

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